Urlaub neben besetztem Faschisten-Haus in Rom – reloaded

Direkt im alternativ und migrantisch gesprägten Viertel Esquilino in Rom, das wir einige Tage im August besuchten, befindet sich ein Wohnhaus, das mit einem großen Schriftzug und Beflaggung auf sich aufmerksam macht: Casa Pound steht dort in Marmorlettern. Auf einer roten Fahne prangt eine Schildkröte mit acht-eckigem Panzer.

Casa Pound-Gedenkplakat für Guiseppe „Peppe“ Dimitri. Dieser war zuletzt Mitglied der Alleanza Nazionale, eine rechte Partei, die 1995 aus dem neofaschistischen Movimento Sociale Italiano hervorging und mittlerweile Teil des „Berlusconi-Bündnisses“ Popolo della Libertà ist. In den 1970er Jahren war Dimitri Mitglied der neofaschistischen Terrorgruppe Bewaffnete revolutionäre Zellen (“Nuclei armati rivoluzionari” (NAR)). Er gilt als Mitbegründer des Dritten Weges, einer revolutionär-nationalistischen, sich militaristisch gerierenden Position, die offiziell mit dem rückwärtsgewandten Faschismus brechen wollte und sich gegen Sozialismus und Kapitalismus stellte.

Das Haus wurde bereits 2003 von der faschistischen Gruppierung und inzwischen zu einer regelrechten Bewegung angewachsenen Casa Pound besetzt. Die Besetzung wird bis heute von der Stadtregierung geduldet (wie andere Besetzungen auch). In dem Haus hat sich ein reichhaltiges Schulungs- und Kulturangebot für die italienisch extreme  Rechte ausgebildet, außerdem steht es als Wohnraum für „reine“ italienische Familien zur Verfügung. In über 10 Städten soll es mittlerweile vergleichbare besetzte Häuser der FaschistInnen geben, die damit auch den Kampf gegen hohe Mieten und die Schaffung von sozial-verträglichem Wohnraum verbinden (dabei durchaus antisemitisch aufgeladen „Miete ist Wucher“).

Casa Pound ist parteiunabhängig und in Strategie und Inhalt der neuen Rechten zuzuordnen. Namensgeber der Bewegung, die eine Verschmelzung von faschistischer Politik und Kultur anstrebt, ist der amerikanische Schriftsteller Ezra Pound, der 1924 nach Italien auswanderte und sich  antisemitischer und antiamerikanischer Propaganda im Sinne des italienischen Faschistenführers Benito Mussolinis hingab.

“Riprendiamoci subito nostri soldati”/ “Bringt sofort unsere Soldaten zurück” Plakat der Casa Pound

Im Dezember 2011 erschoss ein der Casa Pound nahe stehender Nazi in Italien zwei People of Colour.  Patrick Gensing weist u.a. in diesem Zusammenhang Parallelen zum NSU in Deutschland auf und verweist auf die Vorbildrolle von Casa Pound auch für deutsche Nazis, u.a. die NPD in Sachsen, die thematische Vorträge veranstaltete und die neofaschistische Bewegung als Vorbild anführte (siehe Artikel „Nationales Schulungszentrum” in Delitzsch eröffnet“, NPD-blog September 2010 oder „Das “Casa Pound” – Vorbild für deutsche Neonazis“ Publikative.org Dezember 2011)

Hintergrund

Casa Pound-Aufkleber (oben) „bellezza nell’azione“ / “Schönheit in Aktion”

* CasaPound – ein weiterer Kopf der Hydra (Antifa Merano, 2008)
* Avanti popolo. bandiera nera (Catrin Dingler, Jungle World, Februar 2009)
* Popkulturell anschlussfähig (Volker Weiss in der Frankfurter Rundschau, November 2010)
* Mussolinis Enkel „Casa Pounds“ rechte Jugendzentren in Italien (3sat, März 2011)

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