Zwei antirassistische Aktionen am 20.6. in Leipzig

Um 16 Uhr findet vor dem Neuen Rathaus eine Kundgebung „Gegen rassistische Mobilisierung, für menschenwürdiges Leben und Wohnen“ statt. Um 20 Uhr wird im Fischladen, Wolfgang-Heinze-Straße 22 die Kampagne „Rassismus tötet“ mit dem Film „Wer Gewalt sät… Von Brandstiftern und Biedermännern“ fortgesetzt.

Aufruf des Initiativkreises Menschen.Würdig zur Kundgebung:
Gegen rassistische Mobilisierung, für menschenwürdiges Leben und Wohnen

Seit in der Stadt Leipzig ein neues Konzept zur Unterbringung von Asylsuchenden vorliegt, wiegen die Wellen hoch. Auf Veranstaltungen der Stadt zur Vorstellung des Konzepts wurde mehrmals in erschreckender Art und Weise Stimmung dagegen gemacht. Nicht etwa, weil das Konzept in Fragen der Gleichstellung von Asylsuchenden nicht weit genug geht, sondern weil sich absurde Ressentiments und Unkenntnis mit offenem Rassismus mischen. Asylsuchende werden dabei, als sei das nicht schon schlimm genug, nicht nur als „diffuse Bedrohung“ wahrgenommen, sondern als konkret bösartige, drogensüchtige und „zersetzende“ Gefahr. Davon zeugen mehrfach geäußerte Behauptungen. So war auf den Veranstaltungen in mehreren Stadtbezirken immer wieder zu hören, dass „die immer mehr werden“ würden, Kinder sich „Spritzen auf Spielplätzen eintreten“ könnten, man sich „am Abend nicht mehr alleine nach Hause trauen“ könnte und dergleichen mehr. Für die realen Lebensbedingungen der Asylsuchenden und Flüchtlinge hat sich hingegen kaum jemand interessiert. Dafür war von „Abwertung des Wohneigentums“, von „Asylanten“ und „notwendigen Sicherheitskonzepten“ die Rede. Auf nicht wenigen Veranstaltungen zur Vorstellung des Konzepts schwankte die Stimmung zwischen Fußballstadion und Stammtisch. Es wurde gegröhlt, gelacht und im Stakkato offen rassistischen Aussagen applaudiert.

Dieser rassistischen Stimmung, an die zum Teil die Leipziger Naziszene nun versucht Anschluss zu finden, wollen wir uns klar entgegenstellen.
Menschen, die aus vielerlei Gründen ihren Herkunftsort verlassen (müssen), verdienen unsere Solidarität. Es ist aus unserer Sicht schlichtweg widerlich, welche Stimmung sich in Leipzig, das sich aus Marketingzwecken sonst betont „weltoffen und tolerant“ gibt, gerade Bahn bricht. Menschenwürdiges Leben und Wohnen sind ein Recht aller Menschen, egal woher sie kommen. Für diesen Anspruch und gegen die rassistische Mobilisierung in Leipzig rufen wir deshalb zu einer Kundgebung am Rande der kommenden Stadtratssitzung am 20. Juni auf.

Ankündigung des Initiativkreises Antirassismus zu Film & Diskussion ein: Mittwoch, 20.6. 20:00 Uhr im Fischladen, Wolfgang-Heinze-Straße 22, Leipzig

„Wer Gewalt sät… Von Brandstiftern und Biedermännern“

Die rassistischen Pogrome in den frühen 90er Jahren waren Ausdruck der innenpolitischen Stimmung der neugegründeten deutschen Republik. Das “Wir sind das Volk” schloss nur “Biodeutsche” ein – nicht aber einst Eingewanderte und schon gar nicht Flüchtlinge. Ein Beispiel: Von den Menschen, die wegen des Jugoslawienkrieges flohen, sprach die Presse von einer „Asylantenschwemme“ und später von „Scheinasylanten“. Zwischen dem brandschatzenden Mob auf der Straße, den Medien und der Politik verschwommen die Argumentationsgrenzen.

Die Kampagne „Rassismus Tötet“ will mit Veranstaltungen, Demonstrationen und Interventionen die aktuelle Abschottungspolitik mit den Ereignissen verbinden, die den Weg dafür geebnet haben.

Auch in Leipzig beteiligt sich der “Initiativkreis Antirassismus” an der Kampagne und machte letzte Woche mit einer Kundgebung auf das Thema Rassismus aufmerksam.

Am Mittwoch den 20.6.2012 um 20Uhr im Fischladen (Wolfgang-Heinze-Straße 22) geht es mit der Kampagne in Leipzig weiter. Dort wollen wir euch den Film “Wer Gewalt sät… Von Brandstiftern und Biedermännern” zeigen.
Die Dokumentation von Gert Monheim bietet eine minutiöse Analyse der Eskalation von Unmut und Gewalt gegenüber Flüchtlingen in Rostock-Lichtenhagen; ein Lehrstück über die politischen Hintergründe, das auch jenseits der konkreten Ereignisse von 1992 aktuell ist.

6 Gedanken zu „Zwei antirassistische Aktionen am 20.6. in Leipzig“

  1. Schade, Frau Nagel, mit diesem Eintrag haben Sie sich leider wieder von einem demokratischen Diskurs entfernt und viele Menschen pauschal als Rassisten verurteilt.

