In der Plenarsitzung des Sächsischen Landtages am 16. Juli gab es eine angeregte Debatte über die aktuellen Fails des Sächsischen Innenministers (Stichworte #Fahrradgate und Inlandsgeheimdienst). Die aktuelle Debatte hatte meine Fraktion beantragt, auch um den Blick endlich auf die Ebene der Verantwortlichen zu lenken. Zu Beginn der Debatte ergriff nicht nur der Ministerpräsident selbst das Wort. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Rico Anton, stellte zudem unwahre Behauptungen zu meiner Person auf.
Doch nochmal zurück: Michael Kretschmer stellte sich bereits vor der Debatte der Fraktionen vorbehaltlos an die Seite seines Kumpels und Innenministers Roland Wöller. Dabei beginnt dessen Versagen nicht erst beim Fahrradgate und der aktuellen Posse um das Landesamt für Verfassungsschutz und die Speicherung von Daten über AfD-Abgeordnete. Erinnert sei an die rassistischen Ausschreitungen im August 2018 in Chemnitz, als das Mobilisierungspotential der Faschisten maßlos unterschätzt wurde oder das neue sächsische Polizeigesetz, das mit heftigen Eingriffen in Grundrechte hantiert.
Kretschmer stellte zudem in der Debatte wiederum die bedingungslose, unkritische Haltung zur Polizei, für die der Innenminister Verantwortung trägt, zur Schau. Die CDU stehe zur Polizei, anders als eine LINKE Abgeordnete, die sich im Hinblick auf Silvester an die Seite der „Krawallmacher“ gestellt hätte. Falsch, mag man hier rufen, denn die Polizei hat zu Silvester selbst maßlos über die Stränge geschlagen, was aufgrund ihrer strukturellen Machtstellung und fehlenden Prüfmechanismen jenseits von Strafverfahren, folgenlos zu bleiben scheint.
Doch einen Schritt weiter. Rico Anton, Innenpolitiker der CDU-Fraktion, warf mir im Zuge der Debatte vor, dass ich am Vortag nicht im Landtagsplenum gewesen sei, sondern bei einer Demonstration in Connewitz, bei der auch polizeifeindliche Rufe skandiert worden seien. Dumm nur, dass diese Information nicht zutrifft. Das alles könnte eine übliche Randsequenz sein, wenn nicht nach meiner mündlichen Richtigstellung Anton – wider der Regelung der Geschäftsordnung – nochmal das Wort ergriffen hätte und seine unwahren Äußerungen wiederholt hätte. Er hat mich also in der Öffentlichkeit nicht nur verleumdet, sondern mir auch noch unredliche Vorwürfe gemacht.
Das bedenkliche an dem Vorfall ist nicht, dass CDU-ler mich ein weiteres Mal an den Pranger stellen und als Projektionsfläche für Polizeifeindlichkeit nutzen. Das Bedenkliche ist, dass Anton seine falschen Informationen sehr wahrscheinlich von Polizeibeamt*innen selbst gewonnen hat. Denn auf dem Rückweg von der Stadtratssitzung auf der Neuen Messen, an der ich am Mittwoch, 15. Juli teilnahm, fuhren an mir zig Einsatzfahrzeuge der Bereitschaftspolizei vorbei, die mutmaßlich auf dem Weg nach Connewitz waren.
Wenn Polizeibeamte einem CDU-Abgeordneten Informationen über das Tun einer gewählten Abgeordneten geben, ist das bedenklich. Wenn diese Informationen dann aber nicht zutreffend sind, wird es peinlich für den, der diese Informationen ungeprüft in die Öffentlichkeit posaunt.
Falls sich Rico Anton nicht entschuldigt, werde ich rechtliche Schritte prüfen.
Pressemitteilung vom 16. Juli 2020
Juliane Nagel wehrt sich gegen verleumderische Behauptung von Rico Anton (CDU) – Entschuldigung wäre angemessen
In der heutigen Landtagssitzung behauptete der CDU-Abgeordnete Rico Anton, die Leipziger LINKEN-Abgeordnete Juliane Nagel habe am gestrigen Abend nicht an der Landtagssitzung, sondern an einer Demonstration in Leipzig-Connewitz teilgenommen, bei der polizeifeindliche Parolen skandiert worden seien. Juliane Nagel erklärt dazu:
„Die Behauptung von Rico Anton ist falsch. Ich habe gestern bis in die späten Abendstunden an der Sitzung des Leipziger Stadtrates teilgenommen und war nicht bei einer Demonstration. Ich weiß nicht, wie Herr Anton zu seiner Behauptung kommt. Es wäre das Mindeste, dass er sich bei mir öffentlich für diese verleumderische Behauptung entschuldigt.
Ich bin es leid, dass die CDU meine Person als Projektionsfläche benutzt, um haltlose Vorwürfe von Gewaltaffinität und Polizeifeindlichkeit zu erheben. Das entspricht nicht meinem Verständnis von einem fairen Umgang unter demokratischen Politikerinnen und Politikern. Es gehört zum Rechtsstaat, dass auch polizeiliches Handeln kritisiert werden darf, wenn es dazu Anlass gibt.“