Wie kann eine linke kommunale Asylpolitik aussehen? Eine neue Broschüre der Linksfraktion im Sächsischen Landtag gibt Inspiration und Unterstützung
Im Jahr 2014 erreichte die Zahl der Menschen, die aus ihren Herkunftsgebieten vertrieben wurden einen negativen Spitzenwert seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Laut Hohem Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und Amnesty International waren im vergangenen jahr weltweit 56,7 Millionen Menschen auf der Flucht. Der überwiegende Teil der Menschen flieht innerhalb der Landesgrenzen und in die Nachbarstaaten. So waren beispielsweise bis Ende 2014 sechseinhalb Millionen Syrer_innen im Landesinneren auf der Flucht und andere drei Millionen haben in den Anrainerstaaten Zuflucht gesucht.
Nur ein kleiner Bruchteil der Betroffenen nimmt den gefährlichen Weg in Richtung der Europäischen Union auf sich. Die europäische Flüchtlingspolitik setzt vor dem Hintergrund wachsender internationaler Konflikte (trotzdem) einmal mehr auf stärkere Abschottung und riskiert mit dieser Politik Menschenleben.
Mit der Genfer Flüchtlingskommission (GFK) wurde 1951 die erste völkerrechtlich verbindliche Regelung zum Umgang mit Flüchtlingen geschaffen. Deutschland trat ihr 1954 bei. Die GFK definiert Fluchtgründe und Rechte der geflüchteten Menschen, unter anderem das Verbot der Rückführung in Staaten, in denen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist auch in Deutschland das entscheidende und am meisten greifende Instrument um die Schutzbedürftigkeit von Menschen anzuerkennen. Das im deutschen Grundgesetz verfasste Grundrecht auf Asyl dagegen wurde im Jahr 1993 mit einer Mehrheit von CDU, SPD und FDP faktisch abgeschafft. Exemplarisch sei hier die Drittstaaten-Regelung benannt: die,die über einen „sicheren Drittstaat“ nach Deutschland einreisen, haben seitdem keine Chance mehr auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Grundgesetz, denn Deutschland ist von „sicheren Drittstaaten“ umgeben.
Wie das ausgehöhlte Grundrecht auf Asyl atmet der Umgang mit geflüchteten Menschen insbesondere in Sachsen den Geist von Abwehr und Diskriminierung. Die CDU hat das Thema Asyl in den vergangenen Jahren stiefmütterlich behandelt. Damit wurde nicht nur das Anwachsen von Ressentiments befördert. Aufgrund der ansteigenden Zahlen Asylsuchender wird jetzt versucht eilig das nachzuholen, was über Jahre verpasst wurde.
Vor dem Hintergrund der politischen Auseinandersetzungen um Pegida, Erstaufnahme und Finanzen gerät die gesamtgesellschaftliche Alltagsaufgabe der menschenwürdigen Aufnahme, Unterbringung und Inklusion von Asylsuchenden aus dem Fokus. Diese Aufgabe haben die Kommunen zu meistern. Hier ist der Ort, an dem die Menschen nach einer strapaziösen und oft lebensgefährlichen Flucht ihren Alltag wieder in die eigenen Hände nehmen. Hier werden die eigenen vier Wände bezogen, hier gehen Kinder in Kita oder Schule, hier entstehen soziale Kontakte, hier werden Behördengänge absolviert.
Vielerorts mangelt es an Strukturen und auch am politischen Willen dieses Ankommen und die Entwicklung von Perspektiven adäquat zu unterstützen.
Als LINKE stehen wir für die gleichberechtigte soziale und politische Teilhabe von asylsuchenden Menschen. Wer in Sachsen lebt, gehört dazu. Die Inklusion ist jedoch kein Selbstläufer. Es braucht eine aktive Willkommenskultur und einen starken politischen Willen, die Teilhabe von Geflüchteten real zu ermöglichen.
Mit dieser Handreichung wollen wir Inspiration und Unterstützung für eine linke kommunale Asylpolitik geben. Es liegt in unseren Händen Sachsen zu einem Land zu machen, dass tatsächlich weltoffen ist und allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.
Jule Nagel & Rico Gebhardt
(AutorInnen der Broschüre: Marko Schmidt, Sandra Münch)