Asyl: Keine Showpolitik betreiben, sondern das Mögliche tun!

Unter dem Titel „Nationale Aufgabe Asyl gemeinsam meistern – Europäische Migrationsagenda voranbringen“ gab es heute im Sächsischen Landtag eine Aktuelle Debatte zur Flüchtlingspolitik. Ich fokussierte mich in meinem Redebeitrag auf die geplanten Asylrechtsverschärfungen und die unterträgliche Erstaufnahme-Situation in Sachsen

Es gilt das gesprochene Wort!

Lassen sie mich zunächst auf den Titel dieser Debatte eingehen. Angesichts dessen, was sich in den letzten Tagen in Deutschland und Europa abspielt muss man ja eher von Aufgabenverweigerung sprechen, und damit meine ich alle Beteiligten..

Ja, es ist nicht wegzureden, dass sich einzelne EU Staaten der Aufgabe entziehen Schutzsuchenden Zuflucht zu gewähren. Hier zeigt sich wie prekär der Solidaritätsgedanke in der EU ist. Und auch Deutschland hat in den vergangenen Jahren, ja Jahrzehnten eher auf Abschottung gesetzt.

Dass Dublin nicht funktioniert, ist nicht erst seit gestern kein Geheimnis und dass wir dringend über eine Harmonisierung der Asylsysteme auf einem hohen Qualitätsniveau innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sprechen und vor allem handeln müssen, auch nicht.

Was nicht funktionieren wird, ist die Menschen auszuschliessen. Auch wenn es abgedroschen klingt: Sie werden sich ihre Wege suchen. Schlepper werden Geschäfte machen, Migration wird dadurch nicht kontrollierbarer, Migration wird riskanter. Sehr geehrte Damen und Herren, was sie bzw. ihre Verantwortungsträger auf Bundesebene mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen, auch hier in Sachsen, tun ist Politik auf dem Rücken von Menschen, der geflüchteten Menschen und auf dem Rücken von kleinen, armen Staaten im Vorhof der EU, wo echte humanitäre Katastrophen sich anbahnen.

Doch diese politische Linie kommt nicht von ungefähr. Lichte Momente wie die Aufhebung des DUBLIN-Verfahrens für Geflüchtete aus Syrien und die spontane Aufnahme von Flüchtlingen aus Ungarn, werden auf den Fuss folgend mit Hiobsbotschaften überdeckt.

Sie, sehr geehrte Damen und Herren der SPD, sie äußerten noch in der Sondersitzung zum Thema Asyl, dass sie keine Unterscheidung von Geflüchteten in gute und schlechte zulassen wollen. Vor reichlich einer Woche haben ihre Bundesspitzen mit der CDU ein Programm veröffentlicht, mit dem genau dies getan wird. Weitere Staaten sollen zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden.Und wir wissen: Das Konstrukt der „sicheren Herkunftsstaaten“ ist nichts anderes als ein politisches Instrument, um Asyl zu beschränken.

Doch dem nicht genug: sollen auch Geldleistungen für Asylsuchende in Erstaufnahme-Einrichtungen gänzlich gestrichen werden, faktische Abschiebelager eingeführt, Menschen noch länger in überfüllte Erstaufnahmeeinrichtungen gezwungen und die Laufzeit von Duldungen verkürzt werden. Die humanitäre Showpolitik wird so durch knallharte Regelungen, die wir zum Teil für verfassungswidrig halten, relativiert. Sie, sehr geehrte Herren und Damen der großen Koalition, sie wollen ein Asylbeschränkungsprogramm statt offene Türen für Menschen in Notlagen. Das wird mit uns nicht zu machen sein.

Doch werfen wir einen Blick nach Sachsen:

Wir kommen nicht heraus aus der Politik der Interime. Und ich will nochmal betonen, dass wir viele Probleme jetzt nicht in der Schärfe gehabt hätten, wenn vorgebeugt worden wäre. Dass die Erstaufnahme-Unterbringungskapazitäten knapp werden, deutete sich spätestens im letzten Jahr an, 2000 Asylsuchende wurden im 2. Halbjahr 2014 ohne Registrierung durch das BAMF in die Kommunen zugewiesen, die Situation der medizinischen Erstuntersuchung war auch seinerzeit prekär, die Finanzausstattung der Kommunen zur Erfüllung der Pflichtaufgabe zu knapp und die Informationspolitik des Freistaates mehr als fragwürdig. Dort wo Strukturen und Prozesse grundlegend schlecht aufgestellt sind, kann auch in Ausnahmesituationen nicht adäquat reagiert werden. Sprich, die Probleme bei Unterbringung und Versorgung der geflüchteten Menschen sind hausgemacht. Und dies kommt nicht von ungefähr, liegt dem doch eine alte Haltung zugrunde, die auf Abwehr von Asylsuchenden orientiert.

