Nicht nur der urbane Garten Anna Linde in der Zschocherschen Straße, auch die um die Ecke liegenden Nachbarschaftsgärten sind von Verdrängung bedroht. Auch hier ist es das „Damoklesschwert“ der Wohnbebauung, das die nicht-kommerzielle Nutzung bedroht. Die Linksfraktion hat in der Stadtratssitzung im April nach Perspektiven gefragt.
Seit 2004 wird das leere Grundstück zwischen Joseph- und Siemeringstraße als Gemeinschaftsgarten genutzt. Fünf EigentümerInnen – die Stadt Leipzig, eine Aktiengesellschaft und Privatpersonen – stellten die Flächen zur Verfügung. Aktuell stehen die Gärten vor dem Aus. Die Investmentgesellschaft, Eigentümerin von Teilen der Flächen, will ihr Grundstück verkaufen, um dort Einfamilienhäuser zu errichten. Die NutzerInnen, die sich im Nachbarschaftsgärten e. V. organisiert haben, wollen bleiben. Laut Aussagen des ASW gibt es verschiedene Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen.
Antwort auf die Anfrage:
a) Welcher Anteil der Fläche ist derzeit vom Verkauf / Bebauung betroffen?
Das Grundstück der Schweizer Eigentümer, auf dem die Kernbereiche der Nachbarschaftsgärten liegen, umfasst 4.900 m2. Der Eigentümer hat dem Verein Nachbarschaftsgärten e.V. die Nutzung als Zwischennutzung gestattet, soll jetzt aber Bebauungsabsichten haben. Welcher Anteil der Fläche bebaut werden soll, kann derzeit nicht gesagt werden, da offensichtlich verschiedene Varianten im Gespräch sind und noch keinerlei Entscheidung gefallen ist.
Die Stadt Leipzig ist Eigentümerin des Flurstücks 114a der Gemarkung Lindenau. Das Grundstück hat eine Größe von 240 m2 und ist seit dem 1.5.2008 an den Nachbarschaftsgärten e.V. verpachtet. Dieses Grundstück ist von den o.g. Bebauungsabsichten nicht betroffen, es liegen aber Anträge von Dritten zum Erwerb zwecks Arrondierung anderer angrenzender Flächen vor.
b) Welche Perspektiven sieht die Stadt für einen Erhalt der Nachbarschaftsgärten am Standort Josephstraße 27? Welche Möglichkeiten gibt es, dieses Ziel zu erreichen?
Eine dauerhafte Nutzung der Nachbarschaftsgärten in jetziger Größe wäre auf jeden Fall bei einem Eigentumsübergang oder eine ggf. mögliche planerische Festsetzung als Ergebnis einer politischen Beschlussfassung möglich.
Ein Erwerb könnte theoretisch entweder durch die Stadt erfolgen oder durch Dritte (Stiftung, Privatpersonen, Unternehmen). Bei kommunalem Erwerb müssten entsprechende Mittel bereitgestellt werden – gegenwärtig ist hierfür kein Budget geplant.
Die Festsetzung einer Nutzungsänderung über die Bauleitplanung ( statt Baufläche Gemeinbedarfsfläche, Sonderfläche o.ä.) kann bei Nachweis eines
eines gegenüber den Verwertungsinteressen des Eigentümers höher zu bewertenden öffentlichen Interesses erfolgen, wenn ein Erwerb nicht möglich ist. Das vorgeschriebene Verfahren ist einzuhalten, eine Beschlussfassung durch den Stadtrat als dessen Abschluss erforderlich. Die Festsetzung einer Nutzungsänderung hätte aller Voraussicht nach Entschädigungsansprüche zur Folge.
Theoretisch denkbar wäre auch eine dauerhafte Nutzung der Nachbarschaftsgärten in jetziger Größe mit Zustimmung der jetzigen Eigentümer, angesichts der
Angebote für eine immobilienwirtschaftliche Verwertung jedoch unwahrscheinlich.
Aufgrund des beschränkten finanziellen Bewegungsspielraumes ist eine dauerhafte Nutzung der Nachbarschaftsgärten auf verkleinerter Fläche ein eher realistisches Ziel. Die Nutzung von Teilflächen innerhalb eines mit potentiellen Investoren abgestimmten Gesamtkonzeptes ist möglicherweise durch Diskussion zu erreichen. Ziel wäre dann eine gemischte Nutzung aus Wohnen mit den Nachbarschaftsgärten als standortprägendem Angebot für neue und alte Bewohner sowie das Quartier. Hierzu müsste sowohl bei den Eigentümern als auch bei Investoren als auch bei den NutzerInnen der Nachbarschaftsgärten Bereitschaft bestehen. Auch für diese
Variante gäbe es die Möglichkeit einer planerischen Festsetzung.
Bislang sind aus Sicht der Verwaltung alle Varianten vorstellbar. Finanzielle Mittel stehen jedoch nicht zur Verfügung.
Bezogen auf die städtische Fläche gilt: Solange der Pächter den bestehenden unbefristeten Pachtvertrag erfüllt und für das Pachtgrundstück keine andere bestandskräftige Bebauung durch die Stadt Leipzig vorgesehen ist, steht dem Nachbarschaftsgärten e.V. dieses Grundstück zur Verfügung.
c) Gibt es Gespräche zwischen NutzerInnen, EigentümerInnen und Verwaltung? Wenn ja, mit welchem Ziel?
Ja, es gibt Gespräche. Ziel der Gespräche mit Investoren und Eigentümern ist, die Möglichkeiten für eine Parallelnutzung der Flächen zu sondieren bzw. den Eigentümern das politische Umfeld ihrer Verwertungsabsichten deutlich zu machen. Ziel der Gespräche mit den NutzerInnen ist es, die Bereitschaft für privatrechtliche Lösungen herauszuarbeiten (z.B. Erwerb / Pacht etc.) bzw. mit ihnen gemeinsam Lösungen für eine Parallelnutzung zu prüfen.
Was das städtische Grundstück betrifft, ist aufgrund des bestehenden Pachvertrages ein Verkauf derzeit nicht aktuell.