.. und an ungleichen Maßstäben im Umgang mit Veranstaltung(sräum)en.
Die widerrechtliche Nutzung des Nazizentrums in der Odermannstraße 8 bleibt weiterhin Thema öffentlicher Debatten. Wie aus Presseberichten bekannt wurde, hatte der Eigentümer des Geländes, Steve H. aus Grimma, bis zum 11.3.2011 Zeit sich gegenüber der Stadt zu den erhobenen Vorwürfen des Verstoßes gegen baurechtliche Vorgaben zu äußern.
Pressemitteilung, 16.3.2011
[…] Entgegen der erteilten Baugenehmigung als Mehrzweckgebäude mit Atelier, Lager, Hobbyraum sowie einem Promotion- und Schulungsraum und der beauflagten Limitierung der BesucherInnenzahl auf 100 Personen sollen im Leipziger NPD-Zentrum mehrere, auch öffentlich beworbene Konzertveranstaltungen stattgefunden haben (Quelle u.a. LIZ vom 3.2. und 4.3.2011). Bei diesen sei die TeilnehmerInnen-Grenze mehrfach überschritten worden, außerdem wurde bei einzelnen Veranstaltungen auch Eintritt genommen. Diese Veranstaltungen wären genehmigungspflichtig gewesen, entsprechende Ausnahmegenehmigungen sind durch Besitzer oder Nutzer des Zentrums in der Odermannstraße 8 allerdings nie beantragt wurden.
Dazu Juliane Nagel, Stadträtin in Leipzig:
„Die Stadt Leipzig und hier explizit das Bauordnungsamt muss endlich handeln. Möglich wäre beispielsweise eine Nutzungsuntersagung für die Räumlichkeiten in der Odermannstraße 8.
Schaut man sich an, welch harte Hand seitens des Bauordnungsamtes gegen Veranstaltungs-Lokalitäten insbesondere im Leipziger Westen geführt wird, verwundert das zögerliche Handeln in Bezug auf die Odermannstraße 8.
Einen wahrlichen Krieg betrieb des Bauordnungsamt, noch unter dem alten Amtsleiter Schirmer, gegen den Kulturraum Superkronik in der Karl-Heine-Straße. Dessen Inhaber bemühte sich mit aller Kraft Beanstandungen des Amtes nachzukommen. Darauf folgten Schikanen und Willkür der zuständigen Behörde. Die neue Amtsleiterin Heike Hellkötter scheint die Linie ihres Vorgängers weiterzuführen: Ende Januar untersagte sie dem Leipzig-Vietnam Kultur-Centrum in der Zschortauer Straße die Durchführung seines Tết-Festes. Die Veranstalter hatten die Veranstaltung ordnungsgemäß angemeldet, das Bauordnungsamtes bemängelte die Nicht-Einhaltung von Auflagen und ließ die Veranstaltung am Ende polizeilich räumen.
Während alternative Kulturveranstaltungen und Feste von MigrantInnen – deren VeranstalterInnen sich um Kooperation mit den städtischen Instanzen bemühen – also mit aller Härte unterbunden werden, dürfen die Nazis in ihrem Zentrum ungestört feiern. Das Bauordnungsamt muss sich vorwerfen lassen ungleiche Maßstäbe anzulegen. Natürlich verbietet sich die politisch motivierte Anwendung von ordnungsrechtlichen Mitteln. Das Agieren des Amtes allerdings erweckt den Eindruck, dass diese Mittel aus politischen Gründen nicht eingesetzt werden. Das kann nicht sein. Ich fordere das Baudezernat auf zügig alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen in Bezug auf die Odermannstraße 8 zu ergreifen und aufgrund des öffentlichen Interesses die nötige Transparenz herzustellen.
Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass auch die Sächsische Staatsregierung auf dem rechten Auge blind zu sein scheint. So unterließ es das Ministerium in den mehr als zwei Jahren seiner Existenz die Stadt Leipzig über Vortrags- oder Konzertveranstaltungen, die zahlreiche Nazis in das Zentrum in Leipzig-Lindenau anzogen, zu informieren. Wie die Antwort des Innenministers Markus Ulbig auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz zeigte, mangelt es der Landesebene am Willen das Treiben der Nazis im Blick zu behalten und alle Mittel auszuschöpfen ihnen Grenzen zu setzen. Ein solch laxer Umgang ist fatal. Schließlich geht es hier um einen Rückzugsraum für Neonazis, einen Raum in dem menschenverachtende Ideologie geschult, Aktionen geplant und Gewaltausübung trainiert wird. Haben die politisch Verantwortlichen schon wieder vergessen, dass Sachsen das Bundesland ist, in dem die NPD bereits das zweite Mal in den Landtag einziehen konnte, das Bundesland, das die Statistiken rechts motivierter und rassistischer Gewalttaten gegen Menschen anführt?“
siehe auch
– LIZ vom 15.3.2011: Leipziger NPD-Zentrum: Wann kommt die Nutzungsuntersagung?
– chronikle.org vom 4.2.2011: Sachsens Innenminister Ulbig gibt zweifelhafte Erklärung zum Nazi-Zentrum in Leipzig ab
Ein Gedanke zu „Widerrechtliche Nutzung des NPD-Zentrums in Leipzig: Kritik an zögerlichem Handeln des Bauordnungsamtes“