Am Donnerstag vergangener Woche, dem 23. Juni 16, wurde bekannt, dass ein leer stehendes Gelände in der Arno-Nitzsche-Straße 41 in Marienbrunn, nah an der Grenze zu Connewitz, von Menschen genutzt wird. Die nun drohende Räumung will das „Black triangle“-Kollektiv abwenden.
Ziel der nach eigenen Angaben bereits fast drei Wochen andauernden Inbesitznahme ist es, „die Fläche mit unseren Ideen und Träumen wiederbeleben und allen, die es wollen, die Möglichkeit [zu] geben, sich einzubringen und das Gelände sowie das darauf stehende Gebäude zu gestalten“.
Das Gelände liegt direkt an den S-Bahn-Gleisdreieck, umfasst eine große Freifläche und einen großen Gebäudekomplex, der bereits jetzt teilweise mit Sinn erfüllt wird. Geplant seien auch Probe-, Sport- und Werkstatträume.
Trotz Aufforderung der Bahn das Gelände bis zum 26. Juni 23.59 Uhr zu räumen, ist bis zum jetzigen Zeitpunkt kein Zwang angewendet worden. Selbstinitiative Gespräche zwischen den das Gelände Nutzenden und der Bahn über eine legale (Zwischen)Nutzung verliefen im Ergebnis allerdings negativ. Dem Vernehmen nach sucht die Bahn selber nach einem Investor und ist für eine soziokulturelle Nutzung offen. Die Vorstellungen über das, was eine soziokulturelle Nutzung ausmacht und wie an ein solches Projekt herangegangen wird, dürften allerdings stark auseinandergehen.
Seitdem eine größere Öffentlichkeit auf die bis dahin „stille Besetzung“ aufmerksam wurde, herrscht eine solidarische Stimmung. Unmittelbare Nachbar*innen sympathisieren, Bewohner*innen des Connewitzer Kiezes kommen regelmäßig vorbei, ab und zu gibt es auch (fehl-)alarmistische Meldungen über anstehenden Räumungen über die sozialen Netzwerke. Hier und da wird auch Vergleich mit der Räumung der Rigaer Straße in Berlin gezogen, der sich schon in unverhofften, aber nicht mitbestimmten „Solidaritätsaktionen“ (brennender Bahnwagon, laut Bekenner*innenschreiben vom 28.6.2016) zeigte. Dass der Vergleich im Hinblick auf den Verlauf hinkt und in starker Projektion verharrt, ist für alle, die sich informieren, sicher offensichtlich. Die Gemeinsamkeit ist strukturell und besteht in der Existenz des Kapitalismus und der damit einhergehenden profitorientierten Verwertung von Immobilien bzw. Grundstücken.
Dass die Bahn sich nicht auf eine rein gemeinwohlorientiert sinnvolle Nutzungsoption durch die jungen Leute einlässt, nur weil diese ein ungenutztes, schwer verwertbares Gelände in Nutzung (und übrigens auch ins Licht der Öffentlichkeit) gebracht haben, scheint aus mehreren Perspektiven, die jenseits der in Bezug auf die in Rede stehende Fläche sowieso schwierige Verwertungsoption liegen, wenig rational. Als ob Leerstand besser wäre als Menschen die Möglichkeit zu geben, Flächen zu nutzen, um diese mit Leben und Kreativität zu erfüllen. Manch einer hat genau aus diesem Zwischennutzungsmodell bereits ein Geschäft gemacht, ein Modell, dem an dieser Stelle jedoch nicht das Wort geredet werden soll.
Was bleibt ist eine nunmehr auch nach zwei Tagen ausbleibende Räumung und die Option Wege zu finden, um die Nutzung der „AN41“ nicht allein zum linken Ferienlager mit Action-Erweiterung werden zu lassen. Notwendigkeiten für linke Freiräume gibt es vor allem jenseits der Party- und Konzert-Orte. Die Asylrechtsverschärfungen der letzten Monate rufen nach Orten, die Raum für die praktische Überwindung des Grenzegimes – in materieller Form und dem in den Köpfen – bieten.