Tag gegen Polizeigewalt am 15. März: Für diskriminierungsfreies, grundrechtskonformes Handeln der sächsischen Polizei ist noch viel zu tun

Am 15.3.2024 wird international der Tag gegen Polizeigewalt begangen. Er wurde 1997 auf Initiative der C.O.B.P. (Collectif Opposé à la Brutalité Policière) aus Montréal und der Gruppe “Black Flag” aus der Schweiz initiiert.

Auch in Sachsen gibt es Diskriminierung und Gewalt durch die Polizei. Das zeigen Erfahrungen von Betroffenen, aber auch belastbare Zahlen.
2022 wurden laut Generalstaatsanwaltschaft Dresden 203 neue Verfahren wegen mutmaßlichen Zwangs oder Amtsmissbrauchs durch Polizisten gezählt, eine Steigerung um 35 zum Vorjahr. Insgesamt 137 Mal wurde der Vorwurf der Gewaltausübung im Amt erhoben. Die allerwenigsten Anzeigen führen zu Konsequenzen. (Link)

Laut Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Leipziger Abgeordneten Juliane Nagel gab es im Jahr 2023 neun Dienstaufsichtsbeschwerden wegen rassistischer Diskriminierung durch Polizeibeamte. Diese niedrigen Zahlen sprechen jedoch nicht für die vermeintliche Unfehlbarkeit polizeilicher Arbeit, sondern dafür, dass viele Betroffene eine diesbezügliche Beschwerde bei der Polizei von vornherein als sinnlos einschätzen. Vor allem verdachtsunabhängige, anlasslose Polizeikontrollen an von der Polizei so definierten „gefährlichen Orten“ bieten racial profiling Vorschub. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Chemnitz 2022 im Fall des Azubis Elhadji B. eine rassistisch motivierte Polizeikontrolle als rechtswidrig erklärt.

Wirksame Maßnahmen fehlen in Sachsen weiterhin. Die Beschwerdestelle bei der Sächsischen Staatskanzlei ist weder unabhängig, noch werden Beschwerden zufriedenstellend bearbeitet. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung von so genannten Kontrollbescheinigungen für Betroffene anlassloser Polizeikontrollen ist scheinbar vom Tisch.

Die Abgeordnete Juliane Nagel erklärt:

„Diskriminierendes und rechtswidriges Handeln oder gar Gewalt durch die Polizei muss ernst genommen und konsequent geahndet werden. Polizeibeamte müssen die Grundrechte in besonderem Maße wahren. Das ist in der Realität eben nicht der Fall. Betroffene berichten immer wieder gezielt wegen ihrer anderen Herkunft kontrolliert und auch herablassend behandelt zu werden.

Als Linksfraktion haben wir jüngst ein Bündel an Maßnahmen für eine moderne Polizei im demokratischen Sachsen beantragt (zum Antrag). Wir fordern unter anderem ein Leitbild, dass die Polizei auf demokratische Werte, gesellschaftliche Offenheit und Transparenz verpflichtet. Und wir fordern dass die Kontrollbescheinigungspflicht bei anlasslosen Personenkontrollen kommt. Das wäre ein sinnvolles Instrument, weil damit die Schwelle für unrechtmäßige Kontrollen erhöht und den Betroffenen Rechtsmittel erleichtert werden.

Wir fordern darüber hinaus den Erlass einer Dienstanweisung mit klaren Kriterien für Personenkontrollen, mithilfe derer Racial Profiling vermieden werden soll. Das ist beispielsweise in der Schweiz gängig.

Die existierende Beschwerdestelle muss eigentlich zu einer wirklich unabhängigen Stelle umgeformt werden, damit Betroffene von rechtswidrigem und diskriminierendem Polizeihandeln dieses Instrument auch nutzen. Mindestens aber muss die Bestehende bekannt gemacht werden.“

PM 14. März 2024

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