Sozialer Wohnungsbau in Sachsen: zu spät & zu wenig

Am Mittwoch, dem 22.6.2016, hat der Sächsische Landtag den Weg für soziale Wohnraumförderung frei gemacht. Dies ist längst überfällig, wird für die Ballungsräume Leipzig und auch Dresden allerdings nicht ausreichend sein, meine ich: 

Es ist schon merkwürdig, wenn die sächsische schwarz-rote Koalition sich feiert, dass sie in einem überaus vorsichtig und unkonkret formulierten Antrag ankündigt, Bundesmittel für das zu verwenden, wofür sie auch gedacht sind.

Sachsen ist bundesweit Schlusslicht in Sachen sozialer Wohnraumförderung. 2013 waren laut Antwort auf eine Anfrage der sächsischen Bundestagsabgeordneten Caren Lay nur noch 7.000 von einstmals über 200.000 Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung (sogenannte Sozialwohnungen) übrig. In Leipzig sind es inzwischen nur noch 319. Gleichzeitig gehört Sachsen zu einem der wenigen Bundesländer, in denen im Jahr 2013 und 2014 keine einzige neue Sozialwohnung neu gebaut wurde. Der Freistaat hat in dieser Zeit Bundesmittel – jährlich 59 Millionen Euro – nicht ausgeschöpft oder nicht zielführend ausgegeben, zum Beispiel für die Förderung von Eigenheimen. 2013 wurden nur 22,4 Millionen ausgegeben, 2014 nur 36,3 Millionen, aber eben nicht für sozialen Wohnungsbau!

Jetzt, wo der Druck insbesondere in den Großstädten wächst, lässt sich die Regierungskoalition endlich zum Jagen tragen – viel zu spät. Auch die LINKE weist seit einigen Jahren auf die Dringlichkeit staatlicher Förderung für bezahlbares Wohnen hin.

Die zu erwartenden Mittel aus Dresden sind Bestandteil der Förderung in Höhe von 500 Millionen Euro, die der Bund den Ländern bis 2019 zur Verfügung stellt. Heruntergerechnet bekäme Sachsen damit jährlich 25 Millionen Euro. Das dürfte unterm Strich lediglich für wenige hundert Wohnungen – ob Modernisierung oder Neubau – reichen.

Für die Stadt Leipzig wird nur ein Teil des Kuchens abfallen. Die wachsende Stadt, in der das Mietniveau in den letzten Jahren gestiegen ist, braucht dringend neue bezahlbare Wohnungen. Auch wenn man nicht so optimistisch wie die jüngste Bevölkerungsprognose der Stadt Leipzig herangeht und nur 100.000 statt 150.000 neue BewohnerInnen bis 2030 ansetzt, hat das gravierende Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Pessimistisch gerechnet müssten jährlich 3.000 neue Wohnungen gebaut werden und davon die Hälfte Sozialwohnungen. Dafür werden die avisierten Fördermittel des Landes keineswegs ausreichen.

Oberbürgermeister Burkhard Jung machte gegenüber dem Uniradio Mephisto jüngst „eine einfache Rechnung auf“: „Mit 15 Millionen Unterstützung, das ist, was der Freistaat Sachsen derzeit für die Städte Dresden und Leipzig vorgesehen hat, kann man 200 Sozialwohnungen bauen.“ (http://mephisto976.de/news/kulanz-plus-minus-100000-menschen-55192)

Ergo: Die Ankündigung des Freistaates, wieder in die soziale Wohnraumförderung einzusteigen, bleibt gelinde gesagt ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Effekte für den Leipziger Wohnungsmarkt werden marginal sein.

Was es braucht, ist eine bedarfsgerechte Landesförderung für Sozialwohnungen. Zudem muss endlich eine Debatte über langfristig bezahlbaren Wohnraum anstelle der derzeit gängigen Form der zeitlich befristeten Preis- und Belegungsbindungen geführt werden. Eine Form ist die Wiedereinführung eines gemeinwohlorientierten Wohnungssektor, der dauerhaft soziale Bindungen und preisgünstige Wohnungen garantiert. Ein erster Schritt dazu wäre, die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau nicht in erster Linie an die privaten Wohnungsunternehmen, sondern an die Leipziger Wohnungsbaugesellschaft (LWB) und die Wohnungsgenossenschaften auszureichen.

PM 24. Juni 2016

5 Gedanken zu „Sozialer Wohnungsbau in Sachsen: zu spät & zu wenig“

  1. Wir fassen also zusammen: Geschätzt 2000 neue Sozialwohnungen werden in Leipzig wegen des starken Bevölkerungswachstums pro Jahr benötigt, es werden aber nur 200 gebaut.

    Damit fehlen unterm Strich jedes Jahr 1800 Sozialwohnungen. Personen die darauf angewiesen sind, müssen demzufolge in teurere Wohnungen ziehen, die sie eigentlich nicht bezahlen können oder die Stadt verlassen.

  2. Kann es sein dass die Stadt für den sozialen Wohnungsbau nur 10% der tatsächlich benötigten Bauflächen vorhält und so statt Sozialwohnungen hauptsächlich Luxuswohnungen entstehen?

  3. Also alles noch schlimmer als gedacht?

    Sozialer Wohnungbau sollte doch bedeuten, dass die Wohnungen auch KDU fähig wären, zumindest ein wesentlicher Anteil und das diese Wohnungen überall in der Stadt verteilt gebaut werden, damit eine Durchmischung der wohlhabenderen und ärmeren Bevölkerungsschichten gewährleitet wird und keine Ghettos entstehen?

    Wieviele Sozialwohnungen werden denn aktuell oder ab diesen oder nächstens Jahr z.B. in der Südvorstadt, Connewitz oder auf dem freien Gelände vom Bayrischen Bahnhof gebaut?

    Um den eine gute Durchmischung und eine ausreichende Anzahl von Sozialwohnungen zu bauen müsste der Anteil der Sozialwohnungen bei 20-40% aller neu gebauten Wohnungen betragen.

    Hier in der Südvorstadt wurden in den vergangenen Jahren ca. 30-50 neue Betonhäuser gebaut? Für Mieten von 8-12Euro/m² Um den hohen Bedarf an Sozialwohnungen zudecken sollten davon 10-20 Häuser für Sozialwohnungen vorgesehen seihen.

    Ich befürchte jedoch das kein einziges dieser 30-50 Häuser Sozialwohnungen beeinhaltet.

    Unterm Strich eine totale Fehlentwicklung?

  4. Kann der Stadtrat die soziale Bodennutzung nicht für ganz Leipzig verpflichtend festschreiben?

    Das z.B. mind. 30% des Baulandes für sozialen Wohnungsbau genutzt werden müssen? Das geht acuh bei hochwertigen Immobilien, oftmals können Erdgeschosswohnungen oder Dachgeschosswohnungen mit ungünstiger Lage zu einer Straße etc. kostengünstiger zur Vermietung angeboten werden als die Wohnungen in einem Haus mit perfekter Ausrichtung nach Westen mit einem schönen Balkon auf dem man zum Feierabend die Sonne genießen kann….

    Es gibt also viele Gründe die dafür sprechen, dass der Stadtrat ordentlich Druck macht???

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