Ein kleiner Erfolg in Bezug auf die Intervention gegen Gentrifizierungsprozesse in Leipzig konnte in der Stadtratssitzung am 20.2.2013 errungen werden. Wider Erwarten folgte der Stadtrat Punkt 2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE „Sicherung von Standorten der selbstorganisierten Kulturszene, der Clubkultur und der Kultur- und Kreativwirtschaft“.
Mit diesem Antrag, der durch einen ähnlichen der Fraktion DIE LINKE im Abgeordnetenhaus Berlin inspiriert ist, reagiert die LINKE auf schleichende Verdrängungsprozesse infolge des Verkaufs von Liegenschaften und Grundstücken sowie der Bebauung und Aufwertung derselben. Beispielhaft dafür stehen die Schließung des Clubs Superkronik (geschlossen 2012 aufgrund vielfältiger Problemlagen, wovon eine die Aufwertungsprozesse in der Nachbarschaft gewesen sein dürften) oder die prekäre Situation des Clubs Distillery, neben dem ein großflächiges Wohngebiet entstehen soll. Doch auch die Schließung von Atelierräumen und Proberaumhäusern infolge von Investitionsplänen spiegeln diese Tendenzen: Kultur- und soziale Projekte müssen den Vorhaben von finanzkräftigen InvestorInnen weichen. Und der Druck in Leipzig wird größer. Die Stadt wächst, der Immobilienmarkt boomt, Grundstücks- und Mietpreise steigen, die Quartiere sortieren sich sozial neu, es beginnt ein schleichender Verdrängungsdruck für die, die sich das Wohnen in besonders beliebten Lagen nicht mehr leisten können. Das Verschwinden von kulturellen oder alternativen Einrichtungen und Projekten ordnet sich in diese Prozesse ein. Wird bald noch genug Platz für Clubs, in denen es auch mal lauter wird, für Wagenburgen oder andere Locations sein, wenn sich die Kleinfamilie ein schickes Stadthaus nebenan bauen lässt?
Um hier einen regulierenden Mechanismus einzuziehen, hat die Linksfraktion den oben genannten Antrag gestellt. In diesem heißt es:
„Die Stadtverwaltung entwickelt unter Federführung des Dezernates Stadtentwicklung und Bau bis zum III. Quartal 2013 einen Prüfkatalog, der im Rahmen der Erstellung von B-Plan-Verfahren und beim Verkauf kommunaler Liegenschaften zur Anwendung kommt. Ziel des Prüfkatalogs ist, zukünftig die Interessen von potenziellen Investoren denen einer ausgewogenen Stadtentwicklung unter besonderer Berücksichtigung der Kultur-, Medien- und Kreativwirtschaft gleichrangig zu behandeln.“
Hieße praktisch, dass bei einem Bebauungsvorhaben eines/r InvestorIn immer geschaut werden muss, ob die Belange „einer ausgewogenen Stadtentwicklung“ und insbesondere kulturellen Einrichtungen bedroht sind. Wenn dies der Fall wäre, könnten Stadtverwaltung undoder Stadtrat regulierend eingreifen – die Spielräume, die das Baurecht dabei setzt, sind allerdings recht klein. Beim Verkauf von städtischen Liegenschaften könnten zudem stärker so genannte „weichen“ Kriterien anstelle von rein monetären berücksichtigt werden.
Im Moment ist das Gegenteil der Fall: so hat das Liegenschaftsamt der Stadt aktuell das Objekt Friederikenstraße 37 zum Verkauf ausgeschrieben (und inzwischen verkauft), obwohl das Gebäude Ende vergangenen Jahres vom Kulturamt für eine kulturelle Nutzung (Ateliers, Proberäume) ins Auge gefasst wurde (siehe Antwort auf die Anfrage der LINKEN im Januar 2013). Obwohl der Druck für KünstlerInnen und MusikerInnen in Bezug auf Räume zur Ausübung ihres Metiers immer größer wird, stellt die Stadt finanzielle Interessen über kultureller Zwecke. Ähnlich war es beim Verkauf des Rathauses Plagwitz, das ein Verein für die Nutzung als soziales Zentrum erwerben wollte, schließlich aber einer mehrbietenden Immobilienfirma unterlag, die dort Luxus-Wohnungen errichten will.
Wie der Prüfkatalog, der nun erarbeitet werden muss, aussehen wird, ist mit Spannung zu erwarten. Noch spannender wird es, ob er in der Praxis Durchsetzungskraft haben wird.
Dringend nötig ist eine stärkere politische Steuerung im umkämpften Immobilienbereich allemal – im Sinne einer Stadt für alle.