Statement zur Debatte um den Auftritt von Thomas Maul im Conne Island, der Positionierung des CI und dumpfen Kritiken
Es muss um die Jahrtausendwende herum gewesen sein, als ich das erste Mal mit dem Conne Island in Berührung kam. Als Vertreter*innen einer Partei dockten wir an politische Zusammenhänge im Conne Island an und arbeiteten fortfolgend in verschiedenen Bündniskontexten miteinander. Mit dem dort erworbenen enormen theoretischen und politischen Rüstzeug, wirkten wir in die damalige PDS zurück, nicht zuletzt die Gründung des linXXnet fällt in diese Zeit. Diese und fortwährende Interaktionen zwischen außerparlamentarischer Bewegung, die damals noch vor allem im CI angesiedelt war, und partei-lichem Engagement konnte bei Themen wie Überwachung, Antifaschismus und auch Israelsolidarität in der folgenden Jahren viel bewegt werden. So sensibilisierten wir in den Jahren 1999 ff auch in der eigenen Partei und gesellschaftlich erfolgreich gegen akzeptierende Jugendarbeit mit Nazis, gegen die Logik von Kontrolle und Überwachung und initiierten 2006 u.a. die Kampagne „Hamas raus aus den Köpfen“ (gegen die Einladung eines Hamas-Funktionärs zu einer Nahost-Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung). Auch als Essenz einer intensiven Kommunikation und Kooperation mit linksradikalen Akteuren aus dem Umfeld des CI setzten wir uns in der Folge in der Linkspartei intensiv für das Existenzrecht Israels und ein politisches Bekenntnis zum Staat der Shoa-Überlebenden ein und tun das mit vielen Verbündeten noch heute, entgegen aller Beschimpfungen und Schmähungen.
Diese Schlaglichter der eigenen linken Sozialisation sind essentiell um ein positives, produktives Verhältnis zum Conne Island als Ort emanzipatorischer Politik zu untermauern. Auch die Funktion des Island kontrovers in eine linke Szene und Debatte einzuwirken war über Jahre ein nicht immer einfacher, aber spannender und reibungsvoller Punkt. Niemals gab es bei mir in diesem Zuge Dünkel das Projekt infrage zu stellen.
Nicht das Statement zum Umgang mit Geflüchteten auf Parties, nicht die Auftritte zurecht kritisierter Bands, nicht der Besuch von Bernd Merbitz, nein es ist das Statement zum viel diskutierten Auftritt von Thomas Maul, das mich am Conne Island als politische richtigem Ort im falschen Gesamtkontext zweifeln und fragen lässt: Ist hier das Band zu linker, emanzipatorischer Politik zerschnitten und werden die derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnisse im Laden überhaupt noch zur Kenntnis genommen?
Das Conne-Island-Statement zum Sachverhalt des Auftritts von Thomas Maul halte ich für feige. Nachdem andere Partner*innen des hiesigen „70-Jahre-Israel“-Bündnisses Maul einen Veranstaltungsort versagt hatten, nachdem jener die AfD als „EINZIGE Stimme der Restvernunft im Deutschen Bundestag“ bezeichnete, war es das CI, das den Ausfallbürgen spielte. Im Statement zum Sachverhalt wird dies mit Verfahrensfehlern, aber nicht inhaltlich begründet.
„Wer die Erwartung hatte, im Nachhinein eine klare Verteidigung oder Distanzierung vom Conne Island zu der Veranstaltung zu erhalten, wird hiermit enttäuscht.“ heißt es in einem offensichtlich mühsam erarbeiteten Statement, das am 24.7.2018 erschien.
Diese Nicht-Positionierung wird zum Problem, wo AfD-Verharmlosung als Position kleingeredet wird, die in einem linken Zentrum stattfinden kann, als Element einer Diskussion„bei der nicht alle im Vorfeld eine Meinung teilen“. Dies steht im ganz offensichtlichen Widerspruch zu dem Selbstbekenntnis zu Feminismus, Antifaschismus und Israelsolidarität, das im Statement des Conne Island fortfolgend dann vor sich hergetragen wird.
Wenn mensch bei Thomas Mauls Erguss all die Polemik abzieht, die für Bahamas-Redakteure typisch und nur noch geeignet ist, das Pamphlet wegzulegen, bleiben: Antifeminismus und Verharmlosung von Rassismus. Von konsequentem Antifaschismus, der die AfD selbstverständlich einbeziehen muss, ganz zu schweigen.
Damit macht sich Maul, ja macht sich das Conne Island tatsächlich zu Verteidiger*innen weißer Überlegenheit und der männlichen Norm. Und sie verleugnen nicht zuletzt, dass Rassismus essentieller Bestandteil der herrschenden Ideologie ist und Rassismuskritik darum Bestandteil von Ideologiekritik sein muss. Nicht gegen die notwendige Analyse und Problematisierung von Antisemitismus und Sexismus, sondern auch in Betrachtung ihrer Verschränkungen.
