Am 29.4.2011 hat der Begleitausschuß des Leipziger Aktionsplanes (LAP) die Anträge von 9 demokratiefördernden Projekten diskutiert und deren Anträge auf Finanzierung aus dem LAP bewilligt, darunter auf die Projekte „ Geschichte wird gemacht!“ vom Projekt Verein e.V. und „STIGMA“ des soziokulturellen Zentrum DIE VILLA. Beide Vereine lehnen die Unterzeichnung der Extremismusklausel, die Voraussetzung für die Mittelzuwendung wäre, ab
Ingesamt 65.000 Euro erhält die Stadt Leipzig im Jahr 2011 aus dem Programm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ des Bundesfamilienministeriums. Mit der neuen Förderperiode müssen Projektträger – auch die, die die Bundesgelder über Kommunen und Landkreise beziehen – die so genannte Demokratieerklärung bzw. Extremismusklausel unterschreiben, mit der sie sich zur Freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, außerdem erklären, dass sie eine dem Grundgesetz förderliche Arbeit leisten und schließlich Sorge dafür tragen, dass auch ProjektpartnerInnen dies tun.
Sachsen ist das einzige Bundesland, das die Klausel aus dem Ministerium von Familienministerin Kristina Schröder auch auf das landeseigene Programm „Weltoffenes Sachsen“ anwendet.
Juliane Nagel, Mitglied im Landesvorstand DIE LINKE Sachsen und Stadträtin in Leipzig erklärt zur Extremismusklausel:
„Mit der Extremismusklausel spricht der Staat geraden denen sein Misstrauen aus, die oft seit Jahren schon für eine demokratische Kultur arbeiten und dort eingreifen, wo der Staat versagt, nämlich bei der wirksamen Zurückdrängung neonazistischer und diskriminierender Einstellungen.
Das Unterzeichnen der Extremismusklausel ist Gesinnungsprüfung und Bespitzelungsauftrag in Reinform. Sie trägt eine zutiefst reaktionäre, autoritäre Idee von Staatlichkeit in sich. Die Zivilgesellschaft, deren natürlicher Auftrag die Aktivierung und Belebung der demokratischen Kultur ist, wird auf diese Art versucht mundtot zu machen.“
Selbst ein Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zum Thema führt aus, dass „die staatliche Forderung, ein Bekenntnis abzulegen nur ausnahmsweise zulässig sein, wo aufgrund einer besonderen Beziehung oder Rechtsstellung diese Grundrechtsbeschränkung unerlässlich ist.“
Gesetzlich sei dies bisher nur im Beamtenrecht und bei der Einbürgerung Praxis.
Als Referenz für die Überprüfung von ProjektpartnerInnen sollen laut Bundesministerium die Verfassungsschutzberichte dienen.
„Es kann doch nicht ernsthaft sein, dass der staatliche Geheimdienst mit seinen Berichten die Kriterien zur Bewertung von Initiativen und Organisationen als demokratisch und damit förderfähig vorgibt. Der Verfassungsschutz ist eine höchst intransparent arbeitenden Behörde. Seine Einschätzungen hielten rechtsstaatlichen Prüfungen wiederholt nicht stand.“, so Juliane Nagel weiter.
Zu den Entscheidungen der soziokulturellen Zentren Conne Island und VILLA die Klausel abzulehnen und damit im Notfall auf Gelder für demokratiefördernde Projekte zu verzichten, sagt Juliane Nagel:
„Ich zolle der VILLA und dem Conne Island größten Respekt für ihre Entscheidung. Beide Träger entscheiden sich damit faktisch gegen Projekte, die auch in Leipzig so nötig wären um präventiv und aktiv gegen Vorurteile, Rassismus und Antisemitismus
vorzugehen. Sie entscheiden sich allerdings für ein Verständnis von demokratischer Kultur, das erst durch Kritik und Diskussion lebendig wird.“
Pressedienst DIE LINKE Sachsen 10.5.2011