Vor einigen Tagen wurde die novellierte Förderrichtlinie „Integrative Maßnahmen“veröffentlicht. Die Fördergegenstände wurden neu in Fördersäulen untergliedert, neue Antragsfristen und Bedingungen definiert. Die neuen Regeln sind auch die Folge einer Prüfung des Rechnungshofes, der den Richtlinienvollzug untersucht hatte. Für die Träger hat die Neuregelung gravierende Folgen: In der neuen Säule A (Landesweite integrationsfördernde Strukturprojekte) fehlt die Unterstützung des landesweiten Dachverbands von Migrant*innenorganisationen. Für diese Interessenvertretung von Menschen mit Migrationsgeschichte war laut Doppelhaushalt ab 2024 sogar eine institutionelle Förderung vorgesehen. Freie Träger, die bereits zum Juli 2023 die Förderung integrationsfördernder Einzelprojekten (Säule B) für die Folgejahre beantragt hatten, müssen ihre Anträge jetzt komplett überarbeiten und bis zum 15. Dezember 2023 einreichen.
Mein Kommentar:
„Die neue Förderrichtlinie ist in vielerlei Hinsicht enttäuschend. Ihr abruptes Inkrafttreten stellt viele freie Träger, die seit Jahren verlässlich für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte arbeiten, vor große Herausforderungen. Es ist unzumutbar, dass die Engagierten, die ohnehin mit geringen Ressourcen auskommen müssen, eilends neue Anträge stellen müssen – sie hatten das bereits fristgerecht nach alter Richtlinie getan. Eine Entscheidung über diese Neuanträge für integrationsfördernde Einzelprojekte ist für das 1. Quartal 2024 angekündigt. Das bedeutet, dass Beschäftigte entlassen und Projekte auf Eis gelegt werden müssen. Die Schwächung des Dachverbands sächsischer Migranten*innenorganisationen ist fatal und ein Kniefall vor jenen Kräften, welche die Kritik des Rechnungshofes politisch instrumentalisieren.
Letzteres trifft auch auf die Implementierung einer Extremismusklausel light und den Ausschluss politischer Aktivität aus der Förderung zu (III. 4 und 6g). Die Staatsregierung tritt jenen mit Misstrauen entgegen, die sich ideell und praktisch für eine offene, diskriminierungsfreie Gesellschaft und die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte engagieren. Letztlich wird ihnen ein Maulkorb verpasst. Die Arbeit für die Integration und Partizipation von Menschen mit Einwanderungsgeschichte ist politisch – was sonst? Sie erfolgt vielerorts gegen den Willen konservativer Landräte und Verwaltungen. Es liegt auf der Hand, dass diese Arbeit menschenrechtswidrige Politik kritisieren muss.
Es ist enttäuschend, dass ein SPD-geführtes Ministerium eine solche Richtlinie auf den Weg bringt und Integrationsarbeit entpolitisiert, anstatt sich vor die Projekte zu stellen.“
PM 01.12.2023