Nachtrag zur Veranstaltung in Geithain am 6.10.2011

Rund 20 Nazis fanden sich am 6.10. am Bürgerhaus ein, um unter dem Kampagnenlabel „Für Tolerie und Demokranz“ (1)  rumzustehen, Schilder hochzuhalten, die ironisch wirken sollen (z.B. „Gegen Unterfremdung“, „Deutsche vertreiben, Ausländer bleiben“)  und Musik, die dieses Schauspiel unterstreicht, abzuspielen. Das Häuflein hatte sich per Auflagenbescheid in einem ca. 15 qm kleinen, mit Absperrband markierten Bereich verbannen lassen. Nur der Anmelder NPD-Stadtrat Tripp bewegte sich ab und an aus der Absperrung um zu fotografieren. Fotos, die er von den BesucherInnen der FES-Veranstaltung gemacht hatte, musste er auf Geheiß der Polizei wieder löschen. Auch wenn die Aktion eher eigenartig wirkte, muss die Vehemenz der Nazis durchaus ernst genommen werden. Schon zum zweiten Mal störten sie damit eine Veranstaltung, die sich kritisch mit Neonazismus auseinandersetzt. Diese penetrante Präsenz kann dazu führen, dass Menschen aus Angst gar nicht erst kommen und verweist auf die Beharrlichkeit der Neonazis sich in Geithain Raum zu nehmen.

Die Veranstaltung im Bürgerhaus fokussierte sich im Endeffekt auf  den Umgang der Stadt Geithain, vertreten durch Bürgermeisterin Romy Bauer, mit dem Neonaziproblem. Vorher hatte der Referent des Verfassungsschutzes, Dr. Vahrenhold, recht eindrücklich dargestellt, dass der Landkreis Leipzig und explizit auch Geithain zu den Hauptaktionsfeldern sächsischer Neonazis gehören, Gewaltausübung eingeschlossen.
Frau Bauers Rezepte dagegen heißen: Bäume in Israel pflanzen oder Mauern bemalen. Sicher richtige Aktionen, die aber längst keine Strategie gegen das Problem und die schweigende Masse bieten. Sie verteidigte wiederholt, dass sie den Nazis im Rahmen der 825-Jahr-Feier Geithains einen Stand auf dem Stadtfest zugestanden hätten (.. der wäre ja in einer unattraktiven Ecke gewesen und sie hätten nur Kaffee und Kuchen ausschenken dürfen …), verteidigte, dass sie die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten angesichts des regionalen Neonazi-Events „Tag der Identität“ am 13.8. nicht unterstützt hatte und meinte, dass das Jugendhaus R9, das von jungen Leuten, sie sich explizit gegen Nazis engagieren, ein Imageproblem habe etc.
Mit klaren Worten für kontinuierliches und konsequentes Engagement gegen Nazis als Pflicht jeder DemokratIn glänzte Kerstin Krumbholz von der Initiative für ein Weltoffenes Geithain und zahlreiche VeranstaltungsteilnehmerInnen, die Klarheit im Handeln gegen Nazis einforderten. Bernd Gnant, ebenfalls aktiv in der Geithainer Initiative, reagierte auf das Gerede vom Imageproblem des Jugendhauses R9, dass das negative Bild erst durch den Stadtrat geschaffen wurde. Von diesem hatte sich im Bürgerhaus im übrigen keine/r eingefunden.

(1) Hinter dem in Mecklenburg-Vorpommern entstandenen„Netzwerks für Tolerie und Demokranz“ verbirgt sich ein vermeintliches Satireprojekt, mit dem Neonazis in angeblich kreativer Art und Weise versuchen, zivilgesellschaftliche und antifaschistische Initiativen aufs Korn zu nehmen. Erstmals öffentlich in Erscheinung getreten ist die Gruppierung im Mai 2009. Führende Kader der NPD und der seinerzeit bereits verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) versuchten das „Festival der Demokratie“ in Wismar zu stören. Verkleidet als Clowns und bestückt mit Trillerpfeifen und bunten Partyhütchen, wetterten sie mit Flugblättern und einem Transparent mit der Aufschrift „Willkommen in Multikultopia“ gegen Einwanderung und Migration.
Inzwischen gehen die Aktivitäten des „Netzwerks“ über den ursprünglichen harten Kern früherer HDJ-Kader hinaus. So kann sich jede Neonazi-Gruppierung des Labels bedienen und Flyer und Transparente ordern, sofern sie nicht von den führenden Kadern von vor Ort instruiert werden muss. (Quelle: http://a3.blogsport.de/2011/02/17/troeten-gegen-demokroeten/)

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