Demonstration in Leipzig: Schokoladen retten! Günstigen Wohnraum und alternative Projekte erhalten!

Solidemonstration für das Berliner Alternativprojekt und gegen kapitalistische Aufwertung und Verdrängung. Die Probleme sind überall gleich: darum Organisierung gegen soziale Verdrängung, gegen die Durchökonomisierung unseres Lebens, gegen repressives Vorgehen gegen linke Freiräume! : 21.2.2012, 19:30 ab Herderstraße/ Wolfgang-Heinze-Straße Leipzig

Auch in Leipzig ist das Thema “Gentrifizierung“ angekommen. Insbesondere in den innenstadtnahen Vierteln und in Teilen des Leipziger Westens und auch im Süden lassen sich verstärkt Besserverdienende nieder, Mieten steigen und der Platz für ärmere Menschen und alternative, selbstorganisierte Projekte wird enger oder verschwindet ganz und gar. Seit kurzem werden in der Windmühlenstraße und in der Kantstraße die Konsequenzen der Privatisierung von kommunalen Wohnungen sichtbar. Der Wohnkomplex in der Windmühlenstraße, in dem sich auch Kleingewerbe und Gastronomie niedergelassen hat, wurde zum 1. April 2011 an einen privaten Investor verkauft. Dieser will den Komplex sanieren, Mietsteigerungen werden die unweigerliche Folge sein. In dem von BewohnerInnen selbst gestalteten Innenhof soll zudem ein Discounter errichtet werden. Der Protest von BewohnerInnen und UnterstützerInnen traf bei Stadt und Investor auf taube Ohren, besonders widerspenstigen Gewerbetreibenden wurde sogar gekündigt. Ähnliches spielt sich in der Kantstraße in der Südvorstadt ab. Dort wurden zwei Doppelhauswohnblöcke von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft LWB an eine privatwirtschaftliche Immobilienfirma verkauft, die bereits jetzt versucht, BewohnerInnen mit fragwürdigen Entmietungspraktiken los zu werden. Hintergrund dafür ist vermutlich die Absicherung eines baldigen reibungslosen Starts von Sanierungsmaßnahmen.

Zum Jahresende 2011 wurde im Leipziger Osten ein weiterer Fall bekannt. Hier scheint eine renommierte Immobilienfirma die MieterInnen eines ihrer Häuser durch die gezielte Einmietung von gewaltbereiten Neonazis loswerden zu wollen. Durch Öffentlichmachung und Protest wurde mittlerweile der Auszug der Nazis, die den Hausfrieden durch gezielte Zerstörungen von Hausinventar, Einschüchterungs- und Bedrohungsaktionen störten, erwirkt.

Ein gesamtgesellschaftliches Problem – Der Schokoladen in Berlin

Das Wohn- und Kulturprojekt “Schokoladen“ in der Ackerstrasse 169 in Berlin steht am 22.2. vor dem Aus. Die Projekträume (Schokoladenkneipe, der Club der polnischen Versager, das TiSCH Theater und etliche Atelierräume) sollen geräumt werden. Damit verschwindet in Berlin wieder ein alternatives Projekt. Wir möchten uns mit den vor der Räumung bedrohten Menschen und Projekten solidarisch zeigen. Der Hauseigentümer M. Friedrich und seine Familie besitzen mehrere Fliesenmärkte (unter anderem eines in der bei Leipzig gelegenen Stadt Zwenkau) und eine Immobilienfirma, auf dessen Praktiken aufmerksam gemacht werden muss.

Der Schokoladen in Berlin Mitte ist seit nunmehr 22 Jahren ein Ort von und für Kultur jenseits der Hochglanzpolitur. Im Jahr 1990 aus einer Besetzung der Häuser in der Ackerstr. 169/170 entstanden, füllten seitdem ungezählte Lesungen, Konzerte, Theateraufführungen, Ausstellungen und Partys mit KünstlerInnen und BesucherInnen aller Kontinente die Räume. Neben dem Kultur-Café Schokoladen, dem Club der Polnischen Versager und dem Theater im Schokohof nutzen auch verschiedene Gemeinschaftsateliers, Werkstätten, Bands und Ton-Studios die Gewerbeflächen des Hauses.

Der Eigentümer verschaffte sich Anfang Juli 2008 zweimal Zutritt zum Schokoladen-Hof und forderte die sofortige Räumung der Ateliers im 2.Stock des Fabrikgebäudes, andernfalls würde er selbst „Tatsachen schaffen“. Begleitet wurde er dabei von breitschultrigen Schlägern, die die BewohnerInnen bedrohten. Als der Versuch der Räumung misslang, ging er über auf den “legalen“ Weg das Haus zu entmieten. So stellte er den Wohnungs-MieterInnen Kündigungen, aufgrund angeblich „nichtangemessener wirtschaftlicher Verwertungsmöglichkeit“, zu.

Nach Jahren rechtlicher Auseinandersetzungen hat der Eigentümer sein ersehnten Räumungstitel in der Hand, um mit der Immobilie im angesagten Berliner Zentrum Geld zu machen und die ehemaligen BewohnerInnen raus zu werfen.

