Zum sechsten fragte Martin in der “Weltnest”-Rubrik “Für & Wider” Kommunalpolitiker*innen verschiedener Parteien nach ihrer Position – diesmal zum Verkehr der Zukunft in Leipzig
Martin:
Der City-Tunnel ist zum Alltag geworden, die LVB kündigen die nächsten Preiserhöhungen an und es wird immer schwieriger, einen freien Parkplatz zu finden. Wie machen wir den Verkehr in unserer wachsenden Stadt fit für die Zukunft?
Meine Antwort:
Die Parkplatzfrage steht für mich klar nicht im Vordergrund, außer wir sprechen über Fahrradparkplätze. Aber im Ernst: Leipzig braucht einen verkehrspolitischen Paradigmenwechsel, weg von einer autogerechten Stadt hin zu einer, in der ÖPNV und Fahrradfahren als Fortbewegungsmittel im Vordergrund stehen. Nicht zu vergessen das Zu-Fuß-Unterwegssein! Es war DIE LINKE, die die letzte Erhöhung der Fahrpreise im Mitteldeutschen Verkehrsverbund mit einem Tarifmoratorium auf Eis legen wollte, bis ein neues finanziell tragfähiges Finanzierungskonzept erarbeitet ist. Eine spannende Idee, die unbedingt ernsthaft auf den Weg gebracht werden soll, ist zudem die Umstellung auf einen fahrscheinfreien ÖPNV, der sich über eine Umlage finanziert. Hieße: die NutzerInnen von Bus und Bahn können jederzeit fahren ohne sich ein Ticket zu kaufen und gelten das mit einem monatlichen Betrag ab, der weit unter dem gegenwärtigen Preis einer LVB-Monatskarte liegen könnte. In Tallin/ Estland hat dieses Modell zum Anwachsen der Nutzung des ÖPNV geführt und damit der Umwelt und der Konsolidierung der Kosten zugute kommt. Ich als Radfahrerin kenne zudem die Leiden, die NutzerInnen dieses Verkehrsmittels in Leipzig erdulden müssen. Das muss sich ändern! Es braucht Fahrradspuren auf allen Hauptverkehrsstraßen, ebenso wie die Instandhaltung bestehender Fahrradwege, die Beräumung von unberechtigt auf Radwegen parkenden Autos und von Schnee und Eis. Und es braucht endlich Mut Fahrradstraßen einzuführen. Für die Karli wäre das zum Beispiel ein cooles Modell gewesen (und hiesse ja nur, dass Autos die Straße den Rädern untergeordnet nutzen)!
Und zu guter letzt ist zu diesem abendfüllenden Thema hinzuzufügen: Wenn noch mehr Leute sich ein Auto teilen, wenn die Innenstadt wirklich autofrei wird und Tempo 30-Zonen ausgeweitet werden, dann sind wir – verbunden mit den genannten Ideen für andere Verkehrsarten – auf dem richtigen Weg. Auch in eine Gesellschaft, die stressfreier und vielleicht ein bisschen solidarischer ist.
Liebe Jule,
„Verkehr in Leipzig“ ist eines meiner Themen. Alle Ansätze sind bei Ihnen richtig, aber ich habe für mich mit einer Frage begonnen; „Wie ernst ist den Politikern die Forderung nach einer neuen Verkehrspolitik?“
Es geht bei Verkehrspolitik nicht nur um die Planung und sonstige Veränderungen. Der Umstieg vom Auto (motorisierter Individualverkehr) auf andere Verkehrsarten bring wirtschaftliche Veränderungen mit sich. Die Automobilindustrie und alle zugehörigen Wirtschaftszweige werden, bei einer echten Veränderung, „Verwerfungen“ hinnehmen müssen.
Ebenso ist die Reihenfolge wichtig. „Fußverkehr“ -> „ÖPNV“ -> dann erst der Rest.
Der Weg beginnt immer mit dem „Fußweg“.
Danke für das Feedback. Klar zieht ein echter Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik auch wirtschaftliche Veränderungen nach sich..dafür kommt dieser Wechsel vielleicht anderen Zweigen zugute.. DIE LINKE kritisiert schon lange und vollkommen zurecht die starke Stellung der Autoindustrie, deren Lobbyismus, der mit Subventionen und der Blockade von weit reichenden CO2-Senkungszielen führt.. zb hier: http://www.neues-deutschland.de/artikel/834794.subventionen-kassiert-und-steuern-gedrueckt.html
Insofern ist alles geschrieben ernst gemeint, die realpolitischen Mühlen mahlen natürlich erheblich länger. Die Leipziger LINKE arbeitet bspw derzeit an einem Konzept zum fahrscheinlosen ÖPNV, das durchfinanziert sein soll..
Am 26.4. laden wir zu einem Workshoptag mit anschließender Podiumsdiskussion „Leipzig 2020 – Auf dem Weg zum sozial-ökologischen Verkehr“ ein!
Ich schick gern die detaillierte Einladung!
Danke für das Angebot, nehme ich auch an.
E-Mail Adresse hast Du ja.
Freu mich schon.