Das Problem heißt Sachsen …

– gegen Repression, hier und überall“ – unter diesem Motto stand die Eil-Demonstration, die am frühen Nachmittag des 20.8. ihren Weg durch den Leipziger Süden in die Innenstadt nahm. Mehr als 400 Menschen kritisierten hier die restriktive Ordnungspolitik von Stadt Leipzig & Polizei, die ihren Ausdruck im Verbot von Nazi-Kundgebung und zivilgesellschaftlichen Protestkundgebungen, einer Kunstaktion und Mahnwachen am 19. und 20.8. fand.

Dieses Verbot hatte die Stadt Leipzig im Schlepptau mit der Polizei (die dabei tonangebend gewesen sein dürfte) mit „polizeilichem Notstand“ begründet und kurz vor knapp – nur drei Tage vor dem Tag des Geschehens – öffentlich gemacht. Sowohl Nazis als auch die AnmelderInnen der demokratischen Veranstaltungen hatten dagegen beim Verwaltungsgericht geklagt, ein antifaschistisches Bündnis kurz vor der Verkündigung der Stadt seine Demonstration politisch begründet zurückgezogen. Das Verwaltungsgericht gab den Nazis und den AnmelderInnen von Protestkundgebungen am 19.8. – mit zeitlichen und örtlichen Einschränkungen – Recht. Verboten blieben allerdings Mahnwachen an Stolpersteinen und Kirchen sowie die Kunstaktion am Vorabend.

In seiner Begründung bezeichnet das Verwaltungsgericht die Argumentation,  die Stadt und Polizei für den polizeilichen Notstand dargelegt hatte, als unzureichend. Es wären keine Tatsachen, sondern nur Verdachtsmomente ausgeführt worden. Eine stationäre Kundgebung (gemeint ist die der Neonazis) bedürfe zudem eines geringeren polizeilichen Aufwandes als Demonstrationen. Das VG stellte zudem die Angaben über „gewaltbereite Gegendemonstranten“, die vom Polizeipräsidenten aus der Luft gegriffen wurden, infrage. Mit seiner Entscheidung stärkt das Verwaltungsgericht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zumindest in Grundzügen.

Die Stadt Leipzig beharrte zusammen mit der Polizei jedoch auf ihrer Argumentation, legte beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Durchführung der NPD-Versammlung sowie der Gegenkundgebungen ein und bekam Recht. Am 20.8.2011durfte in Leipzig weder die Feinde von Demokratie und Menschenwürde noch die, die Demokratie und Menschenwürde verteidigen, demonstrieren. Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Leipzig nimmt Platz“ zog sich Reaktion auf die OVG-Entscheidung auf das Gelände der Gewerkschaft in der Leipziger Südvorstadt zurück und lud zum Konzert ein. Andere AntifaschistInnen und zivilgesellschaftliche Engagierte riefen zu Protest gegen die Beschneidung von Grundrechten auf. Mit der Demonstration „Das Problem heißt Sachsen“ wurde der Bogen von Leipzig – und der hier offensichtlich gewollten Einschränkung von Grundrechten – zur demokratische Prinzipien unterlaufenden, repressiven sächsischen Politik (Stichworte: großflächige Razzien bei AntifaschistInnen, Ermittlungen nach § 129 StGb, Handy-Gate-Skandal, Extremismusklausel – en Detail lesen hier und hier) geschlagen.
Wenn Ordnungspolitik, Überwachung und Konformitätsdruck die Realität immer mehr bestimmt, wie es in ganz Sachsen der Fall ist, dann sind Grund- und Freiheitsrechte ernsthaft im Wanken, eine basisdemokratische Perspektive jenseits des Bestehenden erst recht.

Der Umgang der Stadt Leipzig mit den Versammlungen am 19. und 20.8. reiht sich in diese sächsische Realität nahtlos ein. Und die Rhetorik des Leipziger Polizeipräsidenten, der im Vorfeld des 20.8. von Verletzten sprach, die es geben würde, würden die verbotenen Versammlungen vom Gericht erlaubt werden, ist die notwendige Begleitmusik zu diesem ordnungspolitik-verliebten Spektakel.

Das Fronttransparent der Demo bietet den Vorschlag einer Antwort an …


3 Gedanken zu „Das Problem heißt Sachsen …“

  1. Alle Medien sprechen von 200 Teilnehmern. Die Bilder zeigen 200 Teilnehmer. Die Polizei spricht von 200 Teilnehmern. Müssen wir das zählen noch lernen ? Oder ist es bereits Routine die eigene Zahl massiv zu schönen ? Wobei das verdoppelt schon extrem peinlich ist !!!

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