Seit fast zwei Jahren gibt es in Leipzig die AG Erinnerungskultur, die neben anderen Initiativen für die Etablierung einer eigenen Erinnerungskultur für Opfer rassistischer und rechts motivierter Gewalt nach 1990 arbeitet. Mindestens sechs Menschen sind in Leipzig seitdem ermordet worden – aus rassistischen, sozialdarwinistischen und homophoben Gründen. Die Errichtung eines ersten Ortes des Gedenkens, der an den 2010 ermordeten Kamal K. erinnern soll, scheiterte bisher an verschiedenen Hürden.
Nachdem der Migrantenbeirat der Stadt Leipzig sich im April bereits mit einem Brief an den Leipziger OBM wandte, der bis dato noch nicht beantwortet wurde, soll diese Anfrage in der Stadtratssitzung am 19.6.2013 den Prozess voranbringen bzw. zumindest Klarheit schaffen inwieweit die Stadt das Anliegen unterstützt.
Anfrage an den Oberbürgermeister -Nr.: V/F878/13, Ratsversammlung am 19.6.2013, Stadträtin J. Nagel
Im April 2011 wandten sich VertreterInnen aus Zivilgesellschaft, Politik und Migrantenbeirat der Stadt Leipzig mit einem Brief an Sie, in dem die Schaffung eines Gedenkortes für Opfer rechts motivierter Gewalt in Leipzig angeregt wurde. Konkreter Anlass war die Ermordung des 19-jährigen Kamal K. durch zwei Neonazis in der Leipziger Innenstadt am 24.10.2010. Kamal K. ist das mindestens sechste Opfer rechter Gewalt in Leipzig seit 1990. Im Ergebnis des Briefes fand ein gut besuchter Workshop zum Thema statt, woraus die Gründung der AG Erinnerungskultur folgte.
Diese AG – bestehend aus VertreterInnen des Migrantenbeirates, der Opferberatung der RAA Sachsen, dem Initiativkreis Antirassismus und dem Zentrum für demokratische Bildung der Stadt – erarbeitete gemeinsam mit den Hinterbliebenen des ermordeten Kamal K. einen konkreten Vorschlag für einen ersten Erinnerungsort. Dieser soll in Form eines künstlerisch gestalteten Buches aus Stein am Tatort nahe des Leipziger Hauptbahnhofes errichtet werden.
Nach fast zweijähriger Arbeit ist die Initiative nun an einem Punkt angekommen, an dem politische Unterstützung durch die Stadt Leipzig dringend erforderlich ist. So scheiterte eine bereits geplante Errichtung des Gedenkortes in der C.-W.-Müller-Anlage im Jahr 2012 an Auflagen des Sächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. Alternativ wurde nun die Ritterpassage, wo Kamal K. in der Tatnacht aufgrund seiner schweren Verletzungen zusammenbrach, anvisiert. In diesem Zusammenhang richtete der Migrantenbeirat im April 2012 einen Brief an Sie als Oberbürgermeister und erbat Unterstützung bei der Realisierung des Anliegens.
Ich frage vor diesem Hintergrund:
1. Wie verhält sich der Oberbürgermeister zum Anliegen, eine eigene Erinnerungskultur für Menschen, die durch rassistisch und rechts motivierte Gewalt zu Tode kamen, zu etablieren?
Welche Bemühungen hat die Stadtverwaltung jenseits der Unterstützung von zivilgesellschaftlich initiierten Projekten bisher unternommen, um diese Anliegen in eine offizielle Gedenkkultur einzubeziehen?
2. Wie wird die benannte konkrete Initiative zur Errichtung eines ersten Gedenkortes für Opfer rechter Gewalt nach 1990 und konkret für Kamal K. in der Ritterpassage durch die Stadt Leipzig und ihren Oberbürgermeister unterstützt? Gab es eine offizielle Antwort auf den Brief vom Migrantenbeirat vom 24.4.2013? Mit welchen zeitlichen Fristen ist bezüglich des Prüfungs- und Baugenehmigungsverfahrens durch das Stadtplanungsamt und ggf. weitere Ämter zu rechnen?