Der Staat – immer auf der Seite der BesitzerIn

Am 2. Februar 2011, wurde das alternative Wohn- und Kulturprojekts Liebig14 geräumt, ein Gericht stellte erst kürzlich fest, dass die Räumung rechtswidrig war. Allein die Polizeikosten der Räumung und der darauf folgenden Protestwelle überstiegen den Preis eines geforderten Ersatzobjektes bei weitem. Die Miete im Haus ist nach der Sanierung um das vier- bis fünffache gestiegen. Bei der Neuvermietung wurden Berliner InteressentInnen bewusst ignoriert. Die Hausnummer Liebigstrasse 14 wurde von den Eigentümern S. Beulker und E. Thöne ausgelöscht und der ehemalige Zugang verschlossen. Die neuen BewohnerInnen können das Gebäude nur über einen Nebenzugang in der Rigaerstraße 96 betreten. Die Liebig 14 wurde in Berlin zum Symbol des Widerstands gegen steigende Mieten.

Die illegale Räumung der Liebig 14 steht nahtlos in einer Reihe mit den ebenfalls illegalen Räumungen der Yorck 59 oder der Rigaer 80. Es zeigt sich immer wieder, dass Verwaltung und Polizei sehr gerne geltendes Recht beugen und brechen, um nicht profitorientierte Wohn- und Kulturprojekte zu zerstören. In Berlin zerfällt mit Beihilfe des Staates und auf maximale Gewinne ausgerichtete Immobilienspekulation ein alternatives Projekt und Viertel nach dem anderen. Diese Entwicklung bleibt aber schon lange nicht mehr auf Berlin oder Hamburg beschränkt.

Bedrohte Projekte gab und gibt es auch in Leipzig

2009 war das Plaque, ein Stadtteilcafe und Wohnraum in Plagwitz in der Industriestraße 101, kurz vor dem Ende. Dreimal mal wöchentlich können Menschen dort zum Selbstkostenpreis bei der sogenannten “Volksküche“ was essen, zudem werden dort regelmäßig Veranstaltungen und Filmvorführungen angeboten. Aber das Projekt, welches es immerhin, seit 1995 gibt, bietet nicht nur einen Raum zum Treffen und für Projekte, es hat auch zur Entwicklung einer alternativen Wohn- und Lebenskultur beigetragen. So sind um Umfeld viele Wohn- und Kulturprojekte entstanden, wie zum Beispiel die Gießer 16.

Damals sollte das Haus für mindestens 125 000 Euro versteigert werden, eignet es sich doch wohl laut Inkassogesellschaft, sowie die ganze Industriestraße, hervorragend als Sanierungs-Investitionsraum und damit aus kapitalistischer Sicht als lukrativen Wohnraum, jedoch nicht mehr für die dort ansässigen Projekte.

Ein anderes Projekt wurde in Plagwitz von Verwaltung und Vermieter tatsächlich zerstört, nämlich der Club “Superkronik“ in der Karl-Heine-Straße. Hier spielte insbesondere das Verhalten des städtischen Bauordnungsamtes eine entscheidende Rolle. Dieses versuchte alles, damit das Kultur-Projekt scheiterte. Während in jener Zeit das “Superkronik“ vom Bauordnungsamt mit Veranstaltungsverboten überzogen wurde, war sich das Bauordnungsamt nicht zu schade das jährliche Tet-Fest des Leipziger VietnamKultur-Centrums wegen nicht erfüllter Auflagen zu untersagen und von der Polizei räumen zu lassen. Während diese repressiven Maßnahmen ihren Höhepunkt erreichten, konnten sich die Nazis in der Odermannstraße 8 sicher sein, dass das Bauordnungsamt – wie in Sachsen üblich – das rechte Auge zudrückt, menschenverachtende Vorträge und Liederabende unbeachtet und jeglichen Nutzungsverstoß durchgehen lässt.

Eine Gesellschaft für alle!

Wir treten repressivem Vorgehen gegen selbstorganisierte und (links)alternative Projekten genauso wie dem steigenden Verdrängungsdruck durch die kapitalistische Stadtentwicklung entgegen! Wir wollen diese Problematik mit der Demonstration am 21.02.2012 in die Öffentlichkeit rücken und zu Widerstand und Organisierung aufrufen! Zur Organisierung gegen soziale Verdrängung, gegen die Durchökonomisierung unseres Lebens, gegen repressives Vorgehen gegen linke Freiräume!

Wir wollen eine Gesellschaft, eine Stadt, an der alle Menschen teilhaben können und auch so leben können, wie sie es für richtig halten. Daher treten wir als erstes für günstigen Wohnraum ein, der nicht nur auf Plattenbauten an den Rändern der Stadt beschränkt sein darf. Alternative Projekte müssen erhalten bleiben und weiter ausgebaut werden. Am Ende steht jedoch die Frage ob Verwertungsdruck und ordnungspolitischen Maßgaben überhaupt dauerhaft Einhalt geboten werden kann oder ob eine Gesellschaftsform, die Menschen systematisch ausschließt und normiert, nicht abgeschafft gehört.

Allein machen sie dich ein!
Wir bleiben alle!

http://wirbleibenhier.blogsport.eu/

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