Die Lebenssituation von Flüchtlingen in Leipzig war im Rahmen der Ratsversammlung am 12.12. wiederum Thema. Es ging einerseits um zwei neue Häuser, die in das im Sommer beschlossene neue Unterbringungskonzept integriert werden sollen, um die Frage der Mitbestimmung der Betroffenen und um kurzfristige Wohnmöglichkeiten für die große Zahl an neu in Leipzig ankommenden Flüchtlingen. Wenig erfreuliches gibt es zur Auszahlung der erhöhten Sätze nach Asylbewerberleistungsgesetz
Zur Debatte standen im Stadtrat zwei von privaten EigentümerInnen angebotene Objekte – die Georg-Schwarz-Straße 31 und die Georg-Schuhmann-Straße 121.Dort sollen bereits ab Mai 2013 jeweils bis zu 40 Flüchtlinge wohnen. Eine Grundsatzdebatte um die Standorte blieb aus. An beiden Orten hatten sich Stadtbezirksbeiräte und andere MultiplikatorInnen offen für dasVorhaben gezeigt.
Ein Antrag der CDU, nach dem die Häuser statt für 10 für 20 Jahre angemietet werden sollen, wurde von der Einreicherin zurückgezogen. Da zu hoffen ist, dass bei Bundes- und Landtagswahlen die schwarz-gelbe Mehrheiten gebrochen werden, wäre eine solche Entscheidung auch fatal gewesen. Denn mit anderen Regierungsparteien wäre die Aussicht auf eine grundlegende Veränderung der gesetzlichen Grundlagen, die das Wohnen von Flüchtlingen in Sammelunterkünften vorschreiben, zumindest greifbarer.
Eine recht heftige Debatte folgte in der Ratsversammlung jedoch auf die Einbringung des Ergänzungsantrages der Linksfraktion, mit dem die Information und Beteiligung der Flüchtlinge gefordert wurde. Schließlich sind diese die am meisten von den anstehenden Veränderungen Betroffenen. Angesichts der weitestgehenden Entrechtung von Asylsuchenden wäre diese Entscheidung – so unbedeutet sie auch klingen mag – ein wichtiges Signal gewesen. Ein Signal, dass Flüchtlinge nicht nur als „unterzubringende“ Verschiebemasse betrachtet werden, sondern als souveräne Menschen. Nichts mehr als eine kontinuierliche Information der BewohnerInnen der bestehenden Sammelunterkünfte in der Torgauer Straße 290 und Liliensteinstraße 15 über die Entwicklungen des Unterbringungskonzeptes und das Zugeständnis, dass sie bei der Wahl des Wohnortes und der MitbewohnerInnen Wünsche äußern dürfen, fordert(e) die Linksfraktion, angeregt und unterstützt durch den Initiativkreis Menschen.Würdig.
Doch gerade VertreterInnen von SPD und Grünen reagierten empört auf dieses Ansinnen. Verschiedene RednerInnen behaupteten abwechselnd, dass die Verwaltung dies doch schon gewährleisten würde (auf Antrag des Migrantenbeirates hatte es im Sommer tatsächlich eine Info-Veranstaltung in der Torgauer Str. gegeben), dass dies im Grunde nicht möglich sei (denn damit würden nicht erfüllbare Begehrlichkeiten geweckt), dass das Sozialamt überlastet sei etcpp.
Nachdem von der Antragsstellerin betont wurde, dass es hier auch um eine prinzipielle Frage, nämlich der Einbeziehung der Perspektive der Flüchtlinge, die nie und nirgendwo eine Stimme haben, gehen würde, wuchsen die Abwehrreflexe seitens der SPD und der Grünen. Schließlich wurde der Antrag abgelehnt.
In einer weiteren Vorlage ging es um zusätzliche Wohnmöglichkeiten für die neu in Leipzig ankommenden Flüchtlinge. Da deren Zahl in diesem Jahr mit insgesamt ca. 470 unerwartet hoch ist und sich der Bezug der ersten neuen Unterkunft in der Riebeckstraße bis mindestens Januar 2013 verzögert, müssen schnellstmöglich neue Kapazitäten her. Statt auf Turnhallen o.ä. zurückzugreifen will die Stadtverwaltung den zweiten, bisher ungenutzten Block der Sammelunterkunft Torgauer Straße öffnen und herrichten. Sobald der Bezug der Riebeckstraße und der beiden neuen Objekte beginnen kann, werden die BewohnerInnen des bereits bewohnten Blockes in den neuen umziehen, da dort die Wohnumstände besser sind. Diese Lösung ist nicht optimal, aber eine bessere, kurzfristige ist kaum in Sicht. Laut Aussagen der Verwaltung wird vor dem Hintergrund der wachsenden Zuweisungszahlen auch verstärkt auf dezentrale Unterbringung orientiert, in dem Menschen animiert und unterstützt werden entsprechende Anträge zu stellen.
Zu guter Letzt ist kritisch anzumerken, dass in Leipzig noch immer nicht alle Menschen, die in den Wirkungskreis des Asylbewerberleistungsgesetzes fallen, die durch das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.7.2012 erhöhten Sätze bekommen. Seit August werden diese Sätze an die so genannten „Haushaltsvorstände“ (also Familienoberhäupter) ausgezahlt, ausgeschlossen sind die weiteren Berechtigten (Kinder bis 7 Jahren, Kinder zwischen 8 und 14 Jahren und ab 15 Jahren). Begründet wird diese immense Verzögerung durch das Fehlen der dafür notwendigen „angepassten Programmversion der elektronischen Zahlungssoftware“. (siehe auch Antwort auf die Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zum Asylbewerberleistungsgesetz download als pdf). Der Hersteller hat nun angekündigt, dass diese erst im 1. Quartal 2013 zur Verfügung gestellt werden kann. Leidtragende sind die LeistungsbezieherInnen. Zu fragen ist warum es andere Kommunen und Landkreise trotzdem hinbekommen. Immerhin hat sich die Stadt Leipzig jetzt dazu durchgerungen nach nunmehr 4 Monaten Zahlungsverzug rückwirkend zum August eine monatliche Abschlagszahlung von plus 50 Euro bekommen.
Alles in allem bleibt der Umgang mit Flüchtlingen fragwürdig. Um tatsächliche Veränderungen im Sinne einer Gleichstellung hinzubekommen, sind größere Weichenstellungen nötig. Auch die massiven Refugee-Proteste unter anderem in Berlin haben bis dato noch nicht zum Ziel geführt.