Drogenkonsumraum in Leipzig

img_20170102_210245324Schon vor vielen Jahren war die Einrichtung eines Drogenkonsumraums in Leipzig Thema. Doch die Einrichtung scheiterte schon damals an Landes- und Stadtpolitik. Seit geraumer Zeit wird im Osten der Stadt wieder über einen Drogenkonsumraum als sozial-, gesundheits- und auch ordnungspolitisches Instrument diskutiert.

Bereits im Jahr 2000 forderte die Vorgänger-Partei der LINKEN, die PDS, die sächsische Landesregierung auf von der Möglichkeit des § 10a Betäubungsmittelgesetz Gebrauch zu machen und per Verordnung die Einrichtung von Drogenkonsumräumen in Sachsen zu ermöglichen. Das Bundesgesetz war seinerzeit dahingehend novelliert worden und gibt den Bundesländern eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage in die Hand.
Bereits damals lehnte das sächsische Sozialministerium das Ansinnen ab, denn es gäbe aus ihrer Sicht keinen Bedarf. Damals wie heute ist es die Stadt Leipzig, die aufgrund der hohen Zahl von Konsumierenden illegalisierter Substanzen für ein solches Angebot infrage käme.
Auf einen erneuten Antrag der Linksfraktion im Landtag im Jahr 2012 erfolgte erneut eine Ablehnung mit dem Zusatz, dass auch die Landkreise und Kreisfreien Städte sowie Träger von Suchthilfeangeboten keinen Bedarf an einer solchen Einrichtung hätten.
Die Fronten scheinen klar.
Im Jahr 2016 allerdings kam in Leipzig, explizit im Leipziger Osten erneut eine Diskussion auf, in der die Forderung nach Einrichtung eines Drogenkonsumraums erhoben wurde und wird. Hintergrund sind die weiterhin hohe Zahl von KonsumentInnen illegalisierter Drogen, insbesondere Opioide (vor allem Heroin) und Stimulanzien (vor allem Crytal Meth).
Unter anderem im Suchtbericht 2016 werden die Bemühungen zum Umgang mit dem Drogenkonsum im öffentlichen Raum im Leipziger Osten beschrieben. Dabei wird auch dargestellt, dass sich der Konsum von illegalisierten Substanzen „verstärkt in den öffentlichen Raum rund um die Eisenbahnstraße verlagert“ hätte. Dies sei auch der „zunehmenden Gentrifizierung und dem damit einhergehenden Verschluss und der Sanierung ehemaliger Abrissgebäude sowie der Umgestaltung von vorhandenen Grünflächen“ geschuldet. Durch diverse Maßnahmen im Schwerpunktgebiet Otto-Runki-Platz/Konstantinstraße/Jonasstraße/Elsapark (z. B. polizeiliche Maßnahmen und radikaler Rückschnitt des Baum- und Buschbestandes der Grünflächen) sei es erneut zu einer weiteren Verlagerung in die nähere Umgebung gekommen. An den Treff- und Konsumorten sind Spuren des Drogenkonsums wahrzunehmen, vor allem Spritzen, die zu Verletzungen und Ansteckung mit Krankheiten führen können.
Sowohl AnwohnerInnen, Eltern aus der Kita in der Koehlerstraße als auch andere Stadtteilakteure appellier(t)en vor diesem Hintergrund an Stadt und Polizei einen Drogenkonsumraum zu ermöglichen. Damit könnte einerseits der Konsum im öffentlichen Raum samt Nebenwirkungen wie herumliegenden Spritzen eingedämmt werden, vor allem könnte damit aber negativen, vor allem körperlichen und psychischen, Auwirkungen des Drogenkonsums („harm reduction“) vorgebeugt werden. Zudem kann ein Konsumraum auch gesundheitliche Versorgung, weiterführende soziale und psychosoziale Beratung der Abhängigen leisten.
Der Zugang zum Drogenkonsumraum müsste laut Gesetz reguliert werden, sowohl der Handel als auch das Mitführen von Drogen über den „Eigenverbrauch in geringer Menge“ wären verboten. (Einen guten Überblick über Regularien und Anforderungen bietet u.a. das Konzept für den Drogenkonsumraum in Düsseldorf download pdf)

Fakt ist: Die Einrichtung eines Drogenkonsumraums wäre kein revolutionärer Akt, aber eine wichtige Maßnahme im Sinne der Schadensminimierung von abhängig Drogenkonsumierenden. Aktuell gibt es bundesweit 24 Drogenkonsumräume in 15 Städten und  6 Bundesländern. Ob ein solcher Raum zwingend im Leipziger Osten eingerichtet werden müsste, wäre offen zu diskutieren.
Den nächsten Schritt muss nun aber die Stadt Leipzig machen, sich den in diesem Jahr erhobenen Forderungen zu öffnen, eine offene fachliche und gesellschaftliche Diskussion entfachen, an deren Ende eine Initiative in Richtung Freistaat stehen könnte.

Für die Stadtratssitzung am 18. Januar 2017 hat die Linksfraktion im Stadtrat eine Anfrage an den Oberbürgermeister eingereicht, die ein weiterer Baustein in der aktuellen Debatte ist:

Verdrängung von Drogenkonsumierenden aus dem öffentlichen Raum und Errichtung eines Drogenkonsumraums

[…] Verschiedene Akteure aus dem Leipziger Osten – so zum Beispiel der Elternrat und Eltern des Montessori-Kindergartens in Reudnitz – machen sich mittlerweile für die Errichtung eines Drogenkonsumraumes als Alternative zur Verdrängungsspirale stark. Damit könnte ein Anlaufpunkt für Drogenabhängige geschaffen werden, an dem Angebote der „harm reduction“ sowie der Beratung und soziale Arbeit stattfinden könnten.

Wir bitten um Beantwortung folgender Fragen:

  1. Welche weiteren Maßnahmen erwägt die Stadt Leipzig, um auf die Folgen des Drogenkonsums im öffentlichen Raum zu reagieren?
  2. Inwieweit hält es die Stadt Leipzig für zielführend, dass im öffentlichen Raum Drogenkonsumierende zum Beispiel durch Rückschnitt der Grünbestände und polizeiliche Maßnahmen immer weiter verdrängt werden?
  3. Was kann aus Sicht der Stadt das Ziel dieser Verdrängungsstrategie sein, die im Endeffekt zu einer Verlagerungsspirale der Drogenszene führt?
  4. Sieht die Stadt Leipzig in Leipzig Bedarf für einen Drogenkonsumraum?
  5. Beabsichtigt der Oberbürgermeister sich – wie aus der BürgerInnenschaft angeregt – an die Sächsische Staatsregierung zu wenden, um eine Landesverordnung für den Betrieb von Drogenkonsumräumen zu erbitten?

Bild: Drogenkonsumräume in Frankfurt/ Main

3 Gedanken zu „Drogenkonsumraum in Leipzig“

  1. Drogensüchtige, egal ob harte Drogen, Alkohol oder Internetsuch, sind kranke Menschen, die professionelle Hilfe brauchen um ihr Leben wieder frei – frei von der Droge – gestalten zu können.

    Je näher und intensiver die professionelle Hilfe an die Konsumenten kommt, desto besser für unsere Gesellschaft.

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