Die Initiative gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus ruft in Reaktion auf die jüngsten Hausdurchsuchungen bei Antifaschist_innen in Leipzig, Dresden und Finsterwalde am 30.4.2012 zu einer Demonstration unter dem Motto „Kommt ihr zu uns, kommen WIR zu euch! Gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus“ auf. Die Demonstration beginnt 18 Uhr am Wiedebachplatz in Leipzig und soll von dort aus in die Innenstadt führen.
Aufruf zur Demonstration
Am 26. April war es mal wieder so weit: Morgens durchsuchten Beamte des sächsischen LKA auf Beschluss der Dresdner Staatsanwalt eine Wohnung in Leipzig. Betroffen von (teils mehrmaligen) Hausdurchsuchungen und jahrelanger Überwachung sind derzeit 40 Personen, bei denen in den ersten Monaten 2012 fast wöchentlich Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Als Grund für die Maßnahme wurde ein Ermittlungsverfahren nach §129 des Strafgesetzbuches genannt. Jener Paragraph also, der es den Ermittlungsbehörden erlaubt auf Grundlage des Vorwurfs einer von ihnen selbst zusammengesponnenen „kriminellen Vereinigung“ nahezu alle gesetzlich bestimmten Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Als Anlass nahmen die sächsische Polizei und Staatsanwaltschaft die jährlichen Proteste gegen die Naziaufmärsche in Dresden rund um den 13. Februar. Die Ursache für ihr repressives Vorgehen ist eine Zuspitzung der sächsischen Verhältnisse, die dazu führt, dass emanzipatorische Menschen massiv eingeschüchtert werden sollen. Jeglicher konsequenter Antifaschismus soll unmöglich gemacht werden, weil der Feind in Sachsen schon immer links steht, während Nazis hier in aller Ruhe Menschen ermorden und verletzen können.
Auch wenn die immer gleiche Aufzählung von Skandalen in Sachsen ermüdend wird, so muss sich doch immer wieder vor Augen gehalten werden, was hier so alles möglich ist. Neben der Stürmung des „Haus der Begegnung“ durch das Sondereinsatzkommando am 19. Februar 2011 oder der massenhaften Erfassung von Handy-Daten zu diesen und anderen Anlässen ist es inzwischen schon soweit, dass auch Menschen und Strukturen, die nicht das Label des „Extremismus“ verpasst bekommen haben, massiven Druck der Polizei und Justiz ausgesetzt sind.
Sachsen entwickelt sich dabei zu einem Versuchsfeld zum Austesten was in der bundesdeutschen Demokratie so alles möglich ist. Dabei werden bestimmte Vorgehensweisen (wie beispielsweise die Extremismusklausel) in Sachsen eingeführt und bei nicht allzu großem Widerstand auch auf anderen Ebenen durchgesetzt. Dies trifft auch gerade auf die „Effektivierung“ der Polizeiarbeit zu: Bei gleichzeitiger Kürzung der Stellenzahlen (also Kosteneinsparung), wird auf eine verstärkte technische Überwachung und eine intensivierte Propaganda gesetzt. Unter dem Deckmantel einer vermeintlich objektiven Statistik (und mit dem Verweis auf bundeseinheitliche Standards) ist sich der sächsische
Innenminister Markus Ulbig nicht zu blöd, Gewalttaten von Nazis zu ignorieren oder sie gleich der linken „politisch motivierten Kriminalität“ zu zuschreiben.
An der „Polizeilichen Kriminalstatistik 2011“ zeigt sich sehr gut die grundsätzliche Einstellung des sächsischen Freistaats: Linke sind ein großes Problem für die Sicherheit, während Nazis eher unappetitlich sind [1]. Dies hat dann zur Folge, dass zum Beispiel die „Terror Crew Muldental“ durch eine Mitteilung des sächsischen Verfassungsschutz auf eine Hausdurchsuchung hingewiesen wird und ein verurteilter Naziterrorist wie Karl-Heinz Hoffmann für die Sanierung seines Schlosses bei Kohren-Sahlis Fördergelder in sechsstelliger Höhe bekommt. Nicht erst seit der Aufdeckung der Morde des NSU ist hier in Sachsen klar wohin ein solches Verhalten der staatlichen Organe führt. Nazis morden, der Staat schaut im besten Fall weg, manchmal unterstützt er sie aber auch. Gleichzeitig werden Ereignisse wie eine Schneeballschlacht am Connewitzer Kreuz zu Exzessen linksextremer Gewalt stilisiert und antifaschistisches Engagement kriminalisiert.
Gerade wegen des Modellcharakters des sächsischen Vorgehens ist es notwendig, den Protest dagegen um so deutlicher auf die Straße zu tragen. Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft ein Klima der Einschüchterung schaffen wollen, um somit politische Arbeit, die über das bestehende hinausweist, unmöglich zu machen, dann ist es an der Zeit ihnen zu zeigen, dass ihr Plan nicht aufgeht. Auch wenn eine Demonstration immer nur ein Anfang sein kann, so ist es doch wichtig am Montag, den 30. April öffentlich zu zeigen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen. Gleichzeitig ist es auch für die Betroffenen der staatlichen Repression ein wichtiges Zeichen der Unterstützung und Solidarität. Wenn sie denken, dass sie uns so einfach in die Schranken weisen können, dann haben sie sich verkalkuliert:
Denn auf jede Hausdurchsuchung werden wir reagieren und uns dieses Vorgehen des sächsischen Sicherheitsstaates nicht bieten lassen!
Vernetzt euch, zeigt Solidarität und lasst euch vor allem nicht einschüchtern.
Einen Finger kann man brechen, aber Fünf Finger sind eine Faust!
LKA du kannst uns mal!
Sachsen abschalten!
Initiative gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus
-> Aufruf zum Ausdrucken (pdf)