Erzieher*innen, Fachkräfte der sozialen Arbeit und der Behindertenhilfe kämpfen derzeit für bessere Arbeitsbedingungen, Entlohnung und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Nachdem die zweite Verhandlungsrunde mit den Arbeitgeber*innen ergebnislos verlief, fanden am Gründonnerstag bundesweit Streiks statt. Ich war eingeladen in Leipzig zu sprechen und dokumentiere hier meine Rede:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Dank und Respekt für eure tägliche Arbeit in 355 Kindertageseinrichtungen und Horten mit über 50.000 Kinder allein in Leipzig. Hinzu kommen tausende Kinder und Jugendliche, die von Fachkräften der sozialen Arbeit betreut und begleitet werden
Eure Arbeit ist Basis eines friedlichen Zusammenlebens und des guten Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen und genau das müssen die kommunalen Arbeitgeber*innen auch anerkennen!
Eure Forderungen sind nicht nur legitim, sondern notwendig, eure Arbeitskämpfe müssen auch von der Politik gehört und ernst genommen werden, denn die Politik muss selbst Stellschrauben drehen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und damit auch die Betreuungs- und Begleitungsqualität der Kinder und Jugendlichen zu sichern!
Ich bin seit vielen Jahren als Vertreterin der Linken im Leipziger Jugendhilfeausschuss mit der Situation der Kindertageseinrichtungen, mit der sozialen Arbeit an den Schulen, auf der Straße und in Jugendeinrichtungen beschäftigt. Während die Kommune mit dem Stadtrat im Rücken ihr bestes tut, um im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Situation in den Kita zu verbessern – zum Beispiel mit der Einrichtung von Kinder und Familienzentren, die ein paar mehr Ressourcen zur Verfügung haben, mit Kita-Sozialarbeit, die auch die Erzieher*innen entlasten soll oder aber der Finanzierung berufsbegleitender Ausbildung – beißen wir im Land faktisch auf Granit: Die Kitapauschale stagniert, am schlechten Betreuungsschlüssel wird nicht gerüttelt, viele Aus- und Weiterbildungen im sozialen Bereich sind noch immer kostenpflichtig, Vergütungen gibt es kaum.
Wir stehen in Sachsen und vor allem auch hier in Leipzig vor großen Herausforderungen: die nahenden Altersabgänge im Erzieher*innenbereich, Überlastung und in der Folge auch längere Erkrankungen oder gar Wechsel des Berufsfeldes, die Folgen der Corona-Pandemie und von verhärteten Armutslagen in den Familien, all das müssen die Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen abfangen und bearbeiten. Noch dazu erleben wir gerade eine Fluchtbewegung aus der Ukraine: Kinder und Jugendliche, die ihr zu Hause zurücklassen mussten und Krieg erlebt haben kommen auch in den Kindertages- und Jugendeinrichtungen an. Ihr tragt eine riesige Verantwortung, die Herausforderungen wachsen, aber an handfester Anerkennung mangelt es.
Dabei dürfen wir nicht vergessen: Im Mittelpunkt stehen die Kinder und Jugendlichen und ihr verbrieftes Recht auf Bildung und Förderung. Das schreibt die UN-Kinderrechtskonvention fest. Gute Aufwachsensbedingungen und Bildung brauchen ausreichendes, motiviertes, gut bezahltes Personal.
Zu einem weiteren Thema eures Arbeitskampfes: Der Fachkräftemangel ist kein ausgelutschter Kampfbegriff, er ist bittere Realität. Als LINKE ist uns sehr wohl bewusst, dass wir das Problem nachhaltig nur lösen können, wenn wir die Arbeitsbedingungen und Entlohnung verbessern, wenn wir Quereinstiege in die Berufsfelder ermöglichen, Ausbildungen vergüten und Ausbildungsträger unterstützen!
Aktuell diskutieren wir im Leipziger Stadtrat einen Antrag unserer Fraktion dem Fachkräftemangel in den sozialen Berufen entgegenzuwirken: Durch Personalbedarfsprognosen, ein Förderprogramm zur berufsbegleitenden Ausbildung von Fachkräften der sozialen Arbeit, Personalentwicklungsboni und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Kita-Bereich sowie im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Letzteres richtet sich an Land und Bund.
Und genau diese Ebenen sehen wir in erster Linie in der Pflicht:
Erzieher*innen und Eltern dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden und beide auch nicht gegen die Kommunen. Es ist das Land, das endlich die Kita-Pauschale so gestalten muss, dass Einkommen von Erzieher*innen erhöht werden können, Eltern und Kommunen entlastet werden!
Es ist das Land, das die Rahmenbedingungen für die Betreuung, die Fachkraft-Kind-Relation in der Kita, in den Horten aber z.B. auch in den stationären Einrichtungen der HzE verbessern muss.
Es ist das Land, dass in die Berechnung der Personalschlüssel Urlaub, Krankschreibung, Schwangerschaften einbeziehen muss.
Dafür kämpfen wir auf der politischen Ebene, und stehen an eurer Seite: für die Aufwertung sozialer Arbeit, Mehr braucht mehr!