7.500 Euro hatte das soziokulturelle Zentrum Conne Island beim Leipziger Aktionsplan für das Projekt „Geschichte wird gemacht!“ beantragt und auch bewilligt bekommen, ebensoviel war es beim soziokulturellen Zentrum DIE VILLA für das Projekt STIGMA. Die Gelder speisen sich aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ und fließen nur an die Projektträger, wenn die so genannte Extremismusklausel unterzeichnet wird. Dem wollen sich das Conne Island und die VILLA nicht beugen.
Dokumentation der
Pressemitteilung zur aktuellen Förderung im Rahmen des Programms »Leipzig. Ort der Vielfalt« vom 9.5.2011
Der Projekt Verein e.V. Leipzig unterschreibt die Extremismusklausel nicht!
Mit großer Freude haben wir die Pressemitteilung des Begleitausschusses des Programms »Leipzig. Ort der Vielfalt« vom 2. Mai 2011 zu Kenntnis genommen. Ein vom Projekt Verein e.V. »Conne Island« gestellter Antrag auf Förderung wurde positiv beschieden. Trotzdem wir die beantragten Mittel in Höhe von 7.500 Euro dringend benötigen, um das Projekt »Geschichte wird gemacht!« durchzuführen, verweigern wir die Unterschrift der Extremismusklausel, wenn dies Voraussetzung für den Mittelabruf sein sollte.
Eine Unterschrift stellt eine Akzeptanz staatlicher Eingriffe in politisch-kulturelles Engagement dar. Der Projekt Verein e.V. hat 20 Jahre lang anerkannte, wertvolle Arbeit gegen Neonazismus und für Demokratie geleistet. »Wir weigern uns, unsere Partner auszuspionieren und dabei den abstrusen Extremismusdefinitionen staatlicher Behörden zu folgen«, sagt Sebastian Kirschner, Geschäftsführer des Vereins. Immer wieder kommt es zu Gerichtsentscheiden gegen Verfassungsschutzbehörden, weil diese unberechtigt Personen beobachten und in Berichten diffamieren. »Wir lehnen diese Form der Meinungsbildung durch Geheimdienste genauso ab, wie das Denken im Extremismusschema. Dieses führt zu einer Verharmlosung des Neonazismus, da es diesen mit antifaschistischem Engagement gleichsetzt. Es ist zudem nicht in der Lage, Rassismus oder Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft zu beschreiben«, so eine Mitarbeiterin des Conne Island.
Das Grundgesetz ist Gegenstand politischer Diskussionen, Interpretationen und Änderungen. Deshalb darf es nicht, wie mit der Extremismusklausel gefordert, Gegenstand eines Bekenntnisses sein. Diese Klausel führt zur Einschränkung politischer Betätigung. Solche Instrumente nutzen denjenigen, die demokratische Spielregeln abschaffen wollen. Wir werden auch in Zukunft Meinungsvielfalt und demokratische Aushandlungsprozesse unterstützen. An die Stelle von Klauseln und Verboten sollten politische Diskussionen treten.
Wir fordern die Bundesregierung auf, sofort Abstand von undemokratischem Bekenntniszwang und Bespitzelungsforderungen zu nehmen. Von der weltoffenen, liberalen Stadt Leipzig und dem Begleitausschuss erwarten wir eine Ablehnung der Extremismusklausel und damit einen kritischen Umgang mit dem Bundesfamilienministerium. Zudem fordern wir die Stadt Leipzig auf, unser vom Begleitausschuss für wertvoll befundenes Projekt zu fördern – in gegenseitigem Vertrauen und ohne Bekenntnisse.
Wir hoffen, dass zahlreiche Initiativen und Vereine mit uns demokratische Werte verteidigen und die Extremismusklausel nicht unterzeichnen.
Mitglieder und MitarbeiterInnen des
Projekt Verein e.V. Conne Island
Dokumentation der Presseerklärung der VILLA, 9.5.2011
Rap-Projekt auf der Kippe – VILLA lehnt Extremismusklausel ab
Große Freude bei den Machern des Soziokulturellen Zentrums „Die VILLA“: In einer Pressemitteilung der vergangenen Woche kündigte die Stadt Leipzig an, auch in diesem Jahr wieder ein Projekt der VILLA aus Mitteln des Leipziger Aktionsplans fördern zu wollen. „Eine schöne Anerkennung für unsere erfolgreiche, kontinuierliche Arbeit“ freut sich Geschäftsführer Oliver Reiner. Dieses Jahr ist es dennoch fraglich, ob das Projekt stattfinden kann. Die Förderung soll erstmals mit der sogenannten Extremismusklausel verbunden sein. „Es trifft uns sehr, wenn wir nach 21 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit mit den Förderstrukturen der Stadt Leipzig, von Landes- und Bundesministerien sowie der Europäischen Union jetzt beweisen müssen, dass wir wirklich zu den Guten gehören.“ Die VILLA wird diese Klausel deswegen nicht unterschreiben. Schüler mehrerer Schulen wollten sich in dem Projekt mit Stigmatisierung und Ausgrenzung beschäftigen und eigene Rap-Lieder verfassen. „So setzen sich die Jugendlichen mit sich und ihrem Umfeld auseinandersetzen und verstehen, dass sie ihr Leben und auch das Zusammenleben in Leipzig aktiv mitgestalten können. Da ist es absurd, wenn die Finanzierung gerade dieses Toleranz-Projektes mit einer Klausel verbunden wird, die wir als Misstrauen gegen uns und andere gesellschaftliche Akteure verstehen müssen.“ so Oliver Reiner weiter. „Wir wollen wie bisher auf Augenhöhe kooperativ zusammenarbeiten. Dann braucht es auch keine Misstrauensklausel.“ Die Extremismusklausel ist seit Monaten bundesweit in der Diskussion. Mittlerweile wurde sie in Demokratieklausel umbenannt . Neben der VILLA haben mehrere andere Vereine angekündigt, diese Klausel nicht zu unterzeichnen und damit auf die Förderung zu verzichten. In Leipzig sucht ein Initiativkreis nach einer alternativen Lösung. In dieser Woche will der Begleitausschuss des Leipziger Aktionsplans noch einmal zu diesem Thema beraten.
Respekt, eine richtige Entscheidung.