Wenn Isralsolidarität bzw. Antisemitismus so (und: warum eigentlich unabdingbar vorgetragen von Maul und Bahamas-Redakteur*innen?) zum Hauptwiderspruch konstituiert wird, wird weit hinter bereits Reflektiertes zurückgefallen. Natürlich fungiert Antisemitismus auch heute als Projektionsfläche für falsche Kapitalismuskritik und Unwohlsein mit der bürgerlichen Gesellschaftt. Natürlich bleibt Israel als Konsequenz aus der Shoa in hohem Maße bedroht, ob durch Sprengstoffgürtelträger*innen oder die internationale Politik. Doch die Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und Hass aufgrund der Herkunft sind ebenso zentral zu bearbeitende virulente Probleme, die ebenfalls – und durch die AfD aufgeheizt und angefeuert – längst zu zentralen Pfeilern von gesellschaftlicher Regression geworden sind, als Elemente einer plumpen Systemkritik funktionieren und die die betroffenen Menschen existenziell bedrohen. (Und nein: Das ist keine Gleichsetzung der verschiedenen Ideologien, die ihre eigenen Logiken haben.)
Die Effekte der Conne-Island‘schen Äquidistanz sind verheerend. Nicht weil sich Rechtspopulist*innen ein weiteres Mal ins Fäustchen lachen können. Mit der Entscheidung Mauls Vortrag einen Raum zu geben – entgegen der entschiedenen Haltung anderer Bündnisakteure – hat das Conne Island eine Grenze verschoben und sich auf die Seite von polemischem AfD-Hype, Getöse gegen Feminismus und Rassismusrelativierung gestellt. Das Statement zur Debatte stärkt diesen Eindruck. Es entsteht der Eindruck, dass das Conne Island eine Art Korps-Geist in Richtung Maul und Bahamas pflegt. Aber: Warum?
Klar ist dagegen: Boykottaufrufe wie der einer anonymen antiimperialistischen „Initiative“ inklusive Forderungen nach Streichung von Fördermitteln sind Bullshit, unsachlich und im Endeffekt gefährlich. Genau diese wild um sich herumargumentierende und Namen in den Raum stellende Initiative (ähnlich agiert Thomas Maul btw derzeit auf facebook) argumentiert mit der ach so kritisierten AfD und der CDU und wendet sich noch dazu an den so kritisierten Staat, wenn sie vom Kulturamt der Stadt die Streichung von Fördermitteln einfordert. An diesem Punkt ist für mich glasklar: eine harte politische Auseinandersetzung um den Streitpunkt: ja, Entsolidarisierung und falsche Bündnisse: nein.
Projekte wie das Conne Island sind und bleiben in dieser falschen Gesellschaft und in der zugespitzten politischen und gesellschaftlichen Stimmung essentielle Freiräume, zum Leben, zum Politik machen, Kritik üben und schärfen. Das Conne Island sollte sich mit seinem Plenum genau dessen und der eigenen Verantwortung bewusst(er) sein.
Ich weiß nicht, ob es aus der Mitschrift hervorgeht, aber zumindest während des Vortrags wurde deutlich, worauf Maul mit dem AfD-Vergleich hinaus will: Dass es eine Schande für alle anderen Parteien ist, wenn die beste Rede zum Geburtstag Israels von der übelsten Partei im Bundestag kommt.
Vor diesem Hintergrund wird auch das Facebook-Posting verständlich. In voller Länge schrieb Maul: „Immer wieder erscheint die AFD objektiv als EINZIGE Stimme der Restvernunft im Deutschen Bundestag“. Kein Wort davon, dass Maul das gut fände. Ich interpretiere es eher als Vorwurf an die anderen Parteien.
Links als auch Rechts bedienen sich , in ihren theoretischen Grundstruckturen bei Martin Heidegger. Der Materialismus kann in diesen postmodernen Zeiten nur antideutsch sein, sonst ist es kein Materialismus und somit auch nicht Kommunistisch.
So viel Aufregung in der Szene, und sowas von selbst verzapft: Verfahrensfehler. Die Toleranz derselben führt zur Selbstermächtigung (nicht im Sinne, wie du es nennst) einiger Weniger und gestattet ergo eine VA wie diese im Eiskeller. Alles andere Geschwurbel…
Diskussion auf hohem Niveau. Leider etwas jenseits der Realität. „Die Effekte der Conne-Island‘schen Äquidistanz“ sehe ich zum Beispiel auch dann deutlich, wenn im Conny Island Fitness-Club augenscheinlich rechtsradikale Sportler mit ihren reaktionären T-Shirt-Aufdrucken wie Vikinger, Wehrmachtsstahlhelm, Best Soldiers, Boden-und-Ehre-Sprüchen etc ein und ausgehen. Eine klare antifaschistische Haltung sehe ich auch hierin nicht. Und zumindest diese sollte doch – gerade in dieser „falschen Gesellschaft“ – selbstverständlich sein.