Die gesellschaftlichen Folgekosten von Herrn Wawrzynskis repressiver Drogenbekämpfungspolitik, wie er sie am 18.1.2011 gegenüber der Chemnitzer Morgenpost vertritt, wären in jedem Fall höher als die einer adäquaten Suchtkrankenhilfe (…) Pressemitteilung, 18.1.2011
Zu den Äußerungen des Leipziger Polizeipräsidenten Horst Wawrzynski in der Chemnitzer Morgenpost vom 18.01. (1), wonach eine verfehlte „Wohlfühl-Drogenpolitik“ mit „importierter Beschaffungskriminalität“ für die hohe Zahl von Wohnungseinbrüchen in Leipzig verantwortlich sei, erklän Freya-Maria Klinger, Sprecherin für Sucht- und Drogenpolitik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, und Juliane Nagel, Stadträtin der Fraktion DIE LINKE in Leipzig:
Die Äußerungen von Herrn Wawrzynski sind unfassbar, verantwortungslos, einseitig, gießen Öl ins Feuer sozialer Konflikte in der Stadt Leipzig und entsprechen so einfach nicht der Wahrheit.
Niederschwellige Angebote zur Überlebenshilfe für Süchtige helfen gesundheitliche Risiken zu minimieren, verhindern so steigende Zahlen von Drogentoten und sind aus ethischen und sozialen Gründen zwingend geboten. Spritzentausch ist keine Wohlfühlpolitik.
Seit Jahren haben die sächsischen Suchthilfeeinrichtungen, vor allem die Suchtberatungs- und Behandlungsstellen (SBB) mit drastischen Kürzungen zu kämpfen. Im aktuellen Haushalt wurden den Beratungsstellen, die z. T. weit unter dem bundesweit geforderten Personalschlüssel arbeiten, die staatlichen Zuschüsse um mehr als 20 % gekürzt.
Nur eine bunte Suchthilfelandschaft mit einer engen Verzahnung zwischen den einzelnen Einrichtungen und vielfältigen niederschwelligen Anknüpfungsmöglichkeiten kann eine erfolgreiche und menschenwürdige Suchtkrankenhilfe möglich machen. Seit Jahren ist es wissenschaftlich und praktisch erwiesen, dass eine einseitige Repressionspolitik gegenüber Süchtigen die Probleme keinesfalls löst, sondern im Gegenteil riskante Konsumformen fördert und die Betroffenen stärker in Beschaffungskriminalität und Untergrund zwingt, wo soziale und therapeutische Maßnahmen kaum noch greifen. Die gesellschaftlichen Folgekosten von Herrn Wawrzynskis repressiver Drogenbekämpfungspolitik wären in jedem Fall höher als die einer adäquaten Suchtkrankenhilfe. Natürlich muss, wie Wawrzynski fordert, die Opferhilfe gestärkt werden. Doch auch hier setzt die Staatsregierung u. a. mit Kürzung der Gelder für Selbsthilfegruppen keine guten Signale.
Es hat keinen Sinn, Opfer von Kriminalität und sozial ausgegrenzte Gruppen, wie Süchtige, gegeneinander auszuspielen. Herr Wawrzynski wird mit seiner steinzeitlichen Law and Order-Politik Leipzig mit Sicherheit nicht sicher, geschweige denn lebenswerter machen. Stattdessen könnte er seine Reputation gegenüber der sächsischen Landesregierung sinnvoll einsetzen, indem er auf die Aufstockung der Mittel im Suchthilfebereich und die Etablierung einer qualifizierten und flächendeckenden Suchthilfe-Infrastruktur in Sachsen drängen würde.
(1) Link zum Interview: http://www.sz-online.de/Nachrichten/Chemnitz/Wohlfuehl-Drogenpolitik_foerdert_Raub_und_Wohnungseinbrueche/articleid-2664645