Zehn Menschen verloren in Leipzig seit 1990 ihr Leben, weil sie nicht in das neonazistische Weltbild ihrer TäterInnen passten. Nach Recherchen des Initiativkreis Antirassismus, der – unterstützt durch Fördermittel der Stadt Leipzig – eine Ausstellung „Die verschwiegenen Toten“ gestaltet, kommen zu den bekannten sechs Fällen vier weitere.
Neben den bekannten und auch vom Rechercheprojekt „Todesopfer rechter Gewalt“ von ZEIT und Tagesspiegel erfassten drei rassistisch motivierten Gewalttaten an Achmed Bachir (23.10.1996), Nuno Lourenço (4.7.1998) und Kamal Kilade (24.10.2010), den sozialdarwinistischen Morden an Klaus R. (28.5.1994 ) und Karl-Heinz Teichmann (22.8.2008) sowie dem homophoben Mord an Bernd Grigol (8.5.1996) betrifft dies auch den wohnungslosen Horst K. (ermordet am 30.12.1995) und Thomas K. (ermordet von einem Nazis am 4.10..2003). Als Verdachtsfälle, in denen ein rechtes Tatmotiv nicht ausgeschlossen werden kann, kommen Gerhard Sch. (ermordet von Nazis am 1.6.1991) und Gerhard Helmut B. (ermordet am 17.12.1995, Tatmotiv möglicherweise Homophobie) hinzu. (für Hintergründe: hier klicken)
Von all diesen Fällen sind nur drei offiziell anerkannt, nämlich die drei rassistisch motivierten Morde. Bundesweit werden von über 150 Fällen, die durch Recherchen von JournalistInnen und zivilgesellschaftlichen Gruppen erfasst wurden, nur 63 anerkannt.
Auf Kleine Anfragen der Linksfraktion im Sächsischen Landtag zu den nicht anerkannten Leipziger Todesopfern antwortet die Staatsregierung ausweichend und abwiegelnd. (3) Hier tritt ein weiteres Mal die Abwehrhaltung der CDU-Regierung zutage, die krasse Dimension rechter Gewalt anzuerkennen. Das Entsetzen nach dem Aufdecken der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrund wird so zur reinen Makulatur.
Die LINKE Landtagskandidatin, Stadträtin und Mitglied des Initiativkreises Antirassismus Leipzig, Juliane Nagel fordert von der Sächsischen Staatsregierung eine Tiefenprüfung der von der Zivilgesellschaft als rechts motiviert kategorisierten Mordfälle. Beispielhaft dafür könnte das Land Brandenburg stehen. Im Rahmen eine Forschungsprojektes werden dort bis 2015 “umstrittene Altfälle Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt” überprüft. Die Akten werden dabei nicht nur intern durch das LKA überprüft, sondern WissenschaftlerInnen des Moses-Mendelson-Zentrum der Universität Potsdam zugänglich gemacht. Ein ExpertInnenkreis, der neben Polizei, Ministerium und Justiz auch zivilgesellschaftliche Organisationen und die Amadeu-Antonio-Stiftung umfasst, begleitet die wissenschaftliche Aufarbeitung. Im Ergebnis des Projektes sollen auch Erkenntnisse für zukünftige Ermittlungen abgeleitet werden.
Die Ausstellung „Die verschwiegenen Toten“ wird in Leipzig erstmals im Herbst 2014 im Rahmen des Gedenkens an den am 24.10.2010 ermordeten Kamal K. präsentiert.
Ein Gedanke zu „Zehn Opfer rechter Gewalt in Leipzig – Sächsische Staatsregierung muss endlich Tiefenprüfung der nicht anerkannten rechts motivierten Morde vornehmen“