Am Montag, 6. November 2023 trafen sich Bund und Länder und berieten u.a. zur Migrationspolitik. Mein Kommentar dazu:
„Wir haben kein Flüchtlingsproblem, sondern ein Verteilungsproblem. Seit Jahren werden die Kommunen und die soziale Infrastruktur kaputtgespart. Diese Probleme gäbe es auch ohne Migration und sie müssen umso dringender gelöst werden. Mit mehr Hilfe von Bund und Freistaat können die Kommunen die Aufgabe bewältigen, Schutzsuchende anständig zu behandeln. Die Zahl der Geflüchteten in Sachsen steigt, aber nicht maßlos.
Die Beschlüsse zur Finanzierung waren überfällig. Mit einer Pro-Kopf-Pauschale von 7.500 Euro pro Jahr sind die Kosten für Unterbringung, Versorgung und Integration für die Kommunen aber nicht gedeckt. Sachsen muss seine Landespauschale erhöhen (Drucksache 7/14246). Dresden musste 2022 pro geflüchteter Person mehr als 5.000 Euro zuschießen, die Stadt Leipzig nach bisherigem Stand 1.692 Euro. Auch die Landkreise verzeichneten Millionendefizite. Die Asylpauschale muss zudem um eine Integrationspauschale in Höhe von 50 Millionen Euro ergänzt werden, die für Kindertagesbetreuung, Beschulung und Sprachkurse verwendet wird (Drucksache 7/10059). Menschen mit Migrationsgeschichte müssen schnell in der Gesellschaft und am Arbeitsplatz ankommen. Schluss damit, dass Menschen rausfliegen, die schon lange hier leben und arbeiten! Wer behauptet, wir hätten ohne Zuwanderung genug Fach- und Arbeitskräfte, wirtschaftet das Land herunter. Sachsen hat seit 1990 fast eine Million Einwohnerinnen und Einwohner verloren! Unser Ziel ist es auch bei geflüchteten Menschen, sie so schnell wie möglich von Sozialleistungen unabhängig zu machen.
Verheerend sind die Beschlüsse zu sicheren Herkunftsländern, Grenzkontrollen, Grenzverfahren und zur Verschlechterung der sozialen Sicherung für Geflüchtete. Sie bedeuten Entrechtung und sind verfassungsrechtlich zweifelhaft. Bremen und Thüringen weisen zu Recht auf die katastrophale Wirkung für anerkannte Schutzberechtigte hin. Die Kürzung der Leistungen ist integrationsfeindlich und trifft insbesondere Kinder sehr hart. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt: Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren! Hilfreich sind weder Leistungskürzungen noch Sachleistungen für Geflüchtete, sondern Lösungen für soziale Probleme wie Armut, Niedriglöhne oder Wohnungsnot, damit niemand zurückgelassen wird. Nötig sind gute Arbeitsbedingungen für Fachkräfte an Schulen und in der Integrationsarbeit, nicht die Kürzung der Migrationsberatungsstellen. Wir fordern eine Offensive für soziale Gerechtigkeit anstelle des laufenden Überbietungswettbewerbs in Abschottung und sozialer Härte. Letzteren gewinnt nur die extreme Rechte.“
PM 07. November 2023