Immer mehr junge Menschen immer länger in der Erstaufnahme – auch die neue Koalition verweigert Bildung

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in den sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind, wächst: Sie stieg zwischen dem 30. Juni 2019 und dem Jahresende von 437 auf 497. 282 von ihnen sind im schulpflichtigen Alter (zum Halbjahr 2019: 244). Auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter, die sich länger als drei Monate in den Erstaufnahmeeinrichtungen aufhalten müssen, ist um 76 auf 159 gestiegen. Dies ergeben die Antworten auf meine Kleine Anfrage (Drucksache 7/1177):

„Die Zahl der geflüchteten Kinder und Jugendlichen, die keinen Zugang zu Kita oder Schule haben, steigt weiter, ohne dass sich die Staatsregierung ernsthaft um Abhilfe bemüht. Zwar startete im Herbst 2019 das ,Lernangebot für Kinder und Jugendliche in Erstaufnahmeeinrichtungen‘, aber auch das ist kein adäquater Schulersatz. Das pädagogische Personal, das explizit kein Fachpersonal ist, ist bei den Betreibern der Unterkünfte und nicht beim Kultusministerium angesiedelt. Das zugrundeliegende ,Curriculum‘ ist eher ein Orientierungsangebot als ein pädagogisches Konzept und widerspricht den Anforderungen des Sächsischen Schulgesetzes (vgl. Stellungnahme der Rechtsanwältin Anna Toth<http://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de/wp-content/uploads/2018/09/Stellungnahme-Bildung-EAE-Sachsen-Toth.pdf> im Auftrag der GEW und des Sächsischen Flüchtlingsrates e.V.)

Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Freistaat mit dieser Verfahrensweise zur Schulpflicht für geflüchtete Kinder Recht bricht. Die EU-Aufnahmerichtlinie schreibt den Mitgliedsstaaten vor, Kindern und Jugendlichen nach spätestens drei Monaten den Zugang zum Bildungssystem zu gewähren. Dabei muss das Bildungsniveau dem der Regelsysteme entsprechen. Eine „Schule light“ wie in Sachsen widerspricht der EU-Norm und auch dem grundgesetzlich verbrieften Diskriminierungsverbot.

Im Koalitionsvertrag kündigen CDU, Grüne und SPD an, den ,Schulbesuch für geflüchtete Kinder und Jugendliche perspektivisch nach 4 Monaten‘ zu ermöglichen. Allein diese Zielsetzung, die mit dem Zusatz ,perspektivisch‘ auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verwiesen ist, verstößt gegen EU-Recht und widerspricht dem Recht auf Bildung. Wir fordern schnelles Handeln und haben dazu Vorschläge gemacht.“

PM 10. Februar 2020

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