Der Stadtrat tagt: Zustimmung zum „Stadtteilzentrum Lindenauer Markt“ – Kritik und Rechtsgutachten verhallen
Artikel von Daniel Thalheim in der Leipziger Internetzeitung vom 21.4.2010
1 Änderungsantrag
, und 2 Ergänzungsanträge (CDU-Fraktion und Stadtrat Siegfried Schlegel) zum Stadtteilzentrum am Lindenauer Markt, ein Rechtsgutachten und ein schnell gestellter Antrag von „Die Linken“-Stadtrat Sören Pellmann, die Drucksache erneut als Tagesordnungspunkt abzusetzen.
Dagegen stellten sich CDU, FDP und Teile der SPD. 36 Abgeordnete stimmen gegen Pellmanns Einwurf. 25 dafür, einige Enthaltungen. Probeabstimmung. Ein Omen?
Es ist eins. Der Lindenauer Markt wird mit einem Stadtteilcenter bebaut. 34 Stadträte sind in der heutigen Abstimmung im Stadtrat dafür, 22 dagegen, acht Stadträte enthalten sich.
Vor der Entscheidung ein heftiger Schlagabtausch zwischen den einzelnen Fraktionen. Dr. Sabine Heymann (CDU) befürwortet im Namen ihrer Fraktion das Center im Sinne des Ergänzungsantrages der CDU und kritisiert die engagierten Akteure um Stadtforum und Bürgerverein: „Das geht so nicht, das ist unlauter, dass man kurz vor Realisierung des Centers Stimmung gegen den Markt macht.“ Dem Projektentwickler wirft sie aber gleichzeitig vor, die vergangenen Jahre wenig kommunikativ gewesen zu sein.
Kreativere Konzepte wären auch befürwortbar, aber Einwände und Vorschläge kommen zu spät. Dr. Bernhard Brand, Die Linke, sieht den eindeutig abgestimmten Stadtratsbeschluss von 2007 und den Beschluss zu den STEP-Zentren 2009 und argumentiert, dass es widersinnig sei, dass jetzt auch Stadträte dagegen seien.
René Hobusch (FDP) holt die bereits bekannte Meinung der Leipziger Liberalen hervor. Und schließt sich dem Zitat des OBM Burkhard Jung von der letzten Ratsversammlung an: „Die Entscheidung des Stadtrates muss für Investoren berechenbar sein.“ Die kritisierte Größe sei schon seit 2003 bekannt.
Der Grünen-Abgeordnete Roland Quester kontert daraufhin mit einer mahnenden Rede: „Stadtteilcenter zeigen exemplarisch deutlich, wie schwierig und umstritten die Entscheidungen für Leipzig sein können.“ Es ging eine breite Debatte durch alle Fraktionen, auch Einzelentscheidungen gab es. „Es gibt nicht nur die Frage, ob wir als Stadt das richtige Konzept haben.“ und fragt: „Sind wir als Stadträte gegenüber uns selbst konsequent genug? Es gibt gute Gründe, für aber auch gegen den Plan zu stimmen. Wir, Bündnis 90 / Die Grünen, halten die Größe des Vorhabens für überzogen. Die komplette Versiegelung ist für uns nicht tragbar. Auch die ‚Potemkinschen Fassaden‘ seien nicht zustimmbar.“
Quester mahnt aber unabhängig zur Entscheidung an, dass der Stadtteil Lindenau nicht gespalten werden darf. So müsse man mit demokratischen Stadtratsentscheidungen umgehen wollen. Man darf aber auch die Leute nicht verprellen, die sich im Stadtteil engagieren. Sie dürften auch wegen des nun kommenden Centers nicht wegziehen und den Stadtteil zurücklassen.
Das jedoch ist auch eine der eigentlichen Fragen nach fragilen Kreativentwicklungen in Leipziger Stadtteilen.
Christian Schulze (SPD): „Im Interesse der Lindenauer Bürger trifft die SPD die Entscheidung für den Kaufland am Lindenauer Markt. Man kann nicht davon reden, dass der Einkaufsmarkt den Bürgern übergestülpt wird.“ Auch Schulze bedauert den langen Planungszeitraum.
Besonders laut waren die Stimmen aus der Fraktion „Die Linke“ gegen das Stadtteilcenter. Naomi-Pia Witte: „Lindenau liegt in meinem Wahlkreis. Bürger konnten sich nur oberflächlich mit dem Center beschäftigen. Gegner und Befürworter waren in meiner übervollen Bürgersprechstunde.“
Für oder Wider führen zu großen Nachwirkungen auf Altlindenau. Alle negativen Folgen werden eintreten, die bereits bekannt seien. „Lindenau ist mir nach sechs Jahren ans Herz gewachsen. Ich stimme gegen den Markt, weil ich gegen die Größe des Kauflands bin. Diese Kaufhäuser haben die Tendenz, nur autofahrende Kunden anzuziehen.“ Kein vernünftiges Steuerungskonzept sei vorhanden. Der Lindenauer Markt benötige ein behutsames Entwicklungskonzept, so Witte weiter.
Juliane Nagel äußert darüber hinaus, dass sich aus ihrer Sicht die Magnetwirkung kaum positiv auf den Lindenauer Markt auswirken wird, weil es bereits jetzt jede Menge Leerstände gibt. Nagel sieht eine Wegverlängerung für die Laufkundschaft, weist auf die andere städtische Lage des Marktes im Wohngebiet als vergleichsweise in Reudnitz und Gohlis hin. „Wir sind für eine Ansiedlung von einem Einkaufsmarkt, aber nicht zu den Bedingungen von Kaufland.“
Auch Jens Hermann ist gegen die nun verabschiedete Bauplanung: „Was ist mit den D-Zentren? Das C-Zentrum in Altlindenau würde alle umliegenden D-Zentren wie die Elsterpassage und Leutzsch-Arkaden eingehen lassen. Kaufland wirbt für kleinere Flächen von 2.000 Quadratmetern auf ihrer Internetseite. Für 35.000 Einwohner. Genau das sei in Altlindenau in der Fall. Gehen wir runter mit den Zahlen und wir haben etwas Vernünftiges.“
Mit der heutigen Abstimmung kann Kaufland nach Willen des Leipziger Stadtrates also bauen.