Mit einem gemeinsamen Antrag, der der Ratsversammlung am 16.6.2010 zur Beschlussfassung vorliegt, wollen die Stadtratsfraktionen DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen eine Trendwende bei der Unterbringung von AsylbewerberInnen und Geduldeten in Leipzig einleiten. Die Initiative entstand, nachdem der Plan der Stadt, in der Wodanstraße eine neue AsylbewerberInnenunterkunft zu errichten und die beiden bestehenden Heime in der Liliensteinstrasse und in der Torgauer Straße zu schließen, Ende 2009 gescheitert war. Sowohl LINKE als auch Grüne hatten das Vorhaben Heimneubau Wodanstraße als inhumanen Rückschritt im Umgang mit MigrantInnen abgelehnt.
Stadträtin Juliane Nagel, die auch im Initiativkreis für die Integration von AsylbewerberInnen aktiv ist, erklärt:
„Mit dem Scheitern der Wodanstraße ist die große Chance entstanden, die Unterbringung von Asylsuchenden in unserer Stadt grundsätzlich zu verändern und dabei dem Massenunterkunfts-System eine Absage zu erteilen, wie es im Übrigen auch der sächsische Ausländerbeauftragte Martin Gillo (CDU) in seinen „Sieben Anregungen für ein weltoffeneres Sachsen“ unlängst empfahl.
Die Lebensbedingungen in den Leipziger Asylheimen sind menschenunwürdig. Die Betroffenen müssen auf Privatsphäre verzichten, werden rund um die Uhr von Wachleuten kontrolliert und leben isoliert von der Wohnbevölkerung und fernab der sozialen Infrastruktur – ein Zustand der zu Depressionen und Konflikten führt. Dies kann eine Gesellschaft wie die unsere nicht zulassen! Der am 16.6.2010 zur Beschlussfassung vorliegende Antrag fordert die Stadt auf, ein Konzept für die Unterbringung von Menschen ohne Aufenthaltstitel zu erarbeiten und dabei Priorität auf Dezentralisierung, d. h. auf individuelle Wohnungsunterbringung, zu legen.“
Die Antragsstellerinnen werben zudem für die Einbeziehung von Akteuren der Flüchtlingsarbeit in den Prozess der Konzepterarbeitung sowie dessen Umsetzung. Dafür soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden, in der die Stadtverwaltung auf einer Augenhöhe mit den entsprechenden ExpertInnen aus Vereinen und Initiativen, die die Bedürfnisse der Betroffenen am besten kennen, sowie dem Migrantenbeirat arbeiten.
„Die Proteste gegen die Neuerrichtung des Heims in der Wodanstraße haben gezeigt, dass Kommunikation und Transparenz in der Arbeitsweise der Stadtverwaltung dringend von Nöten sind.
Insbesondere wenn es um die Lebensbedingungen von Menschen geht, darf nicht über den Kopf der Betroffenen und deren Lobby hinweg geplant und entschieden werden.“ begründet Juliane Nagel. „Es ist Zeit dafür, die Belange derer in den Blick zu nehmen, die ganz am Rande unserer Gesellschaft leben. Selbstbestimmtes, menschenwürdiges Wohnen gehört dazu.“