Jüngst habe ich drei Kleine Anfragen zu DNA-Entnahmen und Speicherungen gestellt. Zwei davon sind beantwortet worden. Die Antworten auf die Anfragen machen deutlich, dass die Zahl der DNA-Entnahmen und -speicherungen in Sachsen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Gleichzeitig sinkt die Sensibilität für diesen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.
Im Jahr 2015 waren durch die zentrale DNA-Erfassungsstelle Sachsen des Landeskriminalamtes Identifikationsmerkmale von 19.335 Personen. Bundesweit kann das LKA auf 1,15 Millionen Datensätze zugreifen, sowohl von Personen als auch Spuren.
Zwar hat sich im Jahr 2015 die Zahl der Treffer (Übereinstimmung von ermittelten Spuren und DNA-Profilen) erhöht, dabei kann es sich aber um eine statistische Schwankung handeln. In den beiden Vorjahren war die Tendenz eher fallend.
Rechtsgrundlage für DNA-Entnahme und -speicherung sind die §§ 81 a-h StPO. Der in § 81g StPO verwendete Begriff der „Gefahrenabwehr“ bedeute nichts anderes als die Vorverlagerung von Ermittlungsarbeit in die „präventiven“ Bereich. Der 2005 reformierte Paragraph ermöglicht die Speicherung von Datensätzen von Beschuldigten in der BKA-Datenbank, auch zum Zwecke der Verwendung in „künftigen Strafverfahren“. Doch auch die in Spurensicherungen gewonnenen DNA-Teile bergen Probleme in sich: Findet sich eine Übereinstimmung, muss der/ die Verdächtige seine/ ihre Unschuld beweisen – eine klare Umkehr der Unschuldsvermutung, denn DNA kann am möglichen Tatort bereits z.B. über Zigarettenkippen festgestellt werden. Noch perfider sind die Massengentest, die zunächst freiwillig sind, allerdings eine erheblichen sozialen Druck auslösen und bei Verweigerung zu richterlicher Anordnung die DNA doch abzugeben, führen können.
Für die DNA-Entnahme gilt der Richtervorbehalt, sprich einen richterlichen Beschluss für die (zumeist) Speichelprobe, es sei denn man gibt die DNA freiwillig ab, was nicht empfehlenswert ist.
Ein Großteil der DNA-Entnahmen entfällt den Antworten des Innenministeriums auf meine Anfragen nicht etwa auf Kapitalverbrechen sondern Diebstahlsdelikte.
Auch wenn der DNA-Beweis als das „erfolgreichste kriminalistische Instrument bei der Identifizierung von Tätern und der Zuordnung von Tatspuren“ gilt, darf nicht vergessen werden, dass es sich dabei um einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrheit von Menschen und in die informationelle Selbstbestimmung handelt, denn bei der DNA handelt es sich um die ureigenste körperliche Information eines Menschen. Aus den Erbinformationen lassen sich weitreichende Informationen über den jeweiligen Menschen herauslesen (Herkunft, Krankheitsdispositionm, Geschlecht..)
Die Summe der in Sachsen und bundesweit gespeicherten DNA-Datensätze zeigt, dass wir es längst mit einer biologischen Vorratsdatenspeicherung zu tun haben. Nicht zuletzt ist der grenzüberschreitende Austausch von biometrischen Daten in vollem Gange.
Antworten auf die Kleine Anfragen:
>>> DNA-Abnahmen in Ermittlungsverfahren 2012 -2015
>>> Speicherung von DNA-Datensätze
>>> Broschüre zum Thema vom Gen-Ethischen Netzwerk und der Roten Hilfe
Biologische Vorratsdatenspeicherung? Oder eine moderne Arche Noah?
Vielleicht kann man damit zukünftig in geburtenschwachen Regionen Menschen nachzüchten?