Blicken wir jetzt nach Dresden, Heidenau, Leipzig, Chemnitz, Böhlen – um ein paar der 27 EAE Interims zu benennen (Stand letzter Woche) – kann von einem gemeinsamen Meistern der „Nationalen Aufgabe Asyl“ wohl kaum die Rede sein. Wo sie sagen werden, dass wir froh sein können, dass die Menschen ein Kopf über dem Kopf haben, verweisen wir auf die Proteste der Betroffenen in Heidenau, Dresden, Leipzig oder auf den Hungerstreik eines Asylsuchenden in Böhlen. Die Verzweiflung in einigen der Interims ist groß. Dabei geht es nicht nur um die mangelnde Privatsphäre unter bis zu 700 Menschen Es geht um die mangelhafte medizinische Versorgung, um die Unklarheit und Ungewissheit ihre Asylverfahren betreffend, um Bewegungsfreiheit, um den Schutz vor Anfeindungen.

Sehr geehrter Herr Ublig, wir erwarten eine Antwort auf die drängenden Fragen: wann werden endlich auch in Dresden und Leipzig medizinische Erstuntersuchungen gewährleistet? Wann werden sie endlich dafür sorgen, dass schutzbedürftige Personen aus den Massenunterkünften herausgenommen werden? Wann sorgen sie dafür, dass in Sachsen eine unabhängige Asylverfahrensberatung flächendeckend gefördert wird? Wir erwarten Transparenz: Wann wird wo ein neues Interim eröffnet?

Die „nationale Aufgabe Asyl zu meistern“ besteht vor allem auch darin, den Menschen zuzuhören, die so engagiert Hilfe leisten, besteht darin Geflüchteten grundlegende Rechte zu gewähren, besteht darin nicht nur das Nötigste, sondern das Möglichste zu tun.

(16. September 2015)

6 Gedanken zu „Asyl: Keine Showpolitik betreiben, sondern das Mögliche tun!“

  1. Hier kann die Linke den Flüchtlingen aktiv helfen, indem z.B. ein rechtlicher Beistand für besonders Harte Fälle einzelnen Asylsuchenden bereit gestellt wird.

    Sicherlich ist es mit der Menschenwürde nicht einbar, in der derzeitigen Situation (wir leben derzeit nicht im Krieg…), hunderte Menschen ohne Trennwände unterzubringen. Das geht vielleicht in Gruppen von 10 Menschen, aber nicht 500 in einem Saal über Monate.

    Da lässt sich mit Sicherheit per Einstweiligen Rechtsschutz mit Verweis aus Art 1 GG in wenigen Tagen etwas machen, wie z.B. Trennwände / Vorhänge installieren. Medizinische Grundversorgung ist das gleiche.

    Ansonsten muss man aber auch sagen das Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann, bereits 1 Million Flüchtlinge werden uns in 2-3 Jahren alleine 100 Milliarden Euro kosten. Nicht nur das die Integrationsleistung irgendwann nicht mehr stembar sein wird. Ich denke auch an den viel größeren Teil der Menschen, wahrscheinlich weit über 10 Millionen oder gar 100 Millionen oder 1000 Millionen Menschen, die es nicht bis Europa schaffen. Die schon zu alt, krank oder geschwächt sind oder so einen Fluchtrip ihren Kindern oder Babys einfach nicht zumuten wollen.

    Man muss aktiv in den betroffenen Ländern helfen, durch Friendsmaßnahmen und Wiederaufbau einer funktionierenden Infrastruktur, Wasser- und Lebensmittelversorgung und auch eines wie auch immer gestalteten Staatssystems.

    Die Menschen leben im nahen Osten und Afrika ja nicht seit Jahrhunderten im Krieg, ganz im Gegenteil, es waren teilweise Hochkulturen und Naturvölker die sich untereinander schon irgendwie einig waren. Die heutigen Probleme wurden in dieser Völker und Regionen erst in den letzten Jahrhunderten von außen hineingetragen!

    Es ist immer besser an den Ursachen anzusetzen als nur die Folgen zu behandeln.

    Wenn Flüchtlinge aber schon hier sind müssen sie auch eine Chance auf Integration erhalten, soetwas wie in Chemnitz, dass die Flüchtlinge noch Geld für einen Deutschkurs bezahlen müssen geht ja mal überhaupt nicht. Deutsch zu lernen ist nicht nur absolut notwendig für die Integration sondern muss selbstverständlich kostenfrei sein!

  2. Die Erstaufnahmeeinrichtungen in Leipzig sind nun voll.

    Was nun? Weitere Messehallen anmieten? Weitere Massenunkünfte mit 500 bis 2000 Personen?

    Ab November nimmt die Leipziger BAMF Stelle ihren Dienst auf, die Bearbeitung eines Antrages dauert aber 3-5 Monate, heißt den gesamten Winter werden es mehr und mehr Flüchtlinge ohne, dass die mit einem Anspruch auf Asyl dezentral untergebracht werden oder die die keinen haben in ihr Land zurück müssen.

