Meine Grußworte an die am Samstag in Leipzig stattgefundene Demonstration „Erdogan stoppen“ zur Situation aus der Türkei Flüchtender und der EU-Asylpolitik
Solidarische Grüße an die heutige Demonstration! Es ist wichtig und richtig, die Stimmen zu bündeln, die sich gegen das autoritäre Regime von Recep Erdogan richten. Gerade in einer Zeit, in der autoritäre politische Konzepte und Akteure auf dem Vormarsch sind.
Seit dem Putschversuch gegen Erdogan im Juli diesen Jahres hat sich die Zahl derer, die aus der Türkei in Deutschland Schutz suchen, erhöht. Egal wie wir den Umsturzversuch bewerten: Er zwingt vor allem Kurdinnen und Kurden dazu das Land zu verlassen, um Repressionen zu entkommen. Vor diesem Hintergrund wird der EU-Türkei-Deal, der die Türkei zum willfährigen Helfer der EU bei der Abwehr von Geflüchteten macht, noch weiter zu Farce.
Von Januar bis September 2016 wurden über 3000 Geflüchtete aus der Türkei in Deutschland registriert, davon 1000 nur von Juli bis September. Ein großer Teil von ihnen – nämlich 85 % – sind Kurdinnen und Kurden.
Davon haben allerdings wenige eine Chance auf eine positive Entscheidung über ihren Asylantrag. Nur 7 % bekamen einen Schutzstatus, bei den Kurd*innen sind es sogar nur 5,8 %! Diese niedrige Anerkennungsquote widerspricht der Einladung des Auswärtigen Amtes an Regimekritiker*innen in Deutschland Asyl zu suchen. Scheinbar wird zudem seitens offizieller Stellen zwischen guten und schlechten KämpferInnen gegen die autoritäre türkische Präsidialdiktatur unterschieden.
Eines muss jedoch klar sein: Das Vorhaben der EU die Türkei als „sicheren Herkunftsstaat“ zu deklarieren, muss gestoppt werden. Denn die derzeitigen MachthaberInnen sind nicht nur für linke, sondern auch für demokratisch-zivilgesellschaftliche Akteure lebensgefährlich.
Die Dealerei mit der Türkei steht allerdings symptomatisch für die EU-Asyl-Politik, die maßgeblich von Deutschland beeinflusst wird. Man bedient sich Partner*innen, die für eine inhumane, autokratische und repressive Politik stehen, was aktuell auch an den Verhandlungen mit diversen afrikanischen Machthabern zu sehen ist. Als Vorbild für die so genannten Migrationspartnerschaften (dahinter stecken Vereinbarungen zur Fluchtverhinderung oder Rücknahme von Geflüchteten) fungiert der EU-Türkei-Deal, der seinerzeit „verschärft umgesetzt“ werden soll. Anstatt sichere Fluchtwege zu schaffen, sorgt die EU-Abschottungspolitik auch in diesem Jahr für tausende Tote. Fast 4000 Schutzsuchende sind bei ihrer Überfahrt von Afrika nach Europa in diesem Jahr schon ums Leben gekommen. Währenddessen sitzen insbesondere in Italien und Griechenland zehntausend Geflüchtete unter miesen, menschenunwürdigen Umständen fest, während sich in Deutschland aufgrund der sinkenden Zahlen ankommender Geflüchteter auf die Schultern geklopft wird.
Insgesamt wurden seit September 2015 lediglich gut 6100 Menschen EU-intern verteilt – das sind nicht mal 4 % der zugesagten 160.000 Plätze im EU-weiten Relocation-Programm. Auch Deutschland hat nur einen Bruchteil der zugesagten Plätze zur Verfügung gestellt – nämlich 216 von gut 27.300, also nicht mal ein Prozent! Stattdessen feilen CDU/CSU und SPD daran, Geflüchtete weiter draußen zu halten oder rauszuschmeissen und mit diversen Asylrechtsverschärfungen das Leben schwer und unmissverständlich deutlich zu machen, dass sie hier nicht erwünscht sind. Ob Asylpaket 1 oder 2, die Errichtung von neuen Abschiebeknästen, wie es auch für Sachsen Anfang 2017 geplant ist, die Wohnsitzauflage, die die Bewegungsfreiheit selbst anerkannter Geflüchteter einschränken soll oder die aktuell geplante harte Gangart gegen selbst langjährig Geduldete. Mit dieser Politik wird der Rassismus der Straße exekutiert, die, die Unterkünfte von Geflüchteten angreifen oder MigrantInnen beschimpfen oder sogar tätlich verletzen, werden bestärkt, dass sie ihre Ziele mit Rassismus und Gewalt erreichen.
Wir müssen diese Politik endlich stoppen! Verbinden wir unsere Kämpfe: der EU-Türkei-Deal muss beendet und alle Versuche die Türkei als „sicheren Herkunftsstaat“ zu deklarieren begraben werden. Stattdessen müssen Grenzen geöffnet werden und die Asylrechtsverschärfungen der letzten Monate zurückgenommen werden. Wer Schutz sucht, soll Schutz bekommen. Solidarität mit allen von Repression und Verfolgung betroffenen!
Bildquelle: Caruso pinguin