Eine ungewohnt heftige Debatte ist in diesem Jahr um die Kita-Planung 2012 entsponnen, sichtbar auch an der Präsenz von Eltern, Beschäftigten, Freien Trägern und Kindern – vor der Ratsversammlung.Rede zur Bedarfsplanung Kindertagesstätten 2012, Ratsversammlung am 17.11.2011
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Vor uns liegen verschiedene Problemkreise, die für Unmut sorgen.
Zum einen ist da das wohl größte Problem der Finanzierung, das uns in der Vorlage zu den Elternbeiträgen heute auch noch beschäftigen wird.
Da ist weiterhin das Problems des Umgangs der Verwaltung mit den Freien Trägern von Kindertagesstätten. Und schließlich beschäftigt uns die Frage der Anpassung der Kita-Infrastruktur an den tatsächlichen Bedarf.
2099 neue Plätze sollen im Jahr 2012 geschaffen werden, davon ein Großteil – nämlich 957 – im Kindergarten-Bereich. Auch wenn die Zahl gewaltig klingt, wird dem Bedarf damit nicht entsprochen werden, im Gegenteil, das Defizit an Plätzen für Kinder ab 3 Jahren wird sich im kommenden Jahr verdreifachen! Da nutzt auch die tatsächlich hohe Bedarfsquote von 92%, die der Planung zugrunde liegt, nichts. Schaut man sich die Zahlen an, kommt man auf ein Defizit in Höhe von 1802 Plätzen zum Januar 2012, das im Laufe des Jahres auf 782 abgeschmolzen werden soll, aber eben bei weitem nicht verschwindet! Durch alle Stadtbezirke zieht sich die Differenz zwischen Platzbedarf und Angebot im Kindergartenbereich. Besonders krass ist es im Süden, wo laut Bedarfsplanung 2012 über 100 Plätze fehlen werden, genauso wie im Norden und Westen.
Um dem Problem fehlender Kindergartenplätze Herrin/Frau zu werden – schließlich gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz – will die Stadt 800 Krippenplätze über einen Teil des Jahres durch Kindergartenkinder belegen.
Angesichts des akuten Platzmangels, mag diese Maßnahme einleuchten. Das Problem wird damit allerdings nur verschoben und keineswegs gelöst. Vielmehr steuert die Stadt damit ins nächste Dilemma, denn für Kinder ab 1 Jahr tritt Mitte 2013 der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz in Kraft. Das heißt, dass auch in diesem Bereich weiter aufgesattelt werden muss, auch angesichts der anhaltend hohen Geburtenzahlen.
Die Umwidmung von Krippenplätzen in Kindergartenplätze wurde im Jugendausschuss heftigst diskutiert. Viele Freie Träger beklagten, dass das Amt für Jugend, Familie und Bildung in Größenordnungen Krippen- in Kitaplätzen umgewandelt hat, ohne Rücksprache zu halten.
Diese Umwidmung kann weitreichende Konsequenzen haben, denn ein Krippenplatz ist mehr als doppelt so teuer als ein Kindergartenplatz, was vor allem mit dem differenten Betreuungsschlüssel zu tun hat. Die Träger befürchten, dass in der Folge Zuschüsse sinken, sie in der Konsequenz Personal entlassen und bereits abgeschlossene Verträge für Krippenplätze kündigen müssen.
Der Jugendhilfeausschuss hat sich dieser Problematik intensiv gewidmet und dafür plädiert, dass die Platz-Planungen weiterhin flexibel und in Absprache zwischen Verwaltung und Freien Trägern von Statten gehen sollen. Dankenswerterweise hat die Stadtverwaltung den Beschluss übernommen und damit zugleich signalisiert, dass sie kooperativ und kommunikativ mit den Freien Trägern umgehen will.
Ein solcher, verlässlicher, transparenter und fairer Umgang der Verwaltung mit den Freien Trägern ist unabdingbar und liegt meiner Fraktion am Herzen. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass fast 80 % der Kindertageseinrichtungen von Freien Trägern betrieben werden. Diese gewährleisten also den übergroßen Teil der Kindertagesbetreuung in unserer Stadt. Wir erwarten Offenheit und Fairness auch bei der Aushandlung der neuen Verträge, die die Stadt mit den Trägern über die Übertragung von Betrieb und Finanzierung von Kindertagesstätten abschließen will. Durch die Kündigung der Verträge und Unklarheit über deren Neugestaltung ist viel Porzellan zerschlagen worden.
Trotzdem die angespannte Stimmung zwischen Freien Trägern und Verwaltung etwas gelockert werden konnte, kann meine Fraktion der Kitabedarfsplanung 2012 nicht zustimmen. Wir können nicht verantworten mit einem solch großen Defizit zu planen, wie es in der Vorlage ausgewiesen ist. Das konsequente Benennen dieser Problemlage finden wir gut, doch wir erwarten Lösungen, sprich noch größere Bemühungen bei der Schaffung von neuen Kitaplätzen. In diesem Zusammenhang begrüssen wir die Idee, Kosten bei Planung und Bau von Kita durch die Mehrfachnutzung von Planungen zu minimieren.
Wir sind zudem gespannt auf das inzwischen öffentlich vorgestellte Entwicklungskonzept für das Kindertagesstättennetz 2015, das eine „Eine bedarfsgerechte Versorgung mit Kitaplätzen“ und gezielte Investitionen in Stadtteilen mit hohem Bedarf verspricht.
Sehr geehrte KollegInnen, sehr geehrter Prof. Fabian. Wir sehen durchaus die finanzielle Belastung, die durch die kontinuierliche Erweiterung der Kita-Infrastruktur auf die Stadt Leipzig zukommt. 182 Millionen Euro wird der Etat in 2012 umfassen.
Wir sprechen uns an dieser Stelle zum wiederholten Mal für eine Trendwende bei der Finanzierung von Kindertagesstätten aus und bitten alle demokratischen Fraktionen und engagierte Eltern den Druck auf den Freistaat Sachsen zu erhöhen. Es kann nicht sein, dass die Kommune und die Eltern in diesem Bereich die finanzielle Hauptlast tragen und die Freien Träger von Kita vor dem Hintergrund des kommunalen Finanzierungsdruckes finanzielle Einschnitte hinnehmen müssen. Im nächsten sächsischen Doppelhaushalt (2013/2014) muss die Kitapauschale, die trotz steigender Personal- und Sachkosten seit mehr als sechs Jahren bei 1875 Euro stagniert, endlich auf 2400 Euro pro Jahr und Kind erhöht werden.