Am 22.3. kandidierte ich als stellvertretende Vorsitzende der Leipziger Linkspartei. Hier dokmentiere ich meine Rede, die meine politischen und methodischen Ansätze darstellt. Das Angebot wurde von den Delegierten der Leipziger Partei nicht angenommen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich habe mir die Entscheidung zur Kandidatur als stellvertretende Vorsitzende der LINKEN Leipzig nicht einfach gemacht. Für mich war und ist die Arbeit an der Basis, sowohl in der Partei, in den Stadtteilen, in Bündnissen und Initiativen zentral. Mit genau dieser Arbeit habe ich das Profil unserer Partei in den vergangenen 15 Jahren meines Engagements mit zu prägen versucht. Dabei ging es zu allererst um den Kampf gegen Neonazistrukturen und menschenfeindliche Ideologien. Von Christian Worch bis hin zur Etablierung der Nazigruppe „Freie Kräfte“ und der Reorganisation der NPD, dem rassistischen Mord an Kamal über die Eröffnung des Nazizentrums in der Odermannstraße, die Thor-Steinar-Filiale in der Innenstadt bis hin zu den regelmäßigen Aufmärschen, habe ich versucht, Contra zu geben. Dabei war ich nie allein, sondern Seite an Seite mit vielen Akteuren aus Zivilgesellschaft, Antifagruppen und auch mit Genossinnen und Genossen unserer Partei. Wir haben diese Erscheinungen aufmerksam beobachtet, öffentlich gemacht und letztlich Widerstand organisiert. Und wenn wir uns die letzten Jahre ansehen denke ich können wir auch sagen: wir waren ziemlich erfolgreich.
In den vergangenen Jahren ist vor allem auch die Flüchtlingspolitik in meinen Fokus gerückt. Erfolgreich habe ich mitgewirkt menschenwürdigere Lebensbedingungen für Menschen, die häufig auch wegen Kriegen aus ihren Ländern flüchten mussten, zu erstreiten. Und ich habe mich mit aller Kraft gegen rassistische Stimmungsmache gestellt, die eben nicht nur von organisierten Nazis, sondern leider auch aus der Mitte unserer Gesellschaft kommt.
Doch es sind auch die Kinder- und Jugendpolitik und Themen wie Grund- und Freiheitsrechte, alternative Kultur- und Freiräume und Wohnen, für die ich einstehe, und zu denen ich im Stadtrat, in Partei-Strukturen, aber auch in Bündnissen wie „Stadt für alle“ oder der Global Space Odyssey arbeite.
Mit meiner Kandidatur möchte ich euch anbieten genau diese meine Themen und vor allem meine Art und Weise Politik zu machen – nämlich partizipativ, kommunikativ und zusammen mit Bündnispartnerinnen und -partnern – an der Spitze unserer Stadtpartei zu vertreten.
Ich kandidiere auch, weil ich für die Integration der verschiedenen Gruppierungen und Ansätze in unserer Partei eintrete.Das wünsche ich mir nicht nur von unserem Stadtverband, nein, dies ist auch ein Anspruch an mich selbst.
Liebe Genossinnen und Genossen, ich stehe für eine moderne und emanzipatorische linke Partei, die es schafft in einer Großstadt mit sich ausdifferenzierenden Lebenslagen und Lebensweisen, für viele Menschen ansprechend zu sein.
In der Armutshauptstadt Deutschlands – Leipzig hat hier den traurigen Platz 2 nach Dortmund – sind es oft prekäre Lebens- und Arbeitsbedingungen, die die verschiedenen Bevölkerungsgruppen verbinden. Nicht nur da merken wir: Die soziale Frage ist nach wie vor von höchster Relevanz. Und wir sind die Partei, die den Anspruch nach gleichberechtigter sozialer Teilhabe für alle in den Mittelpunkt stellt und ihn gleichzeitig mit dem Anspruch auf Freiheit und Solidarität verbindet.
Wir stehen hier in Leipzig vor der wirklich schwierigen Herausforderung mit unserem Dreiklang – Gleichheit, Freiheit und Solidarität – sehr verschiedene Menschen und Gruppen ansprechen zu müssen. Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, junge Familien, Erwerbslose und von Armut betroffene Menschen, die Beschäftigten in der Stadtverwaltung, alternative Milieus, Bauchlinke und DDR-Sozialisierte. Und ich glaube man merkt an der Aufzählung: das ist alles andere als leicht.
Ich glaube auch nicht, dass wir Genossinnen und Genossen haben, die alle diese Menschen gleichermaßen gut erreichen können. Aber jede Genossin und jeder Genosse hat zu bestimmten Milieus einen besonders guten Zugang, ist dort verankert und bekannt.
Aber was ist die Schlussfolgerung?
Erstens: Ich denke, unsere Partei muss auf allen Ebenen ihre eigene Pluralität und Verschiedenheit zeigen. Egal ob in Fraktion, Stadtvorstand, oder bei Veranstaltungen. Die Vielfalt in unserer Partei ist keine Schwäche, sondern eine Stärke.
Zweitens: Wir müssen mit einer guten Mischung aus Offenheit und Neugier und bewährten politischen Konzepten nach außen treten. Fragend schreiten wir voran, so der Leitspruch der Zapatistas.
Drittens: In unserer Mitgliedschaft gibt es vielfältige Kompetenzen und Potentiale. Diese müssen aus meiner Sicht stärker aktiviert und auch gewertschätzt werden. Wir können und sollten es uns nicht leisten kreative, konstruktive oder manchmal auch verrückteVorschläge und Ideen auszuschlagen oder einfach wegzustimmen. Wir sind darauf angewiesen, dass Menschen sich aktiv an unserer Partei beteiligten, mitgestalten und auch mal Gewissheiten gegen den Strich bürsten. Hier sind immer wieder Austausch und der kulturvolle Disput miteinander gefragt Lösungen zu finden, hinter denen sich alle vereinen können.
Genau diesen Herausforderungen will ich mich als stellvertretende Vorsitzende annehmen und kann dabei auch aus meiner langjährigen Praxis aus dem linXXnet schöpfen.
Liebe Genossinnen und Genossen! Die Basiskonferenzen, die wir im vergangenen Jahr und Anfang diesen Jahres im Liebknecht-Haus durchgeführt haben, boten Gelegenheit in offener Atmosphäre verschiedene Ideen für den Wahlkampf, für die innerparteiliche Kommunikation und Zielgruppenansprache auszudenken und zu diskutieren. In meinen Augen stehen diese Basiskonferenzen für ein neuen Stil des gemeinsamen Arbeitens, sie waren wichtige Schritte hin zu einem basisdemokratischeren und bewegten Parteileben. Diese Formen des innerparteilichen Austauschs sollten aus meiner Sicht unbedingt weitergeführt werden. Auch mit dem Linkscafe im Süden, dem politischen Stammtisch in Altwest, dem Netzwerk Schlindewitz oder der Jungen Linken Nordost sind hier bereits beispielhafte Versuche am Laufen neue Zielgruppen und verschiedenste Mitglieder anzusprechen undneue Anknüpfungspunkte zu unserer Partei zu schaffen.
Liebe Genossinnen und Genossen, ich habe über die vielen Jahre mit euch und vielen anderen wichtige Schritte genommen und viele Erkenntnisse und Erfahrungen gewonnen. Ich werde, auch als stellvertretende Vorsitzende der Linken in Leipzig – so ihr mich wählt – auf meine Art und Weise bodenständig bleiben, fleißig und engagiert, unbequem, aber konstruktiv, kritisch, aber solidarisch. Und immer auf dem Boden unseres Parteiprogrammes.