Nazizentren zu Tanzschuppen?

o8_11914Nach fast sechs Jahren Existenz machte das Nazizentrum in der Odermannstraße 8 in Leipzig-Lindenau am 11.9.2014 dicht. Das Landtagswahlergebnis hatte die NPD aus dem Landesparlament gefegt und damit Geldquellen zum Versiegen gebracht. Nun versuchen Partycrews das Gebäude zu beleben und verhelfen damit dem Eigentümer zu Geld und Rehabilitation.

 

Bevor die Pläne für die Errichtung eines Nazizentrums 2005 zu spinnen begonnen wurden, gehörte das Grundstück Winfried Petzold, der langjähriger Vorsitzender der NPD Sachsen und zuletzt Landtagsabgeordneter für die Nazipartei war. Aufgrund seiner Privatinsolvenz überschrieb Petzold das Objekt an Steven H., mutmaßlich ein Strohmann mit Briefkastenadresse in Grimma. Im November 2008 wurde das NPD-Zentrum mit dem Slogan „Leipzig nicht den Roten überlassen“ eröffnet. Seitdem riss der Protest vor allem von antifaschistischen Zusammenhängen nicht ab. Auch Zivilgesellschaft und offizielle Politik zogen nach.
Doch selbst nach Petzolds Tod im Dezember 2011 gab es für Steven H. scheinbar keinerlei Zweifel an der Vermietung des Objektes an Neonazis.  Weder Nazikonzerte, geschichtsrevisionistische Vortragsabende, Vernetzungstreffen der Szene oder gewalttätige Übergriffe von rechten Hooligans aus dem Zentrum heraus – kurzum die herausgehobene Rolle des Ortes für die regionale Naziszene – schienen den Eigentümer in irgendeiner Form zu stören.

Mit der Schließung des Objektes  versiegten für H. offensichtlich wichtige Geldquellen. Für die Miete des zweistöckigen Wohnhauses mit angebautem Mehrzweckgebäude und geräumigem Hof dürften mehrere Tausend Euro monatlich geflossen sein.

Am 5.12.2014 fand nun die erste Party in den Räumen des langjährigen NPD-Zentrums statt. Am 6.12.2014 folgte die Nächste. Aufgrund irritierter Passant*innen, die gegen das vermeintliche Nazizentrum pöbelten, wurde von den Veranstalter*innen am zweiten Abend mit einer Dia-Projektion auf die Ablehnung von Nazis aufmerksam gemacht.

„Nazizentren zu Tanzschuppen“ lautete 2009 das Motto einer Demo des Ladenschluss-Bündnisses,  das seinerzeit erfolgreich gegen eine Thor-Steinar-Laden in der Leipziger Innenstadt vorging.
So leicht sich diese Parole für die aktuelle Umnutzung der O8 in Anschlag bringen lässt, so falsch sind die Vorzeichen, unter denen dies geschieht.
H., dem das Grundstück auch heute noch gehört, hat 2005 wissentlich einen Deal mit einem Nazi gemacht und hat jahrelang Naziideologie und -gewalt mit bestem Wissen und Gewissen (infra)strukturell unterstützt.
Wider besserem Wissen sind sich Partycrews heute nicht zu blöd, einem solchen Akteur zu Einnahmen zu verhelfen. Das ist nichts anderes als scheinheilig und dumm.

Insofern muss die Zielstellung modifiziert und differenziert werden: Naziprofiteure enteignen, und dann: Nazizentren zu Tanzschuppen. :)

2 Gedanken zu „Nazizentren zu Tanzschuppen?“

  1. Enteignungen gab es zu DDR Zeiten, Frau Nagel.
    Wenn dass mal so kommen sollte, wäre Ihre Partei die Erste, die Federn lassen müßte und sich von den SED Millionen trennen kann!

  2. Das ist ja ein Ding! Ein Nazizentrum? Naja, besonders schön ist das Haus gar nicht.Normale Mieter würden wahrscheinlich nicht einziehen.

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