    Heißt das wohl mind. noch 10 weitere Flüchtlingsunterkünfte als Erstaufnahmeeinrichtungen in Leipzig errichtet werden müssen.

    Nächstes Jahr müssen dann wahrscheinlich ca. 3000-5000 anerkannte Flüchtlinge alleine in Leipzig dezentral untergebracht werden und Sprachunterricht erhalten, davon ca. 2000 die hier in Leipzig in den Kindergarten oder die Schule gehen werden!

    Ist die Stadt darauf schon vorbereitet das mind. je. 1000 weiter Kindergartenplätze und Schulplätze in 2016 über die normale Planung (die ja ohnehin schon zu niedrig ist) benötigt werden?

    Was tut der OBM und der Stadtrat dafür, dass an dieser wichtigen Stelle nächstes Jahr nicht der nächste Supergau eintritt?

  3. Da will ich von der Stadt Leipzig und dem OBM nicht hören, dass sich 75% der Zeit mit der Flüchtlingsfrage beschäftigt wird, sondern:

    Wir betreiben jetzt massiven sozialen Wohnungsbau, bauen weitere 10 Kindergärten und 5 Schulen sowie zwei neue Stadtgebieten.

    Wenn jetzt angefangen würde mit bauen, wäre das alles frühestens in 2 Jahren fertig! Es ist also schon zu spät um auf die Lage noch rechtzeitig reagieren zu können. Jeder Monat an Zeit der jedoch weiter ins Land verstreicht, wird Leipzig massiv auf die Füße fallen! Mit Unterbringungsproblemen, sozialen Spannungen und vielen unzufriedenen Bürgern.

  4. Nach der gestrigen Stadtratssitzung will Leipzig ca. 3 Millionen Euro in „Flexible Raumsysteme“ (wohl Container oder sowas….) für eine Grundschule und Oberschule in Leipzig ausgeben, um die Kapazität in 2016 zu erhöhen.

    Dazu wohl dann noch mehrere Millionen Euro für Container für Flüchtlinge?

    Diese Millionen müssen direkt in den Bau von Sozialwohnungen, Kindergärten und Schulen fließen! Diese haben eine Lebensdauer von über 100 Jahren! Container sind nach ein paar Jahren Schrott!!! Und lösen keine Probleme.

    Leipzig muss sich das Geld für den Stadtausbau beim Land und Bund holen!

  5. Allein in Westafrika sollen laut ARD 1,4 Millionen Kinder auf der Flucht u. a. vor Boko Haram sein….

    Statt die UN so zu organisieren, dass internationale Friedenstruppen Menschen zu schützen, Länder zu stabilisieren und effektive Entwicklungshilfe zur Selbsthilfe bereit zustellen, gibt es eher eine „Rambo“ Eroberungspolitik, hier ein paar Bomben drauf, dort ein paar Waffenlieferungen hin und schon sind ganze Länder destabilisert.

    Statt Bomben und Waffen müssen solche Länder entwaffnet werden, nur das Militär und Polizei darf Waffen besitzen.

    Und statt Bodenaufkäufe durch internationale Finanzkonzerne muss der Bevölkerung das Land, Bildung und demokratische Mitspracherechte gegeben werden, damit sie ihre Länder zumindest in einigen Jahrzehnten vom Entwicklungsland zum Schwellenland oder gar Industrieland weiterentwickeln können!

    Frieden statt Bomben und Entwicklungshilfe zur Selbsthilfe statt moderne Sklaverrei!

    An den Ursache ansetzen und nicht nur die Folgen lindern!

    90% der Deutschen sind bereit die Erde menschlicher und ökologisch nachhaltiger zu gestalten, doch anscheinden sind die Politiker dagegen, sie wollen genau dieses System von Ausbeutung und Unterdrückung von Schwellenländern……Öl her, Kakao und Kaffee her, Bannanen, Gold, Silber, Diamanten her…..sollen doch die afrikanischen Kinder und Jugendliche und Erwachsenen in den Minen und auf den Plantagen schuften bis sie mit 40 tot umfallen.

  6. Wie sieht es eigentlich mit freiwilligen Integrationsprojekten in Leipzig aus, fördert die Stadt oder das Land etwas?

    Zum Beispiel:

    – vergünstige Vereinmitgliedschaften
    – gemeinsames Kochen etc.
    – Sprachkurse über Integerationskurse hinaus z.B. durch zur Verfügungstellung von kostenlosen Räumen für ehrenamtliche Deutschdozenten
    – Errichtung von Kulturzentren die durch interessante Projekte den Kulturaustausch fördern und z.b. durch Sozialbetreuer geleitet werden
    – Zusammenarbeit von christlicher Kirche mit anderen Religionen in Leipzig
    – Interkulturelle Stadtfeste

    Leipzig muss schon selbst etwas Geld in die Hand nehmen und damit auch ehrenamtliches Engagement fördern!

    Der Stadtrat sollte diesbezüglich Ideen&Aktivitäten entfalten!

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