Neonazistische Lok-Fangruppierung Scenario gibt im Stadion den Ton an

Der Leipziger Fußball-Verein 1. FC Lokomotive muss handeln. Stadträtin fordert Problemanalyse und Maßnahmen

Was sensibilisierten Akteuren schon lange bekannt ist, bestätigt das Sächsische Landesamt für  Verfassungsschutz nun höchst selbst: Die Lok-Fangruppierung Scenario wird als „rechtsextremistisch“ eingeschätzt. Sein Sommerfest richtete Scenario darum folgerichtig am 18./19.8. im NPD-Zentrum in der Odermannstraße 8 aus. Mit T-Shirts der Fangruppe bekleidete Besucher der Veranstaltung bedrohten in diesem Zusammenhang Gäste eines benachbarten Kunstvereins und lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Juliane Nagel, Stadträtin in Leipzig erklärt:

Ich wiederhole meine Forderung vom 2.9.2012, als Scenario Lok einen Fanmarsch zur „Red Bull“ Arena anführte und im Stadion unter Beifall Choreografien aufführte: Der 1. FC Lok muss jetzt klar Flagge gegen das rechte Treiben eines Teils seine Anhängerschaft zeigen. Der Verein trägt maßgeblich mit dafür Verantwortung, ob sich zukünftig jugendliche Fußballfans an extrem rechten „Vorbildern“, wie Scenario LOK, orientieren und somit eine problematische Fansozialisation einschlagen oder ob sie die Chance haben, sich in weltoffenen, humanistisch und gewaltfrei orientierten Fangruppen zu organisieren.

  1. Ich fordere die Verantwortlichen des 1. FC LOK Leipzig auf, als ersten Schritt ein Hausverbot für Scenario-LOK und einzelne Protagonisten der Gruppierung, die zur organisierten Naziszene gehören – wie z.B. der Vorsänger Marcus W. –, auszusprechen.
  2. Ich empfehle den Verantwortlichen des Vereins, dem Problem von Andockversuchen von neonazistischen Akteuren und Gruppen nicht nur durch kurzfristige und repressive Maßnahmen entgegenzuwirken, sondern mit einem strategisch durchdachten und mit der Stadt sowie dem Fanprojekt abgestimmten Maßnahmenplan und einer Konzeption zu begegnen. Voraussetzung für den von mir geforderten Maßnahmenplan ist eine schonungslose Problemanalyse.
  3. Ein weiterer Schritt wären ein verbindlicher Beginn der Kooperation mit dem offiziellen Leipziger Fanprojekt sowie konkrete und kontinuierliche Projekte gegen Diskriminierung und Gewalt im eigenen Verein und den anerkannten Fangruppierungen. Verein und Anhängerschaft müssen sich dem Problem offen und ehrlich stellen. Dies ist bisher nicht der Fall.

So meinte Lok-Sicherheitschef Steffen Kubald vor und nach dem Derby, dass der Fanmarsch nichts mit dem Verein zu tun hätte. Diese Aussage wird angesichts der mit Unterstützung des Vereins von Scenario-LOK vorbereiteten Derby-Choreografie und der unbeanstandeten Verwendung des offiziellen Lok-Logos in der Scenario-Symbolik absurd. Ebenfalls muss sich der Verein Fragen lassen, wieso neben Tausenden Fans auch die LOK-Offiziellen die von Scenario verkauften T-Shirts trugen? War ihnen nicht bewusst, dass sie diese rechte Fangruppierung so ideell und auch finanziell unterstützten und aufwerteten?

Nicht zuletzt ist auch die Stadt Leipzig gefragt. Sie sollte dem Verein bei der Erarbeitung und Umsetzung eines Maßnahmenplans unterstützend unter die Arme greifen, beispielsweise mit Know-How im Umgang mit rechtsorientierten Bestrebungen im Verein. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die 2010 novellierte Sportförderrichtlinie der Stadt Leipzig, die die Absage an rassistisches, antisemitisches und diskriminierendes Gedankengut als Voraussetzung für den Bezug öffentlicher Gelder definiert.

Letztendlich muss allerdings klar sein, dass das Gewaltproblem und das entstandene Klima der Angst und der Einschüchterung gegenüber Fans anderer Vereine, wie zuletzt  nach dem Stadtderby 1. FC Lok Leipzig vs RB Leipzig am 2.9.12, nicht automatisch mit dem Problem neonazistischer Einstellungen gleichgesetzt werden darf. Wirksame Sicherheitsmaßnahmen bei Risikospielen können durch bessere Absprachen zwischen Polizei, Ordnungsamt und Verein gelöst werden. Auch hier gilt, dass eine realistische Gefahreneinstufung vor kommerziellen Interessen (Alkoholausschank etc.) der Vereine stehen muss.

Die wirksame Bekämpfung von rechten Einstellungen und das Unterbinden der Weitergabe rechter Ideologien an junge Fußballanhänger durch falsche Vorbilder ist dagegen ein langer Weg, der kontinuierliche Sensibilisierung und Anstrengung erfordert.

Pressemitteilung, 11.9.2012

Hintergrund:

* Verfassungsschutz Sachsen zu Scenario Lok: „Eine rechtsextremistische Fußballfangruppierung“ (Leipziger Internetzeitung,10.9.12)

* 1. FC Lokomotive Leipzig muss sich mit dem Naziproblem in der eigenen Fanschaft auseinandersetzen und handeln (PM, 2.9.12)

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