Menschenverachtende Scheinlösung aus der Mottenkiste: Sachleistungen statt Bargeld

Die CDU fordert innereuropäische Grenzkontrollen, die SPD forciert Migrationsabwehr, die Grünen wollen Abschiebungen durchsetzen und die AfD hat im Sächsischen Landtag die Umstellung von Asylbewerberleistungen auf Sachleistungen beantragt. Dagegen habe ich in meiner Rede reagiert und u.a. die Mär von Pull-Faktoren dekonstruiert:

Da hat die AfD aber wieder tief in die Mottenkiste gegriffen um die Stimmung gegen schutzsuchende Menschen anzuheizen. Sachleistungen statt Bargeld und mehr Sanktionen sollen es also richten, sollen die Herausforderung der steigenden Zahlen Geflüchteter lösen. Wenn es nicht so bitterböse wäre, könnte man über eine so billige Rechnung nur lachen.

Das Sachleistungsprinzip ist fester Bestandteil des diskriminierenden Sondergesetzes namens Asylbewerberleistungsgesetz, das im Schlepptau der rassistischen Pogromstimmung Anfang der 1990er Jahre mit der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl eingeführt wurde.

Die Annahme, dass die Zahlen derer, die in Europa, in Deutschland Asyl suchen mit der massiven Schlechterstellung bei Grundleistungen zum Leben und Gesundheitsversorgung sinken, war damals so falsch wie sie heute ist. Das Märchen von Pullfaktoren, die Menschen aus ihren Herkunftsländern weggehen lassen, ist vielfach widerlegt. Menschen fliehen wegen Verfolgung, Krieg und Notlagen und nicht wegen der angeblichen Annehmlichkeiten in Deutschland.

Die AfD ist sich aber nicht blöd genug um die alte Kamelle wieder in die Manege zu zerren und das auf Basis selektiver Zahlen.

Wir sind als LINKE wirklich weit davon entfernt Menschen nach ihrer Nützlichkeit für den kapitalistischen Betrieb zu bewerten, aber wer verschweigt, dass migrierte und geflüchtete Menschen erheblich zum Funktionieren dieser Gesellschaft beitragen, Wohlstand erwirtschaften und Steuern zahlen, der spielt mit falschen Karten.

Derzeit haben bundesweit über 625.000 Menschen aus Asylherkunftsländern eine Beschäftigung, in Sachsen waren es im vergangenen Jahr über 16.000. Die Arbeitslosenquote für diese heterogene Gruppe ist seit dem Jahr 2016 von 65 % auf 30 % gesunken, die Zahl der beschäftigten Geflüchteten in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Nicht zu vergessen sind zehntausende Azubis mit Fluchthintergrund, die Berufe erlernen und damit an der Schwelle zur Beschäftigung stehen. Die Investitionen in Spracherwerb und Berufsbildung zahlen sich also aus.

Wer Zugang zu Bildung, Ausbildung, Beschäftigung und Teilhabe hat, ist nicht nur individuell zufriedener sondern wird schneller Teil der hiesigen Gesellschaft. So sieht es aus, dafür sprechen die Zahlen, darüber müssen wir reden und Bürokratie und Barrieren ab nicht aufbauen! Und was ist es sonst als volle Kanne Bürokratieaufbau geflüchtete Menschen wieder mit Sachleistungen abzuspeisen.

Aber schauen wir auf die Realität: In den Erstaufnahmeeinrichtungen wird das Sachleistungsprinzip angewendet, für die in die Kommunen verteilten Menschen ist diese entwürdigende Form der Versorgung sukzessive abgeschafft worden. Ermächtigungen zu Leistungskürzungen hält das Sondergesetz Asylbewerberleistungsgesetz nichts desto trotz bereit, Kürzungen, die auch vor Familien mit Kindern nicht Halt machen, die in Sachsen viel zu oft zur Anwendung kommen und die wir verfassungsrechtlich für bedenklich halten.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an das wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2012, nach dem die Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes als unzureichend erklärt wurden. Der Schlüsselsatz dieses Urteils lautet „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“. Das Grundgesetz garantiert die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums für alle Menschen!

Um so bedenklicher ist es, wenn auch CSU, CDU und FDP lauthals in den aufwiegelnden asylfeindlichen Ton einstimmen und gezielt die grundgesetzlich verbriefte Menschenwürde relativieren.

Für die, die auf Verfassungsgrundsätze nichts geben, gibt es aber auch ein pragmatisches Argument gegen das Sachleistungsprinzip: Bürokratie! Es ist würde für die Kommunen einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeuten, ganz praktisch können sie dies heute schon an den Behandlungsscheinen für Geflüchtete im Asylbewerberleistungsbezug sehen. Eine elektronische Gesundheitskarte, die die hiesige Koalition nicht auf die Reihe bekommen hat, würde die Versorgung für alle, ja wirklich alle Beteiligten einfacher machen.

Wir lehnen sowohl die soziale Entrechtung als auch das menschenverachtende Sanktionsregime ab, vom dem die AfD träumt. Und ich möchte unterstreichen, dass diese menschenverachtende Denkweise vielleicht bei Geflüchteten beginnt, vor anderen Bevölkerungsgruppen aber sicher keinen Halt machen wird.

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