Kritik an massivem Polizeiaufgebot und Personenkontrollen in Leipzig -Connewitz & politisch motivierten Ermittlungen gegen linke Strukturen

In den letzten Wochen ist im Ortsteil Leipzig-Connewitz ein massives Polizeiaufgebot zu verzeichnen. Einsatzwagen fahren teilweise im Minutentakt durch das Viertel, selbst durch engste Nebenstraßen. Darüber hinaus berichten zahlreiche Personen, dass es bis in die Südvorstadt hinein zu Personalkontrollen kommt, bei denen die Betroffenen auch durchsucht und ausgefragt werden.
Ein Zusammenhang zwischen der massiven Polizeipräsenz und den Razzien im Rahmen von Ermittlungen nach § 129 StGB (Bildung von kriminellen Vereinigungen) am 12.4.2011 und 3.5.2011 ist augenscheinlich vorhanden, da die Dichte der Polizeieinsatzwagen im Umfeld dieser Tage nochmals anstieg.

Dazu Juliane Nagel, Mitglied des Landesvorstandes der LINKEN Sachsen:
„Leipzig-Connewitz wird von der Polizei derzeit offensichtlich zur Gefahrenzone stilisiert.
Dabei tragen die massive Präsenz von Einsatzwagen und -kräften und willkürliche Personenkontrollen nicht zum Sicherheitsgefühl bei, sondern zur Verunsicherung. Scheinbar soll mit diesen Maßnahmen die Einschüchterung von linken politischen Strukturen und Personen und alternativen Projekten erreicht werden. Von den polizeilichen Maßnahmen sind allerdings auch Menschen betroffen, die einfach nur auf dem Weg zu Kulturveranstaltungen im Süden sind.

Das sächsische Polizeigesetz setzt der Polizei bezüglich der Durchführung von Identitätsfeststellungen Grenzen. So müssen lauf § 19 nachvollziehbare Gründe vorliegen, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht, die es abzuwehren gilt. Des weiteren müssen sich am Ort der ID-Feststellungen „erfahrungsgemäß Straftäter verbergen, Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben […]“. Darüber hinaus kann die Polizei Kontrollstellen einrichten um Straftaten von erheblicher Bedeutung oder im Sinne des § 27 des Versammlungsgesetzes zu verhindern. Kontrollstellen allerdings dürfen nur vom Sächsischen Innenministerium oder mit dessen Zustimmung eingerichtet werden.
Dass der Leipziger Süden die aufgeführten Bedingungen für das derzeit zu beobachtende restriktive Handeln der Polizei erfüllt, muss angezweifelt werden. Eher wird der Eindruck von Willkür und bewusster Kriminalisierung von politisch Aktiven und subkulturellen Milieus erweckt.

Dies hat bei den Polizeibehörden derzeit augenscheinlich Methode. Mit aller Kraft wird versucht das Feindbild eines vermeintlichen Linksextremismus weiter zu etablieren. Dabei agieren die Behörden auf dünnem Eis. Im Nachgang zu den Razzien bei der linken Szene zugerechneten Personen kam es landesweit zu Solidarisierungsbekundungen. Auch in Leipzig fand am 12.4.2011 eine angemeldete Demonstration statt, an der sich über 500 Personen beteiligten. Für den Tat-Vorwurf der „Bildung von kriminellen Vereinigungen“, den die Staatsanwaltschaft gegen 17 Personen erhebt, scheint es kaum Beweise zu geben.
Der § 129 StGB ist als Gesinnungs- und Ermittlungsparagraph gegen die politische Linke bekannt. Er gibt den Behörden weit reichende Ermittlungskompetenzen, wie Telefonüberwachung, Postkontrolle oder den systematischen Einsatz von V-Leuten in die Hand. Zumeist bricht der Tatvorwurf im Zuge der Ermittlungen ins sich zusammen. In nur etwa fünf Prozent aller Ermittlungen wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wird Anklage erhoben, etwa ein Prozent führt zur Verurteilung.

Die politisch motivierte Kriminalisierung von linken Strukturen – ob durch willkürliche Polizeimaßnahmen oder fragwürdige Ermittlungsverfahren – muss ein Ende haben.“

PM, 6.5.2011

Interview „Zu den aktuellen Polizeikontrollen auf Leipzigs Straßen“ auf Radio blau

4 Gedanken zu „Kritik an massivem Polizeiaufgebot und Personenkontrollen in Leipzig -Connewitz & politisch motivierten Ermittlungen gegen linke Strukturen“

  1. „Mit aller Kraft wird versucht das Feindbild eines vermeintlichen Linksextremismus weiter zu etablieren.“
    Ich hatte eigentlich vermutet, dass die Polizeipräsenz mit der finsteren Einbruchserie im Süden Leipzigs zusammenhängt, das wird hier nirgends erwähnt. Fällt zumindest zeitlich zusammen. Gehts hier wirklich nur um eine strategische Etablierung eines linken Feindbildes?

  2. Wie beschrieben stieg die Präsenz nach den Razzien spürbar, so dass hier ein Zusammenhang vermutet werden kann. Andererseits ist das Kontrollieren von wahrnehmbar Linken ein weiteres Indiz. Und wenns anders ist, soll es doch richtig gestellt werden…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.