Pressemitteilung Leipziger Initiativkreis gegen die Extremismusklausel

Leipziger Initiativkreis kritisiert die Extremismusklausel des Bundesfamilienministeriums und fordert die Stadt Leipzig auf, gegen dieses antidemokratische Instrument aktiv zu werdenPM, 7.4.2011

Am 22.03.2011 trafen sich erstmals verschiedene Vereine, Initiativen und Akteur_innen der Leipziger Zivilgesellschaft im Erich-Zeigner-Haus, um einen gemeinsamen Umgang mit der sogenannten „Demokratiebestätigung“ bzw. „Extremismusklausel“ auf lokaler Ebene zu diskutieren.

Die „Extremismusklausel“ wurde von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder als
Bedingung für den Bezug von Mitteln aus dem Bundes-Programm „ Toleranz fördern –
Kompetenz stärken“ eingeführt, Sachsen folgte dieser Idee und führte eine abgewandelte
Klausel für das landeseigene Förderprogramm „Weltoffenes Sachsen“ ein.

Auch Leipziger Projektträger_innen, die Gelder aus dem Lokalen Aktionsplan LAP (als
Bestandteil des Bundesprogrammes „ Toleranz fördern – Kompetenz stärken“) beziehen
wollen, müssen demnach ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung
(FdGO) abgeben. Darüber hinaus müssen sie erklären, eine dem Grundgesetz förderliche
Arbeit zu leisten, und Sorge dafür tragen, dass auch Projektpartner_innen dies tun. Gegen
die „Demokratiebestätigung“, die eher als Extremismus-Klausel bezeichnet werden muss,
hat sich bundesweit breiter Protest entfaltet, dem sich nun auch Leipziger Akteur_innen
anschließen.

In einem Schreiben an die Stadt Leipzig und den LAP-Begleitausschuss, der über die
Vergabe der Bundesmittel befindet, fordern mittlerweile über 30 Unterzeichner_innen:

„[…]
* auf die obligatorische Abforderung der oben genannten Klausel als Voraussetzung für die Gewährung von Fördermitteln aus dem Lokalen Aktionsplan zu verzichten. Stattdessen fordern wir, dass sich der Ausschuss – wie in der Vergangenheit – ausschließlich an den Inhalten der Projekte orientiert.

* sich gegenüber der Bundesregierung und dem zuständigen Bundesministerium (BMFSJ) dafür einzusetzen, dass die bislang von Initiativen beantragten Mittel aus dem entsprechenden Bundesprogramm unter Verzicht auf die Abgabe derartiger Erklärungen gewährt werden und deren Abgabe als Fördervoraussetzung aus dem entsprechenden Programmen gestrichen wird.

* […] dem positiven Beispiel anderer Kommunen zu folgen und nach weiteren Fördermöglichkeiten für lokale demokratiefördernde Arbeit zu suchen und diese zu erschließen. […]“

Die Initiative kritisiert die „Extremismusklausel“ als Instrument für Bekenntniszwang und Bespitzelung. Damit wird die bisherige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Initiativen einerseits und Kommune und Zivilgesellschaft andererseits durch ein Klima von Unsicherheit und Misstrauen ersetzt.

Die Extremismusklausel hebt die Forderung nach Linientreue und Loyalität von zivilgesellschaftlichen Akteur_innen zum Staat auf eine neue Stufe, indem sie direkt in den Bereich der Meinungsfreiheit eingreift. Kritische Initiativen sollen damit mundtot gemacht werden. Nach Vorgabe des Bundesministerium soll nicht mehr die Orientierung an den universellen Menschenrechten Leitziel zivilgesellschaftlicher Bemühungen sein, sondern die FdGO – die Demokratie wird damit auf formale rechtsstaatliche Mechanismen reduziert.

Kern der so genannten Demokratiebestätigung ist die so genannte Extremismus-These, die die Gesellschaft in eine demokratische Mitte und extremistische Ränder einteilt. „Extremist_innen“ sollen nachhaltig von staatlicher Förderung ausgeschlossen werden. Wer „extremistisch“ ist, bestimmt jedoch der Verfassungsschutz, dessen Berichte die Initiativen als Grundlage für die Bewertung von Kooperationspartner_innen nutzen sollen.

Dass der staatliche Geheimdienst mit seinen Berichten die Kriterien zur Bewertung von Initiativen und Organisationen als demokratisch oder extremistisch vorgibt, wird von der Leipziger Initiative besonders kritisiert. Denn die Einschätzungen des VS basieren auf intransparenten Kategorisierungen, die nach rechtsstaatlicher Prüfung schnell in sich zusammenbrechen können.

Die Unterzeichner_innen des Schreibens an Stadt und Begleitausschuss sind der Auffassung dass eine demokratische Gesellschaft nicht allein von staatlichen Strukturen, sondern vielmehr von einer aktiven Zivilgesellschaft lebt, die einen permanenten politischen Diskurs antreibt und somit der gelebten Demokratie einen stetigen Wandel ermöglicht. In diesem Zusammenhang ist nicht zu vergessen, dass es immer wieder unabhängige Initiativen sind und waren, die erst auf neonazistische Gewalt und Diskriminierung von Menschen aufmerksam mach(t)en und den Staat zum Handeln zwangen.

Die Initiative lädt alle Akteur_innen, die an einer lebendigen demokratischen Kultur interessiert sind, dazu ein, den Brief an Stadt und LAP-Begleitausschuss zu unterzeichnen und in eine öffentliche Debatte über Sinn und Unsinn der »Demokratiebestätigung« einzusteigen. Zu diesem Zweck bereiten die Aktiven derzeit Veranstaltungen und Aktionen vor. Kontakt: initiativkreis.lap at googlemail.com

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