Menschenwürde & Wohnen – Das Ringen um die Möglichkeit der dezentralen Unterbringung von Asylsuchenden und Geduldeten geht weiter

2922 Asylsuchende und geduldete Ausländer/innen lebten im Jahr 2008 in den 33 sächsischen Gemeinschaftsunterkünften, auch Asylbewerberheim genannt.
Die Betroffenen, die zumeist vor Armut, Not, Verfolgung aus verschiedenen Gründen aus ihren Heimatländern geflohen sind, erwartet in Deutschland angekommen ein unwürdiges Asylverfahrens-Prozedere, das sich über Jahre hinziehen kann.
In dieser Zeit der Ungewissheit – während des Asylverfahrens werden zumindest keine Abschiebungen vollzogen – unterliegen die AsylbewerberInnen oder Geduldeten einem Arbeitsverbot und müssen zumeist in Heimen wohnen. Dies betrifft weitestgehend auch Geduldete, die nicht über einen Aufenthaltserlaubnis verfügen, deren Abschiebung allerdings vorübergehend ausgesetzt ist. Geduldete sind in Sachsen die größte Gruppe derer, die Asyl begehren.

Den Belangen von MigrantInnen in Sachsen widmete sich auch der neue Sächsische Ausländerbeauftragte Martin Gillo mit „Sieben Anregungen für ein weltoffeneres Sachsen“. Hierin rückte er nach 100 Tagen im Amt – neben eher Standort-motivierten Verbesserungsvorschlägen für ausländische Fachkräfte und Studierende – auch die Lebenssituation von AsylbewerberInnen und Geduldeten in den Fokus. Bargeld statt Paketversorgung, die Aufhebung der Residenzpflicht zumindest für nicht straffällig gewordene Geduldete und die Möglichkeit der dezentralen Unterbringung heißen die diesbezüglichen Vorschläge des CDU-Politikers, denen nun Taten folgen müssen.

Die Situation von in den Asylbewerberunterkünften untergebrachten Menschen ist in letzter Zeit verstärkt ins Blickfeld geraten. Im Sommer 2009 kritisierte der UN-Sonderberichterstatter für Rassismus, Githu Muigai, bei seinem Deutschlandbesuch unter anderem die Art der Unterbringung von Flüchtlingen. Zur selben Zeit besetzten Asylbewerber-Familien in Grimma eine Kirche, um auf ihre schlechte Wohnsituation hinzuweisen, in Leipzig gab es eine (erfolgreiche) Protestwelle gegen den Neubau einer Massenunterkunft am Stadtrand und in Dresden beschäftigte sich der Stadtrat mit der Frage der prinzipiellen Möglichkeit von Wohnungs- statt Heimunterbringung.
Den lokalen Initiativen folgt von offizieller Seite gebetsmühlenartig der Verweis auf übergeordnete Gesetzgebungen. Allerdings sprechen zwar sowohl das Asylverfahrensgesetz als auch das Sächsische Flüchtlingsaufnahmegesetz von Gemeinschaftsunterkünften als Regelunterbringungsformen, beide lassen jedoch Spielräume für andere Unterbringungs-Formen, wie es Wohnungen sein können.

Und so lassen sich auch die lokalen und landesweiten Initiativen für die Belange von Asylsuchenden nicht abspeisen. Mit einem Positionspapier fordern Vereine und Initiativen vor allem aus Leipzig menschenwürdiges Wohnen endlich auch Asylsuchenden und Geduldeten einzuräumen. Sowohl in Dresden als auch in Leipzig sind Anträge im Stadtratsverfahren, mit denen die jeweilige Stadt aufgefordert wird ein Konzept mit Priorität auf Wohnungsunterbringung zu erarbeiten.
Das Leben in den Sammelunterkünften, die zumeist in einem erbärmlichen baulichen Zustand sind und außerhalb von Städten und Gemeinden liegen, bedeuten für die Betroffenen den zwangsweisen Verzicht auf Privatsphäre, auf Anbindung an das soziale Leben und permanente soziale Kontrolle durch Wachmenschen und auch MitbewohnerInnen.

Eine sich zivilisiert wähnende Gesellschaft wie die unsere darf nicht zulassen, dass Menschen derartigen Lebensumständen ausgesetzt sind.
Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt, die Kraft der Basisinitiativen und den Vorstoß des Sächsischen Ausländerbeauftragten zu nutzen und für eine zumindest partielle Verbesserung der Lebenssituation von Asylsuchenden zu kämpfen. Rechtssicherheit können dabei nichts letztendlich nur die schwarz-gelbe Landes- bzw. Bundesregierung durch entsprechende Gesetzesänderungen schaffen. Rassismus, Kontrollmentalität und Verwertungsdenken stehen an diesen Stellen allerdings weiter vor humanistischen Erwägungen.

Initiativkreis für die Integration von AsylbewerberInnen Leipzig

Kampagne gegen die Ausgrenzung von AsylbewerberInnen Dresden

Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.

verfasst für Sachsen Linke/ Mai 2010

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