Wagenplätze in Leipzig sind knapp und die bestehenden zum Teil prekär. Nach Versuchen auf kooperativem Wege eine Fläche für einen neuen Wagenplatz in Leipzig zu bekommen, besetzen Aktive seit mehreren Tagen einen Radweg in Plagwitz. Sie fordern von der Stadt Leipzig Unterstützung bei ihrer Suche (UPDATE 7.11.)
Am heutigen Montag wurde nun die Polizei auf die Aktion aufmerksam und kam im Schlepptau mit dem Ordnungsamt zum Ort des Geschehens. Im Raum steht nun eine Duldung der Aktion für einen begrenzten, recht kurzen Zeitraum. Grund: die Wagen würden unberechtigt auf öffentlichen Plätzen parken. Und übernachten etc. wäre dort erst recht nicht erlaubt (siehe auch § 2 und 7 Polizeiverordnung Leipzig download als pdf:).
Bereits im Jahr 2000 gab es in Leipzig Proteste wegen der Kündigung des Wagenplatzes in der Windscheidstraße. Nach zahlreichen Kommunikations- und zähen Verhandlungsversuchen wurde im November 2001 der Platz vor dem Neuen Rathaus besetzt. Im Ergebnis konnten die Wagenplätze Fockestraße und Großzschocher erkämpft werden.
Während damals vor allem auch über die Legitimität der Wohnform in Wagen diskutiert wurde, scheint gegenwärtig das Problem der Gewährung von Flächen für solche Projekte, die für EigentümerInnen nicht in erster Linie rentabel sind, im Zentrum zu stehen.
Nicht zu vergessen sind auch Lethargie und Desinteresse der zuständigen Ämter der Stadt.
Update 7.11. Das für den 7.11 gesetzte Ende der Duldung der Radweg-Besetzung wurde von der Stadt ausgesetzt. Scheinbar ist von ihrer Seite keine Eskalation gewollt, was zu begrüßen ist. Stattdessen soll nun in Gesprächen mit den WagenburglerInnen nach einem temporären Ersatzplatz gesucht werden. Bis dahin können die Menschen auf den Flächen hinter dem Zentrum Gieszer 16 bleiben.Ob die Gespräche zu einer langfristigen Lösung, sprich der Etablierung eines dauerhaften neuen Wagenplatzes führen, ist offen.
An dieser Stelle sei ein Text der BesetzerInnen dokumentiert. Haltete die Augen und Ohren offen, Unterstützung für die legitimen Forderungen und Aktionen wird bald nötig sein:
Monatelange Versuche einen neuen Wagenplatz in Leipzig zu finden, sind fehlgeschlagen. Bemühungen wurden sowohl von Privatpersonen als auch von öffentlichen Institutionen zurückgewiesen. Deshalb sind wir mit unseren Wägen auf den Radweg zwischen Gießerstraße und Naumburgerstraße in Plagwitz umgezogen.
Wir sind eine selbstverwaltete Gruppe von Menschen, die auf die Situation der Wagenbewohner_innen hier und überall aufmerksam machen.
Wir sehen es als wichtig an einen unabhängigen Raum für die Entfaltung von Menschen nach ihren Möglichkeiten zu schaffen und Lebenskonzepte fernab von Geschlechter-, National- und Religionszugehörigkeit sowie finanziellen Mitteln zu diskutieren. Wir wollen Menschen die Gelegenheit geben, sich aktiv mit ihren Ideen abseits von Verwertungslogik, Konsumfetischismus und staatlicher Kontrolle zu beschäftigen, sich kreativ statt passiv an der Gestaltung unserer Stadt zu beteiligen. Wir wollen nicht dabei zusehen wie aus Leipzig eine von Supermärkten, Einkaufszentren und unerschwinglichen, vermeintlich modernen Mietshäuserkomplexen dominierte Stadt wird.
Von dem momentanen Gentrifizierungsschub in Leipzig sind nicht nur Wagenbewohner_innen betroffen. Das besetzte Gelände soll deshalb eine Plattform für alle bieten, um sich mit den Themen Verdrängung und Aufwertung auseinanderzusetzen. Hierzu sind alle Betroffenen und Interessierte herzlich eingeladen!
Gärten und Werkstätten, öffentliche Gemeinschaftsküchen und Sauna bieten Platz für politische Initiativen und Kultur und sind nur einige Beispiele für Alternativen, die es möglich machen kreative Ideen selbst umzusetzen. Auf dem besetzten Gelände findet ihr in diesem Sinne eine Workshopwand, die zu verschiedenen kostenlosen Aktivitäten einlädt. Es gibt jeden Abend veganes „Essen für alle“ (ca. 20:00) und Sauna. Wir freuen uns jederzeit über Leute, die Lust haben, sich zu beteiligen; Musik zu machen, zu kochen, einen Workshop anzubieten o.ä.. Feel yourself invited!
Die bisherigen Gelände, die zum Wagenleben zur Verfügung stehen, sind sehr begrenzt und werden zunehmend eingeengt. Durch aufgezwungene und leicht aufzulösende Mietverträge wird es immer schwieriger einen Ort zur Realisierung unserer Lebensentwürfe zu schaffen. Wir fordern zudem ein Recht auf Stadt. Das heißt, dass wir eine Fläche am Stadtrand nicht akzeptieren können.
Wir wollen nicht nur davon träumen, Projekte selbst auf die Beine zu stellen, selbstbestimmt zu arbeiten und uns zu organisieren, zu tanzen, sich gegenseitig zu helfen und zu diskutieren.
Sollte es trotz der friedlichen Haltung unsererseits zu einer Eskalation seitens der Politik kommen, werden wir Mittel und Wege finden, angemessen darauf zu reagieren. Haltet Augen und Ohren offen!
Wir freuen uns auf Interessierte und Nachbar_innen, Mitbesetzer_innen und Saunagänger_innen. Kommt vorbei – mit oder ohne Wägen; es gibt Stell- und Schlafplätze für alle!
Squat the world.