    Ich hatte echt geglaubt, dass es möglich wäre, mit Ihnen Argumente auszutauschen, offensichtlich möchten Sie das aber nicht.

  2. Ich habe meine Position wohl ausreichend dargestellt, habe aber eine Aufruf einer Initiative, die aus vielen Menschen und Gruppen besteht, auf meiner Seite dokumentiert.
    In zahlreichen Wortwechseln habe ich meine Meinung zu den Protesten geschärft, das wissen sie auch. Ich habe den Antrag der drei Fraktionen mitformuliert und mich insbesondere (und vor allem wegen der Lebenssituation der Flüchtlinge und Möglichkeiten einer besseren Integration ins Wohnumfeld) für die Reduzierung auf 36 Personen in Wahren stark gemacht.

    Hier zwei noch 2 Links zu überregionalen Berichterstattungen, die vielleicht ein anderes Bild zeichnen:

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/230219.volkszorn-in-leipzig.html?action=print

    http://www.taz.de/Rassistische-Proteste-in-Leipzig/!95677/

  3. Hallo Frau Nagel,

    sorry, aber es ist kein Quatsch. Ich fühle mich persönlich angegriffen, wenn immer wieder pauschal die Rassismus-Keule herausgeholt wird.

    Auch habe ich es so verstanden, dass der Änderungsantrag überwiegend daraus resultiert, dass man damit auf die größtenteils rassistischen und fremdenfeindlichen Einstellungen der Bewohner der Stadtteile Portitz und Wahren reagiert (und im Nebensatz erwähnt, dass die Sanierung des Kindergartens in Portitz zu teuer wäre) .

    Auf die einseitige und zum Teil verfälschte Berichterstattung der Medien, insbesondere des MDR und der LVZ, möchte ich hier gar nicht eingehen.

    Eine Meldung aus dem Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, hilft mir aber auch nicht wirklich weiter.

  4. @ Steffen: Mit Medienfreiheit haben Sie es nicht so, oder? Und warum fühlen Sie sich eigentlichg ständig angesprochen, wenn auf rassistische Ressentiments hingewiesen wird, die es bei den dieversen SBB- und Bürgerversammlungen oder gegenüber den Medien nun mal gab? Wenn Sie für sich in Anspruch nehmen, den Vorschlag der Verwaltung nicht aus solchen, sondern aus anderen Gründen abzulehnen, dann sollten es doch gerade auch Ihnen ein Anliegen sein, dass gegen den dabei laut gewordenen Rassismus – in welchem Maße auch immer – das Wort erhoben wird. Dass Sie dem Initiativkreis als Urheber_in des Aufrufs bzw. Jule im Gegenteil vorwerfen, sich damit „aus einem demokratischen Diskurs entfernt“ zu haben, lässt mich leider doch – sorry – an getroffene Hunde denken …

  5. bzgl. der „getroffenen Hunde“…

    Nicht wer am lautesten schreit, hat am meisten Recht…

    Alle Bestrebungen sachlich zu diskutieren wird durch das „Linke Lager“ niedergeschrien…

    Ich finde auch spannend, dass in einem neuen Beitrag Heime als Lager bezeichnet werden, hier aber die Schaffung neuer Heime gefordert wird.

    Meines wissens, existieren in Dresden bereits 6 kleinere Heime. (genaues kann man leider nicht finden) Diese sind sicherlich in einem erbärmlichen Zustand. Wenn sich die Stadt Leipzig sich um die neuen Heime in Leipzig genau so kümmert wie um die Torgauer Strasse, werden auch die neuen Lager zeitnah diesen Zustand erreichen.

    Link:

    https://jule.linxxnet.de/index.php/2012/06/wohnungen-statt-heime-fur-fluchtlinge-demonstration-am-21-6-in-dresden/

    ([1] „Merkmale [eines] Lagers sind Enge und fehlende Privatsphäre im Innern, räumliche und soziale Isolation nach außen, mehr oder weniger strenge Kontrollen, fehlende Selbstbestimmung und Entmündigung im Alltag, ein Mangel
    an sinnvollen Betätigungsmöglichkeiten vor dem Hintergrung einer fehlenden Integrationsperspektiven.“ (aus: ausgeLAGERt – Zur Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland, 2011, S. 4, abrufbar: http://www.proasyl.de/fileadmin/proasyl/fm_redakteure/Broschueren_pdf/AusgeLAGERt.pdf))

  6. Das kommt drauf an, was Sie mit Medienfreiheit meinen. Wenn Interviews verdreht, aus dem Zusammenhang gerissen oder sogar falsch wiedergegeben werden, dann ist das für mich keine Medienfreiheit. Ich selbst war dabei, als Zeitungs- und Fernsehleute Interviews gemacht bzw. aufgenommen haben und war sehr enttäuscht, was dann am Ende im Fernsehen zu sehen bzw. in Zeitungen zu lesen war.

    Und ja, natürlich fühle ich mich angesprochen, wenn ich pauschal als Rassist und Verbrecher beschimpft werde. Wie Sie vielleicht gemerkt haben, ist Gleichgültigkeit nicht meine Stärke.

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