Vor mehr als einem Jahr wurde der damals 50-jährige André K. in Oschatz so schwer misshandelt, dass er wenige Tage später, am 1.6.2011, verstarb. Vor dem Leipziger Landgericht läuft seit Dezember 2011 der Prozess gegen sechs Männer, die auf K. eingeschlagen bzw. nicht eingegriffen haben. Für den 4.9. wird das Urteil erwartet. Ab 10.15 Uhr werden im Saal 14 des Landgerichtes die Schlussplädoyers gesprochen.
Während sich die drei jüngeren Angeklagten (Chris K., David O. und Tommy J.) sowie einer der beiden Haupttäter, Sebastian B., mehr oder weniger geständig eingelassen haben (der erst 16-jährige Chris K. sagt selbst nicht zugeschlagen zu haben, dem widersprechen Aussagen der Mitangeklagten), schweigen einerseits Silvio H. (angeklagt wegen unterlassener Hilfeleistung, er beobachtete das Geschehen von weitem) und der als Nazis bekannte Ronny S. Letzterer war in jener Mai-Nacht offensichtlich maßgeblich tonangebend. Alle bisherigen Aussagen besagen, dass er das Oper ausgesucht hat und nachdem die Gruppe den schlafenden André K. gefunden hatte, zu Schlagen begann.
Die letzten Verhandlungstage schleppten sich dahin und zeigten vor allem eines: alle Angeklagten kommen aus problembehafteten Milieus. Empathie geht jedem Einzelnen ab. Dies spiegelt sich in ihrem Tun – im hemmungslosen Zuschlagen auf einen Wehrlosen. Entschuldigen kann ein kaputtes Elternhaus oder der übermäßige Alkoholkonsum ein solches Handeln und die Unttätigkeit im Nachhinein (zB. durch das Rufen eines Krankenwagens) nicht. Ronny S. scheinbar kalkuliertes und anstiftendes Handeln muss davon abgelöst betrachtet werden. Seine erwiesenen Zugehörigkeit zum organisierten rechten Milieu, JN & NPD, verweisen auf die menschenverachtende Motivation seines Tuns.
Dies wollen weder Richter noch Staatsanwältin hören. Versuche der Vertreterin der Nebenklage, Undine Weyers, diesen Aspekt einzuführen prallten bisher ab und werden voraussichtlich in dem Urteil nicht zur Sprache kommen.
Zuletzt hatte Weyers beantragt die Tätowierungen der drei älteren Angeklagten per Foto zu dokumentieren und als Beweismittel einzuführen sowie eineN VertreterIn des Antifaschistischen Pressearchivs apabiz zur Bedeutungsaufladung dieser Tätowierungen zu hören. Außerdem beantragte sie den NPD-Kreis-und Stadtrat Jens Gatter zu hören um die Verankerung von Ronny S. in der Naziszene in Nordsachsen auszuloten. Ihr Antrag dürfte abgelehnt werden.
Und so sollten die Hinterbliebenen von André K. und interessierte BeobachterInnen sich nicht zuviel von dem Urteil erwarten und sich vielmehr auf ein weiteres langes juristisches Verfahren einstellen.
Prozessberichte in der Oschatzer Allgemeinen Zeitung:
– Verhandlungstag 2. Juli (pdf)
– Verhandlungstag 4. Juli (pdf)