Verdrängung von Mieterinnen und Mietern ist in Leipzig kein Randproblem!

10405455_873578312659329_6777356827326041806_nStadträtin fordert kleinräumige Untersuchungen/ Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD in Sachsen spart die wichtige Frage sozialer Wohnraumförderung aus

Gentrifizierung als Phänomen der Verdrängung von MieterInnen im Ergebnis von städtebaulichen Aufwertungsprozessen ist in Leipzig in vollem Gange. Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau verkennt die Realität, wenn sie von einem „niedrigen Level“ spricht. Die Dimension derer, die in den vergangenen Jahren und derzeit mit Sanierungsankündigungen, akuten Mietsteigerungen und schließlich erzwungenem Auszug zu kämpfen hatten und haben, dürfte um ein Vielfaches höher sein.

Nicht nur die Kochstraße 114, Scharnhorststraße 22, Holbeinstraße 28a und 30, Simildenstraße 8 oder das Quartier Windmühlenstraße/ Grünewaldstraße/ Brüderstraße sprechen eine klare Sprache, sondern auch die aktuellen Fälle der Bernhard-Göring-Straße 110 und Kantstraße 55-63.

Zahlreiche Beispiele dürften zudem gar nicht bekannt sein, da die Betroffenen kapitulieren anstatt sich zu wehren. Im März 2014 hatte der Immobilienvermittler Jones Lang LaSalle in einer Marktanalyse für Leipzig ermittelt, dass es zunehmend Verdrängungsprozesse im Ergebnis von Mieterhöhungen im Bestand gibt. Um hier tätig zu werden braucht es jedoch detaillierterer Daten. Es ist zu empfehlen, dass die Stadt kleinräumige Analysen in Bezug auf die Entwicklung von Bestandsmieten und daraus folgenden Verdrängungseffekten vornimmt und darauf Strategien aufsetzt. Die Initiative zur Errichtung einer Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten kann hier ein richtiger Schritt sein. In jedem Fall darf die Stadt nicht tatenlos zusehen wie die unvermeidlichen Interessenkonflikte zwischen Mietern und Vermietern bei der Gebäude- und Wohnungssanierung allein zuungunsten der MieterInnen ausgehen.

Zudem wirbt Stadträtin und Landtagsabgeordnete Juliane Nagel für eine offensive Einforderung von Unterstützung beim Freistaat Sachsen. Zuletzt im September hat die Oberbürgermeisterin von Dresden Helma Orosz ihre Stadt in dieser Hinsicht zu unterstützen. Auch Verbände wie der Mieterbund oder die Diakonie verweisen vor dem Hintergrund stetig steigender Mieten in den Großstädten auf den dringlichen Bedarf an sozialer Wohnraumförderung in Sachsen. In den vergangenen Jahren ist der Bestand an gebundenen Mietwohnungen in Sachsen von über 220.000 (2002) auf knapp über 40.000 (2012) gesunken. Neu gebaut wurde keine einzige.

Im Falle der Neuauflage von sozialer Wohnraumförderung durch den Freistaat muss intensiv über dessen Ausgestaltung diskutiert werden. So muss soziale Wohnraumförderung öffentlichen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften zugute kommen und nicht als Subvention privater Anleger dienen.

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD auf Landesebene finden sich zur Frage der strukturellen Förderung bezahlbaren Wohnraums keine relevanten Aussagen.

PM, 4.11.2014

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