Schönes und Bitteres aus der sächsischen Provinz

Hausbesetzung in Geringswalde und „Extremismus“-Bekämpfung a la Limbach-Oberfrohna

In Geringswalde, LK Mittelsachsen, haben junge Leute am vergangenen Samstag (6.3.) ein Haus besetzt. Nachdem ihnen ihr ehemaliges Domizil in der alten Mittelschule des Ortes im November 2008 gekündigt wurde, scheiterten verschiedenste Anläufe zu einem neuen Objekt zu kommen. Mit der Besetzung nehmen die linksalternativen Jugendlichen das Problem selbst in die Hand.
Glückwunsch und gutes Gelingen! (zur etwas stagnierten Berichterstattung über die Besetzung hier)

In Limbach-Oberfrohna, LK Zwickau, ringen antifaschistische Akteure schon lange dafür, dass die tiefschwarze Stadtpolitik das Naziproblem wahrnimmt. Im Ort wohnt die NPD-Landtagsabgeordnete Gitta Schüßler.  In der örtlichen Kneipe „Mannheim“ finden immer wieder zentrale NPD-Veranstaltungen statt (so zb das Rededuell zwischen Andreas Molau und Udo Voigt im März 2009 oder der Jahresempfang der NPD am 23.1.2010).
Im 2008 eröffnete der Laden des Vereins „Soziale und Politische Bildungsvereinigung LO e.V.“ als alternativer Kontrapunkt zu Nazi-Alltag und Ignoranz von Politik und Bevölkerung. Nach nur einem halben Jahr musste der „Schwarzer Peter“ genannte Laden schließen – die Vermieterin verortete die Schuld für die permanenten Naziübergriffe und -schmierereien natürlich bei den BetreiberInnen des alternativen Projektes (Hintergründe: Interview mit dem Vereinschef). Doch seitdem ist keine Ruhe eingekehrt. Mensch kann von Glück reden, dass die „Schwarzer Peter“-Engagierten sich nicht einschüchtern liessen und mittlerweile am Ausbau eines neuen Objektes arbeiten). Doch weder die Nazis noch die CDU-dominierte Stadtpolitik lassen den AntifaschistInnen und sozial Engagierten Ruhe.
Haaresträubend ist vor allem die Reaktion auf das Engagement nicht-rechter Jugendlicher. Gebetsmühlenartig wird insbesondere von der CDU darauf hingewiesen, dass es kein Problem mit Rechtsextremismus, sondern mit Links- und Rechtsextremismus gäbe.
Im Februar gründete sich unter Beteiligung von Diakonie, LINKER u.a. das „Bunte Bürgerforum für Demokratie“, das sich explizit gegen das Naziproblem und nicht gegen eine ideologisch motiviert unterstellte „extremistische Bedrohung“ engagieren will. CDU und FDP folgten dieser Einladung nicht und warnten stattdessen mit Verweis auf die eigens geplante Gründung eines „Bündnisses für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus“ vor Spaltung.
Diese Spaltung erscheint angesichts der Gründungsveranstaltung des antiextremistischen Bündnisses, am 5.3., mehr als wünschenswert. An diesem hatte der NPD-Stadtrat Thorsten Schneider teilgenommen und hatte sich auch noch als Teilnehmer an einem Arbeitskreis des Bündnisses eintragen lassen. Während des Treffens und auch in der Berichterstattung der Freien Presse vom 6.3.2010 regte sich kein fundamentaler Protest. Selbst nachdem die sächsische Arbeitsgemeinschaft Kirche für Demokratie und gegen Rechtsextremismus sowie das Diakoniezentrum in Limbach-Oberfrohna Anfang dieser Woche intervenierten und einer Zusammenarbeit mit der NPD eine Absage erteilten, fiel CDU und FDP nichts Besseres ein als vor der Spaltung des Bündnisses zu warnen. Dazu passt, dass gerade Eckard Jesse, der für die Bagatellisierung von Nazis und Dämonisierung von AntifaschistInnen bekannt ist, eine der ersten Veranstaltungen des antiextremistischen Bündnisses bestreiten soll. Neben einem NPD-Abgeordneten dürfte er sich am wohlsten fühlen und die Absurdität des Extremismus-Paradigmas am deutlichsten werden.

Unterstützt die Soziale und politische Bildungsvereinigung Limbach-Oberfrohna und den Stadtrat Moritz Thielicke!

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