Mord an Kamal K. – Staatsanwaltschaft sieht kein rassistisches Motiv

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat Anklage im Tötungsfall Kamal K. erhoben. Gegen Marcus E. wegen des Tatverdachts der gefährlichen Körperverletzung und des Totschlags und gegen Daniel K. wegen des Tatverdachts der gefährlichen Körperverletzung. Ein rassistisches Tatmotiv sei in den Ermittlungen nicht zutage getreten.

(siehe Information auf dem Blog des Journalisten Michael Klarmann)

PM Jule Nagel, 7.2.2011

„Ich begrüße, dass es zeitnah zur Verhandlung im Mordfall Kamal K. kommt. Dass die Tat nicht rassistisch motiviert war, ist weiterhin in Zweifel zu ziehen.
Marcus E. hat laut Aussagen der Staatsanwaltschaft bisher keine Aussage gemacht.
Außerdem lässt die Staatsanwaltschaft den politischen Hintergrund der beiden Angeklagten bisher außer Acht. Daniel K. war jahrelang in der neonazistischen Kameradschaft Aachener Land organisiert und trug während der Tat ein Shirt, das diese Gesinnung zur Schau stellt, Marcus E. soll Tätowierungen tragen, die auf eine Affinität zur rechten Szene schließen lassen.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Definition des Bundesinnenministeriums. Demnach gelten Straftaten als politisch motiviert gelten, „wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person gerichtet sind wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status“. Diese Definition, die der polizeilichen Erfassung zugrunde liegt, böte aus meiner Sicht im vorliegenden Fall eine Handhabe zur entsprechenden Kategorisierung der Tötung von Kamal. Denn wenn bekennende Nazis oder aber Menschen, die eine Affinität zu rassistischen Denkmustern haben, einen Menschen mit erkennbarem Migrationshintergrund angreifen, dann liegt die Vermutung, dass es sich um eine rassistisch motivierte Straftat handelt, ziemlich nah. Und damit könnte die Anklage „Mord aus niedrigen Beweggründen“ lauten.
Ich fordere, dass die politischen Einstellungen der Täter im Prozess in ausreichendem Maße berücksichtigt werden.

Der Verweis auf die Alkoholisiertheit und daraus resultierende eingeschränkte strafrechtliche Verantwortlichkeit der Täter hinterläßt einen bitteren Beigeschmack. Auch in vergangenen Fällen rechts motivierter Morde wurde dies immer wieder zur Entpolitisierung der Taten und Entlastung der Täter angeführt.“

Presse zum Thema:
LIZ, 8.2.2011 Keine Mordmerkmale erfüllt“: Staatsanwaltschaft erhebt im Fall Kamal K. Anklage wegen Totschlags

– Leserbrief zum LIZ-Artikel

– LVZ 7.2.2011 Getöteter Iraker Kamal K.: Staatsanwaltschaft Leipzig erhebt Anklage

– Neues Deutschland 9.2.2011 Staatsanwalt sieht keine fremdenfeindliche Tat

– Zeit – Störungsmelder:, 9.2.2011 Anklage wegen Tod eines jungen Irakers

indymedia, 10.2.2011 Angeblich „keine Mordmerkmale erfüllt“

2 Gedanken zu „Mord an Kamal K. – Staatsanwaltschaft sieht kein rassistisches Motiv“

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