Veränderungen & Anträge zum Unterbringungskonzept für Asylsuchende & „Menschen.würdig“ Kundgebung am 18.7.

Seit dem 3.7.2012 steht die geänderte Version des Unterbringungskonzeptes für Asylsuchende in Leipzig zur Verfügung. Am 18.7. wird der Stadtrat final über das Konzept und Änderungs- und Ergänzungsanträge beraten und befinden.Am selben Tag wird vor dem Neuen Rathaus für ein menschenwürdiges Leben für Flüchtlinge und gegen Rassismus demonstriert.

Mit der Änderung der Vorlage griff die Stadtverwaltung einen Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, SPD und Grüne auf. Demnach werden die Zahlen der Menschen, die einerseits in Wahren leben von 70 auf 36 und die in Portitz leben sollen von ca. 50 auf 35 gesenkt. Außerdem nimmt die Stadtverwaltung Abstand von der geplanten neuen Sammelunterkunft in der Weißdornstraße in Grünau und schlägt stattdessen zwei Häuser (45 plus 70 Personen) des ehemaligen Wohnheimes für behinderte Menschen in der Riebeckstraße 63  vor. Zu guter Letzt wird als Wohnstätte für so genannte „Personen mit erhöhtem Betreuungsbedarf“ nicht mehr das LWB-Objekt Eythstraße 3, sondern die sich in privatem Besitz befindliche Eythstraße 17.

Letzteres, konzeptionell nicht untersetzte Projekt, trifft auf Kritik des Initiativkreises NoHeim. Dieser schreibt in seinem Positionspapier (download als pdf), dass die „Ballung von Menschen mit vermeintlich „erhöhtem Betreuungsbedarf“ kritisch ist und einem integrativen Ansatz widerspricht. In einem Ergänzungsantrag nimmt DIE LINKE diese Perspektive auf und fordert:

Zum Standort Eythstraße, in dem Menschen mit erhöhtem Betreuungsbedarf untergebracht werden sollen, wird bis Jahresende 2012 ein Konzept vorgelegt, in dem die Art der Betreuung und weitere vorgesehene Maßnahmen beschrieben werden. In diesem Konzept soll außerdem transparent dargelegt werden, nach welchen Kriterien die BewohnerInnen dieses Hauses ausgewählt werden und nach welchen Kriterien das Ende ihres Aufenthaltes erfolgt. Nach einem Jahr wird das Konzept der gesonderten Unterbringung von Menschen mit erhöhtem Betreuungsbedarf evaluiert und auf den Prüfstand gestellt.

Unter anderem die Stadt Köln hat sich explizit gegen den Ansatz der „Zusammenballung“ entschieden und schreibt in ihren „Leitlinien zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen“ (download als pdf), dass „die zentrale Unterbringung zu einer Massierung und Potenzierung von Konflikten führen [würde], die an keinem verfügbaren Kölner Wohnheimstandort verantwortbar und umsetzbar wären.“

Ein zweiter Antrag der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat Leipzig dreht sich um die Arbeitsgelegenheiten, die den Flüchtlingen laut Konzept angeboten werden sollen. Zwar ist die Aufnahme von Erwerbsarbeit AsylbewerberInnen verwehrt und Geduldeten nur unter erschwerten Bedingungen (1 Jahr Aufenthalt, keinE MitbewerberIn aus Deutschland oder der EU auf dieselbe Stelle) erlaubt, jedoch definiert das Asylbewerberleistungsgesetz, dass die Ausübung von Arbeitsgelegenheiten bei städtischen oder gemeinnützigen Trägern möglich bzw vielmehr für „Arbeitsfähige“ verpflichtend ist – für 1,05 Euro/ Stunde. Wer eine solche Tätigkeit nicht annehmen will, hat demnach keinen Anspruch mehr auf – die sowieso dürftigen – Leistungen nach AsylbLG. Entgegen dieser gesetzlichen Regelung beantragt die Leipziger Linksfraktion – ebenfalls angeregt durch das Papier von „NoHeim“ – dass Arbeitsgelegenheiten freiwillig sein sollen, dabei die Qualifikation der Person berücksichtigt wird und dass entsprechend der gesetzlichen Möglichkeiten die Zahlung einer Entlohnung/Aufwandsentschädigung zu prüfen ist. Ein Antrag gegen die Hartz-IV-Logik auch für Flüchtlinge und das Asylbewerberleistungsgesetz als eine Folge des „Asylkompromiss“ 1992 also.

Der Migrantenbeirat, der am 13.7. getagt hat,hat außerdem einen Antrag zum Konzept ins Verfahren gebracht, mit dem die Information und Mitbestimmung der Flüchtlinge zum Konzept und ihren späteren Wohnorten formuliert wird; eine Forderung, die sowohl vom Initiativkreis „NoHeim“, Menschenwürdig und auch der LINKEN erhoben wurde. Ob dieser Antrag im Stadtrat eine Mehrheit findet, bleibt abzuwarten. Ein zweiter Antrag des Migrantenbeirates fordert zusätzlich zur sozialen Betreuung finanzielle Mittel für qualifizierte Sprach- und Kulturmittler bereitzustellen und den BetreuerInnen ein Netzwerk bzw. Pools von Sprach- und Kulturmittler zur Seite zu stellen.

Es dürfte am 18.7., wenn der Leipziger Stadtrat über das Konzept berät und entscheidet, also spannend werden. Im Verfahren befindet sich neben den erwähnten weiterhin auch ein Antrag der CDU, der  sich gegen die Beschlussfassung des Konzeptes ausspricht und die Standorte in Wahren und Portitz ganz und gar aus der Vorlage herausnehmen will.Außerdem haben auch DIE LINKE, SPD und Grüne einen neuen gemeinsamen Ergänzungsantrag eingebracht, in dem die Absenkung der Belegungszahl in der Riebeckstraße unter der Voraussetzung, dass neue Standorte gefunden werden oder die Zahl zugewiesener Flüchtlinge sinkt und die Ansprache privater Hauseigentümer bei der Suche nach neuen Objekten gefordert wird. In einem dritten Punkt bekräftigen die drei Fraktionen die Notwendigkeit der Veränderung der Landesgesetzgebung, damit alle Flüchtlinge prinzipiell in Wohnungen leben können. (download Antrag als pdf)
Schlussendlich beantragt der Stadtrat Siegfried Schlegel, dass auf die Ausweisung von Standorten für Wohncontainer, wie es für die Wiesenstraße in Paunsdorf geplant war (auch dieses konkrete Vorhaben hat die Verwaltung aus der Vorlage genommen), verzichtet und dass Aufwertungsmittel aus dem Programm Stadtumbau schwerpunktmäßig im Jahr 2013 schwerpunktmässig für die Schaffung von Asylbewerberwohnheimplätzen eingesetzt werden.

Spannend wird der 18.7. auch aufgrund des erwarteten ZuschauerInneninteresses. Der Initiativkreis Menschen.würdig ruft ab 15 Uhr zu einer Kundgebung mit dem Motto „Für Menschenwürdiges, gleichberechtigtes Leben, Wohnen und Arbeiten für Asylsuchende und Flüchtlinge. Rassismus die rote Karte zeigen! Rassistische Sondergesetzgebung abschaffen!“ vor das Neue Rathaus auf. Gegen 16:30 Uhr sollen zudem die ca. 5400 gesammelten Unterschriften für den Ansatz des Konzeptes und Solidarität mit den Flüchtlingen an Oberbürgermeister, Sozialbürgermeister und Fraktionsvorsitzende übergeben werden. Zum Aufruf zur Kundgebung gehts hier.

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