Der Sächsische Ausländerbeauftragte bestätigt mit dem „Heim-TÜV“ die Kritik von Initiativen, Vereinen und Betroffenen: Massenunterkünfte für Asylsuchende gehören aufgelöst. Leipzig geht mit der Verstärkung der dezentralen Unterbringung und der Errichtung von kleinteiligen Wohnformen einen Schritt in die richtige Richtung
Am 9.12. legte der Sächsische Ausländerbeauftragte Dr. Martin Gillo seinen so genannten Heim-TÜV (download als pdf) vor. Darin bewertet er die sächsischen Asylunterkünfte nach zehn Kriterien, u.a. nach baulichem Zustand sozialer Betreuung, Bildungsangeboten, der Lage oder der Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bewohner. Nach zweimaligem Besuch der 30 sächsischen Asylheime bewertete er die Bedingungen in sechs Heimen als unangemessen (rot), in 19 als nicht unproblematisch und „zu beobachten“ (gelb) und in nur fünf als angemessen (grün). Fünf Heime sollen geschlossen werden, darunter drei „rote“.
Gillo hatte die beim ersten Besuch festgestellten Mängel den Heimbetreibern bzw. Kommunen und Landkreisen kommuniziert und die Möglichkeit zur Korrektur eingeräumt.
Unter den „gelben“, also durchwachsenen Heimen befindet sich auch die Asylunterkunft in der Torgauer Straße in Leipzig. Der umfunktioniert Kasernenbau sollte bereits vor zwei Jahren geschlossen werden. Hintergrund waren allerdings nicht die unwürdigen Lebensverhältnisse, die die über 200 dort lebenden Menschen ertragen müssen, sondern das Vorhaben eines Investors auf dem Gelände eine Wirtschaftsansiedlung vorzunehmen.
Der Plan der Stadtverwaltung ein neues Heim in der nahe gelegenen Wodanstraße in Leipzig-Nordost zu errichten, scheiterte maßgeblich an vehementem Protest von Initiativen, Vereinen und Betroffenen selbst. Kritik wurde nicht nur am noch weiter außerhalb gelegenen Standort des geplanten Neubaus, sondern auch grundsätzlich an Massenunterkünften für Asylsuchende geäußert.
„Es ist überaus erfreulich, dass Dr. Gillo mit seinem „Heim-TÜV“ so offen und ehrlich mit dem inhumanen Umgang mit Asylsuchenden in Deutschland und explizit Sachsen abrechnet.“, so Juliane Nagel, Stadträtin in Leipzig. „Er bestätigt damit die Kritik, die Initiativen. Vereine und Betroffene schon lange üben. Die Unterbringung in Massenunterkünften, die sich zum großen Teil in einem schlechten baulichen Zustand befinden, in denen Asylsuchende keine Privatsphäre haben und die zumeist abgeschottet von öffentlicher Infrastruktur und gesellschaftlichem Leben sind, verstößt gegen fundamentale Menschenrechte.“
In Leipzig wurde auf Antrag der LINKEN und Bündnis 90/ Die Grünen 2009 vom Stadtrat beschlossen Asylsuchenden verstärkt die Möglichkeit zu eröffnen selbstbestimmt in eigenen Wohnungen zu leben. Eine Anfrage der Linksfraktion im Stadtrat im November 2011, belegt, dass dies gelungen ist. Anträge auf dezentrale Unterbringung sind demnach immens gestiegen (2008: 34 Anträge, 2010: 105 Anträge), genau wie sich die Bewilligungsquote erhöht hat.
„Die dezentrale Unterbringung ist neben der Möglichkeit sich ohne Residenzpflicht frei bewegen zu können, dem Anspruch auf kostenfreie Sprachkurse oder dem Recht eine Arbeit anzunehmen und damit für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen ein zentraler Schritt hin zur Gleichstellung von Asylsuchenden. Die Menschen, die nach Deutschland fliehen, weil sie in ihren Herkunftsländern verfolgt werden oder weil sie hier ein Leben jenseits von Armut erwarten, dürfen nicht länger zu Menschen zweiter Klasse gemacht werden. Menschenrechte sind unteilbar.“ so Juliane Nagel weiter.
„Asylunterkünfte müssen flächendeckend geschlossen werden, ob rot, gelb oder grün! Die Stadt Leipzig geht hier einen Schritt voran, in dem sie kleine Unterbringungsformen in Mehrfamilienhäusern im gesamten Stadtgebiet schaffen will. Dies ist als erster Schritt zur Auflösung von Massenunterkünften zu begrüßen.“
Die entsprechende Vorlage des Dezernates Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule wird voraussichtlich Anfang des Jahres 2012 in den Stadtrat eingebracht werden.
Ein Gedanke zu „Massenunterkünfte für Asylsuchende auflösen!“