Mieterhöhungen durch die kommunale LWB. Nicht „nur“ in der Pandemie ein Problem.

Ende Januar veröffentlichten Mieter*innen aus dem Musikviertel einen offenen Brief, mit dem sie die Erhöhung der Miete durch ihre Vermieterin, die kommunale Leipziger Wohnungsbaugesellschaft LWB kritisieren. Die Mieter*innen aus dem Musikviertel weisen darauf hin, dass diese Mieterhöhung in Zeiten der Corona-Pandemie und von einem kommunalen Wohnungsunternehmen vorgenommen wird, das in besonderem Maße an das Gemeinwohlinteresse gebunden ist.

Die Corona-Pandemie bedeutet für viele Menschen ökonomische Einbußen oder die Verschärfung der sowieso prekären Lage: Kurzarbeit mit Lohnabstrichen, Erwerbslosigkeit, höhere Lebenshaltungskosten. Gesetzliche Regelungen, die Mieterhöhungen in Pandemie-Zeiten verbieten gibt es trotz zahlreicher Forderungen von Mieter*innenverbänden und -initiativen nicht, bundesweit sind wenige Beispiele von Wohnungsunternehmen bekannt, die von sich aus auf Erhöhungen verzicht(et)en.
Und genau das ist in diesen Zeiten richtig, insbesondere wenn es um öffentliche Vermieter*innen geht, die einen Kontrapunkt zu Renditestreben darstellen (sollen).

Es handelt sich im Fall der Mieter*innen des Musikviertels um eine Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, verankert in 558 § BGB. Diese ist nicht schrankenlos möglich, sondern im Regelfall um 20 % in drei Jahren, in Leipzig gilt aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes die herabgesetzte Kappungsgrenze von 15 %.

Dass auch die LWB Mietspiegelmieterhöhungen vornimmt ist nicht neu. Ich wurde darauf bereits Ende des Jahres 2019 hingewiesen. Um die Weihnachtszeit trudelte bei einem Bekannten, der aufgrund seiner Erwerbsunfähigkeit auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, eine Mietspiegel-Erhöhung von 40 Euro für seine LWB-Wohnung ein, für ihn ein harter Schlag und eine echte finanzielle Belastung.
Die LWB antwortete seinerzeit auf meine Anfrage, dass sie im Jahr 2019 insgesamt 6.250 Mieterhöhungen vorgenommen hat. Davon lagen nach ihrem Bekunden 4.914 im Bereich bis 20,- Euro je Monat, weitere knapp 1.000 im Bereich bis 30,- Euro, ergo über die Hälfte in der Größenordnung bis zu 5% Mieterhöhung, weitere knapp 40 % in der Größenordnung bis 10 %.
Laut Antwort auf meine neuerliche Anfrage waren es im Jahr 2020 6.719 Mieterhöhungen, nach Bekunden der LWB davon zirka 90 % in einer Spannweite von weniger als 10 € bis 30 € monatlich.
Für das Jahr 2021 seien Mietanpassungen nach Mietspiegel für rund 5.950 Wohneinheiten beabsichtigt.

Was nummerisch nicht immens klingt, ist für die Betroffenen in der Wirkung höchst individuell. Eine prekär lebende Familie können 10 bis 30 Euro im Monat schwer treffen, den oder die normalverdienende Single weniger.
Im Musikviertel zeigt sich zudem, dass die LWB über die im BGB definierte Zeit die komplette Erhöhungsbefugnis von 15 % ausschöpft. Für eine Wohnung werden aktuell beispielsweise fast 37 Euro bzw. 10 % monatlich mehr veranschlagt. Schon zwei Jahre zuvor wurde die Miete allerdings um 5 % erhöht.

Grundsätzlich stellt sich die Frage warum Mieten überhaupt und ohne eine Verbesserung der Wohnsituation vorzunehmen erhöht werden.

Das Problem liegt im Zustandekommen der ortsüblichen Vergleichsmiete, die den Mieterhöhungen ihre Legitimation gibt, dem Mietspiegel. Der Mietspiegel wurde 1974 in der Bundesrepublik eingeführt, um den Rechtsbegriff der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ zu konkretisieren. Doch der Mietspiegel ist, wie kritische Expert*innen ganz richtig kommunizieren, ein Mieterhöhungsspiegel. § 558 Abs. BGB regelt, wie die „ortsübliche Vergleichsmiete“ ermittelt wird. Hier ist festgehalten, dass in die Berechnung der ortsübliche Vergleichsmiete Mieten einfließen, die in den letzten sechs Jahren vereinbart oder geändert wurde. Die Bestandsmieten allerdings fließen in den Mietspiegel nicht ein. Der Mietspiegel repräsentiert gerade in Gebieten, wo Grundstückspreise und Mieten steigen bzw. nach oben getrieben werden, die Interessen der Eigentümer*innen und nicht der Mieter*innen. Initiativen für eine echte Reform des Zustandekommens des Mietspiegels versackten in den vergangenen Jahren.

Mietspiegelmieterhöhungen müssen nicht vorgenommen werden. Die LWB argumentiert, dass die „moderaten Mieterhöhungen“ nötig sind, um Investitionen in Bestand und Neubauprojekte zu ermöglichen und bietet laut eigenen Aussagen für Mieter*innen, die mit den Erhöhungen überfordert sind, Einzelfalllösungen an. Im Jahr 2020 versagten zunächst 295 Mietparteien die Zustimmung zur Erhöhung. In über der Hälfte wurden mit den Mietparteien eine einvernehmliche Lösung abgestimmt.
Ein öffentliches Kontra wie die Mieter*innen aus dem Musikviertel es geben, ist neu und als Form der Beteiligung von Mieter*innen unbedingt zu begrüßen. Die Debatte um die Ausrichtung der kommunalen LWB muss in der gesamten Stadtgesellschaft geführt und die LWB öfter daran erinnert werden, dass sie kein privatwirtschaftliches Unternehmen ist.

Aktuell wird von einem breiten Bündnis bundesweit ein Mietenstopp gefordert. Die Kampagne denkt dabei die Belange fairer Vermieter*innen mit indem ihnen eine maximale Mietsteigerung von 2 Prozent jährlich erlaubt sein soll, wenn die Mieten die definierten Oberwerte nicht übersteigen.

Das Problem ist also grundsätzlicher und überregionaler Natur.
Trotzdem ist klar und deutlich anzuprangern, dass ein öffentliches Wohnungsunternehmen Mieten in der Pandemie erhöht. Denn: Es ist seine Aufgabe mieter*innenfreundlicher zu agieren als es renditeorientierte Privatunternehmen tun.
Im Kapitalismus heißt das, dass der Staat es richten und die öffentliche Hand öffentliche Unternehmen im Zweifelsfall mit Geld ausstatten muss. Wenn Wohnen keine Ware ist, kann ein Wohnungsunternehmen auch nicht den Prinzipien des Marktes unterworfen werden. Daseinsvorsorge muss sich nicht rechnen müssen. Das gilt vor allem die LWB.

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