Leopold-Park adé. Zäsur im Kampf um eine Stadt für alle

Der Leopold-Park ist seit Montag, dem 12.2.2018 Geschichte. Zumindest fast. Es dürfte nur noch wenige Wochen dauern, bis die Bauarbeiten auf dem Grundstück beginnen. Geplant ist der Bau von 94 Wohneinheiten durch einen namentlich nicht bekannten Investor.

Das Los des Leopoldparks ist schon länger bekannt. Bereits im Jahr 2015 geisterte die Information über den Verkauf der Fläche durch die Öffentlichkeit. Für 2,2 Millionen Euro soll die im Flächennutzungsplan für Wohnungsbau vorgesehene Fläche in die Hand des neuen Investors gegangen sein. Der Verkäufer hatte das Fleckchen, das immerhin 5600 qm umfasst, 2004 von der TLG erworben. Bereits 2001 wurde eine Zwischennutzung als öffentliche Grünanlage zwingend festgelegt, wurden Wege angelegt und eine Tischtennisplatte aufgestellt. Diese Nutzung wurde vom alten Eigentümer per Gestattungsvertrag zugelassen und durch Pflegeleistungen vom Amt für Stadtgrün und Gewässer mit Leben erfüllt.

Mitte August 2017 wurde dem neuen Eigentümer die Baugenehmigung erteilt. Die Stadt hatte weder ihr Vorkaufsrecht genutzt, noch den Bestand der Grünfläche oder aber die Schaffung von Sozialwohnungen per Bebauungsplan festgesetzt. Dies einzufordern wäre ein Ziel einer zivilgesellschaftlichen und politischen Intervention gewesen. Und klar: Hier hat der Stadtteil und hier habe auch ich versagt (wobei die politischen Mehrheitsverhältnisse für solche Entscheidungen mehr als fraglich gewesen wären).

Zur Rettung der Fläche vor der prinzipiellen Bebauung und insbesondere der Errichtung von teuren Wohnungen, wie es zu erwarten ist, gab es zwei Initiativen: eine von Parkschützern und die Kampagne „Connewitz für Geflüchtete“. Während erstere schnell wieder von der Bildfläche verschwand, sammelte letztere über Monate 1300 Unterschriften für die Nutzung der Fläche zur Errichtung einer Unterkunft für Geflüchtete.
Beide Anliegen scheiterten.

Vor allem aber fehlte der langatmige Druck für eine grundsätzlich andere Lösung aus der Bewohner*innenschaft in Connewitz. Erst mit dem Tag des Abrisses des Leopold-Parks hitzten sich die Gemüter wieder auf. Berechtigterweise, aber eben zu spät.

Etwa 70 nach § 3 der Baumschutzsatzung „geschützte Bäume“ und ein „Biotopbaum“  wurden am 12. Februar gefällt, zwei Blutbuchen und zwei dutzend weiterer Bäume  sind geblieben. Für die gefällten Bäume muss derEigentümer Ersatzpflanzungen vornehmen und Geld zahlen.
Bis auf weiteres scheint die Fläche allerdings öffentlich zugänglich und in diesem Sinne auch nutzbar, wie ein für den 18. Februar angesetztes „Cornern“ zeigte.

Das Ende des Leopoldparks bettet sich ein in eine Reihe von mehr bzw. auch weniger schleichenden Entwicklungen im Kiez.
Vor kurzem machte das Black Label, leider zu spät, publik, dass sein Freisitz, der sich die Fläche mit dem Viele-Arten-Garten des BUND (der VAGaBUND) teilte, passé ist. Auch hier soll ein Mehrfamilienhaus entstehen. Die Kneipe „Frau Krause“ in der Simildenstraße kämpft schon seit geraumer Zeit mit unverschämten Mieterhöhungen für ihre Räume.
An allen Ecken und Ende in Connewitz wurde und wird gebaut: Ob die neu entstandenen teuren Studentenappartments am Kreuz (Zimmermiete zwischen 400 und 700 Euro), oder die Bebauungen in der Biedermann Ecke Leopoldstraße, an der Scheffelstraße (Ex-Elastic, Warmmiete bei zirka 15 Euro/ qm) oder zukünftig in der Mühlholzgasse/ Wolfgang-Heinze-Straße gegenüber des Leopold-Park. Jede unbebaute Fläche scheint sukzessive in Wert gesetzt zu werden. Hinzu kommen Mieterhöhungen im Bestand oder bei Neuvermietungen. Nicht beendet ist zudem die Auseinandersetzung mit der kommunalen Wohnungsgesellschaft LWB um den Leerzug und die geplante Sanierung von 340 Wohnungen in Connewitz und der Südvorstadt. Die verbliebenden Mieter*innen bangen ganz zurecht um schleichende Entmietung und für sie nicht mehr leistbare Mieten nach der Sanierung.

Es ist klar, dass eine wachsende Stadt Raum zum Wohnen braucht. Doch die Konditionen sind entscheidend: Wer kann sich die entstehenden Wohnungen leisten (selbst mit der Landesförderung für sozialen Wohnungsbau bleibt eine Miete von 6 Euro kalt, was Geringverdiener*innen oder Sozialleistungsempfänger*innen eben nicht zahlen können) und zu welchem ökologischen und ideellen „Preis“? Der Auewald vor der Tür und die zwei Grünflächen um die Ecke nutzen nichts mehr, wenn rund herum alles zugebaut wird. Freiräume für das Zusammenkommen ohne Konsumzwang verschwinden und das soziale Miteinander hat keine Orte mehr.

Es ist in diesem Sinne richtig und wichtig das Verschwinden des Leopold-Parks mindestens als Zäsur für den Kampf um eine Stadt für alle zu markieren und vor allem zu handeln. Solche Interventionen sollten m.e. nicht allein destruktiv sein, sondern mittels breiterer Bündnisse die Stadt zum Handeln (mittels des Nutzens von Vorkaufsrechten, mit Bebauungsplänen, Erhaltungssatzungen, solidarischer Nachbarschaftshilfe und politischer Unterstützung von Mieter*innen) und Investor*innen auch dadurch in die Knie zwingen.

Es ist noch nicht (ganz) zu spät. Versuchen wir das (Un)Mögliche.

Anfragen zum Leopoldpark:

>>> Fraktion DIE LINKE, August 2017

>>> BUND Leipzig, Oktober 2015

>>> Jule Nagel, Mai 2015

3 Gedanken zu „Leopold-Park adé. Zäsur im Kampf um eine Stadt für alle“

  1. Entweder ich bin ein Fan der wachsenden Stadt mit Zuzug aus aller Welt oder ich bin für den Erhalt von Freiflächen. Beides geht nur bedingt zusammen.
    Wo sollen denn aus Ihrer Sicht sonst neue Wohnungen entstehen, wenn nicht auf vorhandenen Flächen in der Stadt?
    Und was die steigenden Mieten angeht: Wie sieht denn ein Lösungsvorschlag Ihrer Partei / von Ihnen persönlich aus? Subvention aus Steuermitteln? Wer erwirtschaftet die Steuern?
    Es handelt sich um komplexe Vorgänge, bei denen das übliche „dagegen-sein“ keine LKösung ist.

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