Den kommenden Samstag (24.8.) haben Neonazis in Tschechien zum „Nationalen Kampftag“ gegen Roma ausgerufen. In mittlerweile sieben Städten werden antiziganistische Aufmärsche erwartet.
In den Städten Ostrava (Ost-CZ), Plzeň (West-CZ), České Budějovice (Süd-CZ), Jičín und Duchcov (beide im Norden von CZ) sollen am Samstag ab 15 Uhr neonazistische Hass-Märsche gegen Roma starten.
Der Aufmarsch in Ostrava findet im Rahmen der neonazistischen „Czech lions Tour“ statt, mit der eine neu formierte Nazi-Gruppierung („Tschechische Löwen“/ Čeští lvi) seit Ende Juli 2012 mit eher mäßigem Erfolg versucht Kapital aus der schwelenden antiziganistischen Stimmung zu schlagen.
Die lokalen Behörden haben den Marsch zwar Anfang der Woche wegen drei gleichzeitig stattfindenden antirassistischen Aktionen verboten. Numehr wurde ihnen eine Kundgebung erlaubt. In Ostrava wird eine große und militante Ansammlung von Nazis aus Tschechien, die von Hooligans aus Polen unterstützt werden, erwartet.
Die Aufmärsche in Plzeň, Jičín und České Budějovice werden von unabhängigen Nazigruppierungen organisiert. Für České Budějovice ruft der „Freie Widerstand“ (Svobodny Odpor) auf. Diese militante Gruppierung hat sich von der Neonazi-Partei DSSS ab- und den „Tschechischen Löwen“ zugewandt. In der Stadt im Süden Tschechiens wollen sie an die jüngsten Ausbrüche anknüpfen – an vier aufeinanderfolgenden Wochenenden im Juni/ Juli gab es hier zumeist gewaltsame Ausschreitungen von Nazis im Plattenbauviertel Maj, in dem viele Roma leben.
In der Kleinstadt Duchcov, in der am 22.6.2013 die aktuelle Hasswelle gegen Roma ihren Anfang nahm, ruft wiederum die neonazistische Partei DSSS zu einer Kundgebung auf. Die Station der „Czech lions“-Tour am vergangenen Samstag dagegen war ein Debakel, nur 40 AnhängerInnen fanden sich dort ein. Im Juni waren an die Tausend Nazis und „NormalbürgerInnen“ dem Aufruf der DSSS gefolgt. Ob die Partei diesmal wieder mit Unterstützung aus der Bevölkerung rechnen kann, wird sich zeigen. Die „freie Szene“ hat sich jedenfalls von ihr abgewendet.
So stark Abneigung und Hass gegen Roma auch in der tschechischen Bevölkerung auf Resonanz stoßen, formiert sich doch Widerstand gegen die bedrohliche Stimmungsmache der Naziszene. In fast allen Städten sind antirassistische/ zivilgesellschaftliche Gegenaktionen angekündigt. In Ostrava und Duchcov wird es mit Unterstützung der NGO Konexe Roma-Happenings geben, die einen Kontrapunkt setzen, aber auch ermutigend auf die Roma-Bevölkerung wirken sollen. In Plzeň wird zur Blockade der Neonazis aufgerufen. Die geplante Versammlung von Roma in České Budějovice dagegen wurde abgesagt, da eine Gefährdung durch die Nazis nicht ausgeschlossen werden kann.
Inzwischen gibt es für zwei weitere Städte – Varnsdorf und Děčín (beide im Norden) – Aufrufe zu Hassmärschen, die wenn überhaupt spontan stattfinden werden.
Ende Juli 2013 hatte selbst der tschechische Geheimdienst BIS deutliche Worte gefunden: die latente romafeindliche Stimmung könne sich in gewaltsamen, radikalen Aktionen entladen und eine Gefährdung für die „innere Sicherheit“ zu werden. BIS forderte von der Politik „die Spannungen zwischen der Mehrheitsgesellschaft und der Minderheit rasant, pragmatisch und ohne unnötige Emotionen“ anzugehen. Die tschechische Politik allerdings schweigt zu den neuerlichen Hass-Eskapaden.
So gut Einschätzung und Aufforderung tätig zu werden auch klingen, ist Behörden und Politik durchaus vorzuwerfen, die sich zuspitzende antiziganistische Stimmung in den letzten Jahren nicht wahr- und ernstgenommen zu haben. Der Impuls zu ordnungspolitischen statt zu den dringend notwendigen sozialpolitischen Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation der Roma in Tschechien zu ergreifen, kann jedenfalls keine fundamentale Trendwende herbeiführen.
*Bildquelle: http://www.facebook.com/Konexe, Aktion gegen den Naziaufmarsch am 3.8.13 in Vítkov
Ahoj!
Die Ereignisse sind hier ein bisschen zusammengefasst: http://ecoleusti.wordpress.com/2013/08/26/anti-roma-demonstrationen-24082013/.
Gruß